Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Vorab weise ich darauf hin, dass zu einer abschließenden rechtlichen Bewertung der komplette Kaufvertrag mit der Anlage eingesehen werden muss. Meine Ersteinschätzung beruht daher allein auf Ihren Angaben und - soweit erforderlich - auf allgemeinen Grundsätzen.
1. Mängel, die in der Anlage 1 notariell beurkundet wurden
Die Mängel, die in der Anlage 1 aufgeführt und mit dem Kaufvertrag beurkundet wurden, hat der Verkäufer nach der dort beschriebenen Arbeitsanweisung zu beseitigen. Wenn in der Anlage eine Frist bis Ende Februar gesetzt wurde, hätte diese auch eingehalten werden müssen.
Soweit der Verkäufer die Arbeitsanweisungen nicht eingehalten hat - z. B. Plexiglas statt Milchglas - oder die Mängel trotz der Fristsetzung noch nicht beseitigt hat, sehe ich hier relativ gute Chancen, die Durchführung der Arbeiten notfalls auch gerichtlich durchsetzen zu können.
2. Mängel, die nicht beurkundet wurden, deren Beseitigung aber vor der Maklerin zugesagt wurden
Wenn der Verkäufer unter Zeugen verbindlich zugesichert hatte, die Mängel zu beheben, wäre er grds. an seine Zusage gebunden. Es wäre natürlich besser gewesen, die Mängel sowie die Zusage zur Beseitigung schriftlich zu fixieren. Jetzt müssen Sie sich darauf verlassen, dass die Maklerin als Zeugin für die Mängel und die Beseitigungszusage zur Verfügung weiterhin zur Verfügung steht.
Des Weiteren könnte sich die Frage stellen, ob der Verkäufer einen bestimmten Zeitpunkt zugesagt hatte, bis wann er die Mängel beseitigen wollte.
Gäbe es von dem Verkäufer eine beweisbare, feste Zusage die Mängel, die im Besein der Maklerin besprochen wurde, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu beheben wäre es m. E. möglich, die Durchführung dieser Arbeiten auch durchzusetzen.
3. Mängel, die erst nach dem Einzug entdeckt wurden
Üblicherweise wird in dem notariellen Kaufvertrag ein Gewährleistungsausschluss vereinbart. In Ihrem Vertrag heißt es:
"Der Vertragsgegenstand wird hinsichtlich der bereits erbrachten BauLeistungen grundsätzlich verkauft wie er jetzt liegt und steht und vom Käufer besichtigt wurde; dies ist die hiermit vertraglich vereinbarte Beschaffenheit. Der Verkäufer ist nicht verpflichtet, diese gegenwärtige Beschaffenheit mit Ausnahme der noch zu erbringenden BauLeistungen noch irgendwie zu verändern oder zu verbessern".
Insbesondere die Formulierung "verkauft wie es jetzt liegt und steht und vom Käufer besichtigt wurde" dürfte auf den Gewährleistungsausschluss hinweisen. Üblicherweise findet es sich in den Notarverträgen noch eine Klausel, dass sich der Gewährleistungsauschluss nicht auf Mängel bezieht, die vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurden. Sie sollten daher prüfen, ob eine solche Klausel auch in Ihrem Vertrag enthalten ist.
Ferner wäre zu prüfen, ob es sich bei den Mängeln, die Sie erst nach dem Einzug entdeckt haben, um Mängel handelt, die Sie evtl. schon bei der Besichtigung hätten feststellen können oder ob es sicht sogar um Mängel handelt, die der Verkäufer arglistig verschwiegen hat.
Würde es sich um arglistig verschwiegene Mängel handeln, müssten Sie ferner beweisen, dass der Verkäufer die Mängel kannte und diese - evtl. auch trotz Nachfrage Ihrerseits - nicht mitgeteilt hat.
Welche Mängel der Verkäufer beim Verkauf evtl. schon kannte oder hätte kennen müssen und welche Mängel man evtl. auch schon bei der Besichtigung hätte feststellen können, lässt sich aus der Ferne und nur anhand Ihrer Schilderung nicht ausreichend sicher beurteilen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass der Verkäufer die Mängel bereits kannte. Die Frage ist dann aber, ob er sie arglistig verschwiegen hat.
Hier müsste der Sachverhalt noch weiter aufgeklärt werden. Evtl. müssen die Mängel in Augenschein genommen werden, um deren Offensichtlichkeit bewerten zu könne.
Bei den Mängeln, die erst nach dem Einzug entdeckt wurden, sehe ich daher derzeit die größten Probleme, die erfolgreich die Beseitigung durch den Verkäufer zu verlangen.
Die pauschale Annahme des Verkäufers, dass Sie jetzt Eigentümer sind und er nichts mehr damit zu tun hat, trifft jedenfalls so nicht zu. Wenigstens die Mängel, die im Kauvertrag beurkundet wurden, muss er nach wie vor entfernen.
Meist werden dem Käufer die notwendigen Unterlagen, die das Haus betreffen, ausgehändigt. Dazu gehören z. B. die Angaben zur Versicherung, Garantieunterlagen für technische Anlagen, Gebrauchsanweisungen für technische Anlagen usw. Aus den Unterlagen ergibt sich meist auch, welcher Handwerke wann welche Arbeiten im Haus ausgeführt hat. Soweit noch mögliche Gewährleistungsansprüche gegen Handwerker bestehen, sollte Ihnen daher auch die Handwerkerliste ausgehändigt werden.
Bei Gewährleistungsfällen sollten Sie sich grds. an den Handwerker wenden, der die Arbeit ausgeführt hat. Ggf. muss Ihnen der Verkäufer dazu auch weitere Informationen geben, die zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen notwendig sind.
Zur Gewährleistung und vor allem zur Verjährung der Gewährleistungsansprüche finden Sie in den §§ 633 ff. BGB
bzw. §§ 433 ff. BGB
. Unter den Begriff "Bauwerk" fällt vor allem das Gebäude mit seinen wesentlichen Bestandteilen.
Bevor Sie rechtliche Schritte einleiten, sollten Sie den Kaufvertrag mit seinen Anlagen tiefergehend anwaltlich prüfen und auch den Sachverhalt bzgl. der vor der Maklerin zugesagten Mängelbeseitigungen und den erst nach Einzug bemerkten Mängel anwaltlich aufklären lassen. Erst dann werden sich die Erfolgsaussichten und das weitere Vorgehen seriös beurteilen lassen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 29.04.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Liebe Frau Jacobi
Herzlichen Dank für die schnelle professionelle Antwort.
Da sind wir wohl tatsächlich reingefallen ..... Mist!!! .
Würden Sie uns empfehlen zum Anwalt zu gehen ?
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ja, ich würde Ihnen raten, dass Sie zum Anwalt gehen. Da der Verkäufer nicht einmal die protokollierten Mängel vollständig und gemäß den Arbeitsanweisungen behoben hat, sollten Sie auf jeden Fall versuchen, mindestens die ordnungsgemäße Erledigung dieser Arbeiten mit anwaltlicher Hilfe durchzusetzen. Evtl. besteht nach weiterer Sachverhaltsaufklärung ja auch doch noch die Möglichkeit, dass der Verkäufer auch noch einen Teil der anderen Mängel beseitigen muss.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und verbleibe mit
freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin