Gerne zu Ihren Fragen:
Ich gehe mangels näherer Angaben Ihrerseits davon aus, dass es sich in Ihrem Fall um eine Grunddienstbarkeit oder beschränkte persönliche Dienstbarkeit handelt.
Eine solche Dienstbarkeit besteht solang fort, wie diese im Grundbuch nicht gelöscht ist, völlig losgelöst von einem etwaigen Eigentumswechsel. Der jeweilige Grundstückseigentümer hat den Bau, und den Betrieb zu dulden. Und – das kann allerdings von der näheren Beschreibung im Grundbuch abhängen – auch die Instandhaltung und das Verlegen.
Dieser Inhalt - also etwa Ausmaß der Schutzzonen des Leitungsrechts - ist im Grundbuch nachzulesen, so dass Ihre Frage letztlich dann erst abschließend beantwortet werden kann.
Bis dahin wären folgende Argumente in Ihrem Sinne zu verwenden.
1. Eine Dienstbarkeit ist schonend auszuüben. Der Berechtigte muss nachweisen, dass die Fällung der Eiche überhaupt zwingend erforderlich ist. Pauschale Behauptungen müssen Sie nicht hinnehmen. Notfalls muss ein Sachverständigengutachten vom Berechtigen beigebracht werden.
2. Ob es nicht schonendere Wege der Sanierung gibt. Etwa eine Verlegung ohne weitere Hausanschlüsse, die Sie in der Tat nicht hinnehmen müssen. Alternative Sanierungsmethoden, mögen Sie auch kostenintensiver sein. Hier kann dann auch Ziff. 3 von Bedeutung sein.
3. Da die Eiche schon 80 Jahre alt ist, stellt sich die Frage was zuerst war. Die Eiche oder die Dienstbarkeit mit der Leitung. Beim Fällen der Eiche wären Sie zu entschädigen. Zur Höhe wird ebenfalls ein Sachverständiger beizuziehen sein.
4. Ob es in Ihrer Kommune eine Baumschutzsatzung gibt. Das könnte sogar dazu führen, dass das Leitungsrecht rechtmäßig überhaupt nicht mehr ausgeübt werden kann, so dass – so Ihre letzte Frage – das Leitungsrecht äußerstenfalls sogar hinfällig wäre und einen Anspruch auf Löschung besteht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller
16.12.2018 | 11:17
Es handelt sich um eine beschränkte persönliche Dienstbarkeit für den Betrieb, die Instandhaltung und der Erneuerung
von Anlagen der Wasserversorgung. Der Schutzstreifen beträgt 2m rechts und links der Leitung. Die Dienstbarkeit ist entstanden auf Grundlage von §9 Grundbuchbereinigungsgesetz vom 20. Dezember 1993.
Ich bitte Sie um Konkretisierung von Punkt 3 Ihrer Ausführungen!
Ist die Begründung der Dienstbarkeit im Jahr 1993 das entscheidende Datum für den Bestandschutz des Baumes oder der Bau der Leitung in den 1930er Jahren? In das Grundbuch eingetragen wurde die Dienstbarkeit erst im Jahr 2010.
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
16.12.2018 | 21:49
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
Ich bitte Sie um Konkretisierung von Punkt 3 Ihrer Ausführungen! Ist die Begründung der Dienstbarkeit im Jahr 1993 das entscheidende Datum für den Bestandschutz des Baumes oder der Bau der Leitung in den 1930er Jahren?
Antwort: Ab 11. Januar 1995 sind auf sehr systemwidrigen Wege nach dem zitierten Gesetz Grunddienstbarkeiten für Wasser und Abwässer entstanden, nämlich qua Gesetz (!?).
Mithin zu einem in der Rechtswissenschaft durchaus atypischen Procedere. Denn eine Grunddienstbarkeit konnte bis dahin ohne Inkaufnahme eines gravierenden systemischen Bruchs durch Gesetz nicht entstehen.
Weil mithin Ihr (und sehr viele andere!) Grundbücher in Sachsen falsch waren und bis 2010 der zwingende Gutglaubensschutz an die Richtigkeit der Grundbücher - §§ 891
, 892 BGB
– zu einem Verlust des Leitungsrechts hätte führen können (bei gutgläubigem Erwerb), hat Ihr Gesetzgeber in Sachsen nachbessern müssen. Da Ihr Versorger aber wohl die vom Gesetz eingeräumte Frist im Jahre 2010 genutzt hat, ist damit dann die Dienstbarkeit rechtmäßig ins Grundbuch eingetragen worden. Mithin ab dann das Grundbuch richtig.
Diese überaus komplexe und äußerst atypische Rechtslage in Sachsen skizziert vorangestellt, spricht einiges dafür, dass „die Begründung der Dienstbarkeit" der maßgebliche Stichtag ist und nicht der Tag der Berichtigung des Grundbuchs.
Da allerdings die Eiche beim Bau der Leitung um 1930 keine ‚Rolle gespielt hat, ist die Grunddienstbarkeit quasi von Gesetzes unbeschadet dieses Umstands entstanden.
Zwar hätten Sie nach § 9 Absatz 3 Grundbuchberichtigungsgesetz einen Entschädigungsanspruch geltend machen können, der aber – so sehe ich das aus der Ferne – bereits verjährt sein kann. Denn die 3-jährige sog. Ultimoverjährungsfrist begann mit dem Ablauf des Jahres, an dem Sie die Mitteilung des Grundbuchamtes über die Eintragung der Grunddienstbarkeit im Grundbuch (die o.g. Berichtigung) erhalten haben.
Allerdings ist damit der Anspruch nicht erloschen, so dass der Versorger aus Anstand – wegen der atypisch den Versorger begünstigenden Rechtslage – nicht gehindert ist, die Einrede der Verjährung nicht zu erheben. Stellen Sie deshalb einen Antrag auf Entschädigung unter Berufung auf § 9 Absatz 3 GbBerG.
Ansonsten wäre noch ein Schadensersatzanspruch zu prüfen, wenn die Schutzzone überhaupt nicht, oder erst bei der Grundbuchberichtigung ab 2010 mit Übermaß ins Grundbuch eingetragen wurde, ohne dass sich der Berechtigte über das notwendige (schonende!) Ausmaß Gedanken gemacht hat, dahingehend dass der Versorger jedenfalls die Kosten des Fällens (das kann eine neue, nicht verjährte Enteignung sein) trägt und darüber hinaus zum Schadensersatz, aus dem oben skizzierten Verschulden, verpflichtet ist.
Haben Sie aber Verständnis, dass diese erste Einschätzung aus der Ferne nicht die vertiefte Analyse vor Ort mittels Einsicht in das Grundbuch und Ortskenntnis ersetzen kann.
Viel Erfolg wünscht,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt