Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Zunächst einmal ist das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar, da nicht mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden (Kleinbetrieb) und der zu kündigende Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis erst nach dem 31.12.2003 begonnen hat, siehe § 23 KSchG
. Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis im Kleinbetrieb von beiden Seiten unter Beachtung der Kündigungsfristen jederzeit wirksam gekündigt werden. Jedoch sind dabei folgende Grenzen zu beachten.
1.Verbot treuwidriger Kündigung
Die Kündigung darf nicht auf willkürlichen oder sachfremden Motiven beruhen. Beispielsweise kann das bei Kündigungen, die einen Arbeitnehmer wegen Geschlecht, Abstammung, ethnischer Herkunft oder Religion diskriminieren oder aber bei Kündigungen, die in ehrverletzender Form oder zur Unzeit vorgenommen werden, der Fall sein.
2. Verstoß gegen die guten Sitten
Die Kündigung darf nicht sittenwidrig sein. Beispielsweise sind verwerfliche Motive wie Rachsucht oder aber eine Kündigung wegen einer durch den Arbeitgeber selbst herbeigeführter Krankheit sittenwidrig. Gefährdet aber wie in Ihrem Fall der längere krankheitsbedingte Ausfall eines Mitarbeiters die Fortführung des Unternehmens, ist eine solche Kündigung nicht sittenwidrig, da ein Kleinbetrieb den längeren Ausfall eines Beschäftigten in der Regel kaum verkraften könne, so dass Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz - Az. 2 Sa 373/07
.
3. „Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme"
Die betriebsbedingte Kündigung erfordert nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 21.02.2001- Az. 2 AZR 15/ 00
) ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme. Eine Kündigung eines erheblich schutzwürdigeren Arbeitnehmers vor der eines weniger schutzwürdigeren Arbeitnehmers ist ohne ein berechtigtes (betriebliches, persönliches oder sonstiges) Interesse nicht zulässig. Allerdings kommt bei der Abwägung dieser Gründe der unternehmerischen Freiheit gegenüber der sozialen Rücksichtnahme ein erhebliches Gewicht zu.
Auf eine „Finalwarnung" sollten Sie meines Erachtens verzichten. Denn auf die Anzahl der Krankheitstage hat der Arbeitnehmer keinen Einfluss. Es liegt kein subjektives Fehlverhalten vor, dass der Arbeitnehmer abstellen könnte. Ganz allgemein gilt für eine Krankheit, dass sie unabhängig vom Verhalten Ihres Mitarbeiters ist. Dieses Merkmal dient zur Unterscheidung zwischen Krankheit und Missbrauch. Missbrauch liegt nur bei willensgesteuertem Verhalten vor, während Ihr Mitarbeiter gegen eine Krankheit "beim besten Willen" nichts machen kann. Lediglich wenn nachweisbare Anhaltspunkte vorliegen, dass die Krankheiten nur vorgetäuscht sind, könnte etwas anderes gelten.
Die Kündigung muss unmissverständlich sein und das Datum, zu dem das Arbeitsverhältnis endet, enthalten. Eine Angabe der Gründe für die Kündigung ist nur bei Auszubildenden vorgesehen, daher sollten Sie darauf verzichten. Die Kündigungsfrist dürfte, da das Arbeitsverhältnis in dem Unternehmen länger als zwei Jahre bestanden hat, einen Monat zum Ende eines Kalendermonats betragen, vgl. § 622 Absatz 2 Nr.1 BGB
. Als Arbeitgeber haben Sie außerdem die Pflicht, den betroffenen Mitarbeiter – spätestens zum Zeitpunkt der Kündigung - darauf hinzuweisen, dass er sich aktiv an der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz beteiligen und sich sofort bei der Bundesagentur für Arbeit melden muss.
Es ist allerdings zu beachten, dass Schwerbehinderte einen besonderen Kündigungsschutz genießen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen ist nach § 85 SGB IX
unwirksam, wenn sie ohne Zustimmung des Integrationsamtes erfolgt. Vom Zustimmungserfordernis erfasst werden jedoch nur Kündigungen gegenüber solchen Arbeitnehmern, die bei Zugang der Kündigung bereits als Schwerbehinderte anerkannt sind oder den Antrag auf Anerkennung mindestens drei Wochen vor dem Zugang der Kündigung gestellt haben (§ 90 Abs. 2a SGB IX
, siehe Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 1. März 2007 - 2 AZR 217/06
). Ob dieser Sonderkündigungsschutz in Ihrem Fall greift, hängt also davon ab, wann der Mitarbeiter den Antrag gestellt hat.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 09.07.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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