Sehr geehrter Ratsuchender,
ich beantworte Ihre Fragen wie folgt:
1. Besteht seitens des Gesetzgebers eine Verpflichtung für den Arbeitgeber eine Lohnsteuerbescheinigung dem Arbeitnehmer zur Verfügung zu stellen? Diese ist laut Aussage vom meinem Steuerberater (Lohnsteuerhilfeverein) zwingend erforderlich.
Arbeitgeber sind gesetzlich verpflichtet, am ELSTAM Verfahren teilzunehmen und damit die ELStAM-Daten monatlich abzufragen. Damit soll sichergestellt werden, dass die jeweiligen Lohnsteuerabzugsbeträge der Arbeitnehmer zutreffend auf Basis der aktuellen ELStAM-Daten einbehalten und abgeführt werden. Arbeitgeber sind auch im ELStAM-Verfahren verpflichtet, bis spätestens zum 28.2. des Folgejahres die Lohnsteuerbescheinigungen elektronisch unmittelbar an eine zentrale Übermittlungsstelle der Finanzverwaltung zu übersenden. Der Arbeitgeber muss damit aber auch anschließend jedem Arbeitnehmer einen Ausdruck der Lohnsteuerbescheinigung aushändigen. Alternativ kommt auch die elektronische Bereitstellung der Bescheinigung in Betracht, z. B. per E-Mail oder im betriebseigenen Intranet. Diese Pflicht scheint Ihr Arbeitgeber entweder nicht zu kennen, oder nicht einzuhalten.
2. Besteht seitens des Gesetzgebers eine Verpflichtung für den Arbeitgeber die Gehaltsabrechnungen zu korrigieren - obwohl die Abrechnungen ca. 2,5 Jahre zurückliegen? Der Fehler ist durch den Arbeitgeber bzw. seinem Lohnbuchhaltungsbüro verursacht worden.
Aus dem Arbeitsverhältnis als einer Nebenpflicht erwächst im Rahmen der Verjährung ( 3 Jahre ) die Pflicht, unrichtig abgerechnete Lohnabzüge zu korrigieren. Das können Sie vor dem Arbeitsgericht einklagen.
3. Besteht eine Verpflichtung vom Lohnsteuerhilfeverein eine Steuererklärung auch ohne Lohnsteuerbescheinigung zu erstellen - z.B. auf Basis von den monatlichen Gehaltsabrechnungen bzw. dem Lohnkonto? Wenn ja, können die Beiträge vom Lohnsteuerhilfeverein zurückgefordert werden - in diesem Fall erbringt der Verein ja keine Leistung?
Das kommt auf die Satzung des Vereins an und auch auf Ihren Vertrag zur Mitgliedschaft. Im Zweifel ist dort geregelt, daß die Lohnsteuer nur bei vollständigem und korrektem Vorliegen aller Unterlagen bearbeitet wird. Der Verein verhält sich in meinen Augen rechtmäßig, zumindest nachvollziehbar.
4. Welche Vorgehensweise schlagen Sie vor in Bezug auf die fehlerhaften Gehaltsabrechnungen? Ist die Aussage von dem Steuerberater richtig, dass er diese im Rahmen der Steuererklärung nicht anpassen kann? Ich habe leichte Zweifel an der Kompetenz meines Steuerberaters (Lohnsteuerhilfeverein).
Wenden Sie sich mit einem Rechtsanwalt an Ihren Arbeitgeber oder gehen Sie am besten kostenfrei zu Ihrem Arbeitsgericht zur Rechtsantragsstelle. Dort formuliert ein Rechtspfleger nach Anhörung Ihres Begehrens eine vollständige Klage und legt diese dann dem Richter vor. Sie können diesen Streit überhaupt nicht verlieren, soweit Sie materiellrechtlich mit den Fehlerbehauptungen natürlich richtig liegen.
5. Welche Vorgehensweise wäre ihres Erachtens zielführend? Vor allem müsste die Steuererklärung 2017 schnellstmöglich eingereicht werden.
Ich verweise auf Frage 4. Solange Ihr Arbeitgeber nicht tätig wird, kann und wird der Lohnsteuerhilfeverein die Berarbeitung verweigern dürfen. Weil er das darf, dürften dann auch Rückforderungen des Vereinsbeitrages ausscheiden. Der Vorwurf ist nur dem Arbeitgeber zu machen, nicht Ihrem Lohnsteuerverein.
Mit besten Grüssen
Fricke
RA
Dipl. Kfm.
Diese Antwort ist vom 07.10.2019 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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vonRechtsanwalt Diplom Kaufmann Peter Fricke
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Sehr geehrter Herr RA Fricke,
haben Sie vielen Dank für die Rückmeldung.
Die Antwort von meinem Arbeitgeber lautet wie folgt:
"Ihr müsst keine Lohnsteuerbescheinigungen ausstellen – bzw. das könnt Ihr gar nicht, da die Lohnsteuer von Euch nicht berechnet wird. Bei ausländischen Mitarbeitern sollte gemäß der DBA (Doppelbescheinigungsabkommen) bei dem Finanzamt eine entsprechende Bescheinigung beantragt werden. Hierzu gibt es bei den Finanzämtern entsprechende Formulare."
Weshalb nun von einer DBA gesprochen wird ist für mich absolut nicht nachvollziehbar. Ich habe einen deutschen Arbeitsvertrag und mein ständiger Aufenthaltsort also auch Arbeitsort ist Frankfurt/Deutschland.
"Ihr müsst keine Lohnsteuerbescheinigungen ausstellen – bzw. das könnt Ihr gar nicht, da die Lohnsteuer von Euch nicht berechnet wird."
Ist diese Aussage korrekt? Wäre mein Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet die Lohnsteuer zu berechnen? (Hinweis: mein AG hat seinen Hauptsitz in Brüssel, in Deutschland besteht keine Firmensitz).
Sehr geehrter Nachfragender,
Ihr Arbeitgeber hat nicht Recht, ihm sollte dies mit einem Rechtsanwalt vor Augen gehalten werden, möglicher Weise vor einem deutschen Arbeitsgericht. Ohne diesen Druck werden Sie hier wohl nicht weiter kommen. Im übrigen halte ich die Antwort von diesem sogar für schlichtweg schwachsinnig!
MFG Fricke