Sehr geehrter Fragesteller,
1.
Das Nachlassgericht wird nach Kenntnis vom Todesfall von Amts wegen tätig und bestimmt einen Termin zur Testamentseröffnung. Zu diesem Termin werden alle Beteiligten geladen.
In der Praxis unterbleibt jedoch häufig die Ladung, da auch ohne Anwesenheit der Beteiligten das Testament eröffnen werden kann. Die Beteiligten erhalten dann nach der Eröffnung eine Abschrift des Protokolls der Eröffnung und eine Kopie der eröffneten Schriftstücke.
Sind Sie in dem Testament nicht bedacht worden werden Sie idR nicht informiert.
Ein Recht auf Auskunft, bei welchem Notar das Testament hinterlegt wurde haben Ihre Eltern nicht.
Dies ist idR auch nicht notwendig, da es auf den Inhalt des Testaments ankommt. Aus einem notariellen Testament ergibt sich vor welchen Notar es erklärt wurde.
2.
Gem. § 2339 BGB ist ein Erbe Erbunwürdig, wenn er den Erblasser u.a. vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben. Dazu muss der Erbschaftserwerb angefochten werden. Anfechtungsberechtigt ist jeder, dem der Wegfall des Erbunwürdigen zustatten kommt; § 2341 BGB. Die Anfechtung erfolgt durch Erhebung der Anfechtungsklage. Die Klage ist darauf zu richten, dass der Erbe für erbunwürdig erklärt wird; § 2342 BGB. Die Anfechtung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt.
Ist die Lebensgefährtin Ihres Bruders Erbunwürdig hätte dies allerdings grundsätzlich keine Auswirkungen auf eine etwaige Erbeinsetzung der Tochter der Lebensgefährtin. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Tochter selbst erbunwürdig wäre.
3.
Die Ausschlagung eines Erbes kann nur durch Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht erfolgen; § 1945 BGB. Die Frist beträgt 6 Wochen. Eine einfache Erklärung gegenüber der Lebensgefährtin des Erblassers genügt nicht. Ein Erbverzicht kann nicht zugunsten eines Dritten erfolgen. Durch eine Ausschlagung treten die gesetzlichen Folgen der Ausschlagung ein.
4.
Hinsichtlich des Nachlasses muss zuerst geklärt werden, wer Erbe ist. Solange das Testament noch nicht eröffnet wurde, und damit nicht bekannt ist, wer Erbe ist, können keine Ansprüche gegenüber dem Erbschaftsbesitzer, also in erster Linie der Lebensgefährtin Ihres Bruders durchgesetzt werden. Erst der Erbe hat einen Auskunftsanspruch gegenüber dem Erbschaftsbesitzer; § 2027 BGB. Ein solcher Anspruch kann jedoch erst durchgesetzt werden, wenn klar ist, wer Erbe geworden ist.
Einen möglichen Anspruch auf Rückforderung von Schenkungen des Erblassers haben nur Pflichtteilsberechtigte im Rahmen des Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB). D.h. soweit es keine Abkömmlinge des Erblassers gibt sind die Eltern Pflichtteilsberechtigt; §§ 2303, 2309 BGB.
5.
Wenn das Testament eröffnet wurde, sollten Sie und Ihre Eltern einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl mit der Prüfung ihrer möglichen Ansprüche beauftragen insbesondere unter Berücksichtigung der Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft. Ich rate Ihnen im Falle einer Erbunwürdigkeitsklage dringend einen Rechtsanwalt zu beauftragen. Gerne steht Ihnen unsere Kanzlei dazu zur Verfügung, wobei die von Ihnen hier gezahlte Erstberatungsgebühr angerechnet wird.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann,
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Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen.
Ich hoffe, mit der Beantwortung Ihrer Anfrage, weitergeholfen zu haben.
Für Rückfragen nutzen Sie bitte die Möglichkeit der kostenlosen Nachfrage.
Für eine weiterführende Interessenvertretung stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Bordasch
Rechtsanwalt
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