Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts beantworten möchte:
Eine Strafbarkeit ist mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegeben, weil es sich hier um ein rein arbeitsrechtliches Problem handelt. Es kommt darauf an, ob hier wirklich ein Betriebsübergang nach § 613 a BGB
vorliegt, wofür nach Ihren Angaben einiges spricht. Wenn ja, kommt es weiter darauf an, ob sich die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit nach Ausspruch der Kündigung aber vor Ablauf der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ergibt. In diesen Fällen hat der AN einen Anspruch auf Wiedereinstellung (vgl. BAG Urteil vom 21.08.2008 – 8 AZR 201/07
– JURIS, Rn. 57).
Man muss also zunächst prüfen, wie genau sich die Übernahme ergeben hat und wann diese entschieden wurde.
In Ihrem geht es ja um eine bewusst unterlassene Information. Zu diesen Fällen führt das LAG Schleswig Holstein in einer aktuellen Entscheidung aus:
"Liegen die Voraussetzungen eines Wiedereinstellungsanspruchs nicht vor, etwa weil
der Erwerber von vornherein einen Betriebsübergang plant, hierüber aber den Arbeitnehmer und unter Umständen auch den Veräußerer nicht informiert, und erhebt
der Arbeitnehmer im Glauben an die angekündigte Betriebsstilllegung keine Kündigungsschutzklage, kommt ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Erwerber nach den §§ 280 Abs. 1
, 311 Abs. 2 BGB
in Betracht. Der Erwerber
verstößt nämlich in diesem Fall gegen die sich aus § 613 a Abs. 5 BGB
ergebende
Rechtspflicht zur Unterrichtung des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers (vgl.: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage, § 118, Rn. 37; ErfK, 11. Auflage, § 613 a, Rn. 94). Dieser Schadensersatzanspruch wäre dann nach den
Grundsätzen der Naturalrestitution (§§ 249 ff. BGB
) auf Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses gerichtet." (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 14.2.2012, Az. 1 Sa 221 d/11).
Sie hätten also unter Umständen gegen das übernehmende Unternehmen einen Schadensersatzanspruch, der aber auf Wiedereinstellung gerichtet wäre. Einen allgemeinen Anspruch auf Abfindung gibt es leider nicht. Ein Abfindungsbetrag kann daher nicht als Schadensersatz geltend gemacht werden. Eine Abfindung ist in der Regel immer Ergebnis eines Vergleichs.
Wenn Sie also nicht den Arbeitsplatz zurückwollen, haben Sie wenig Aussichten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 16.03.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Wie Sie richtig erkannt haben:
Ihr Zitat:
Man muss also zunächst prüfen, wie genau sich die Übernahme ergeben hat und wann diese entschieden wurde.
Meine Ergänzung=>
Bis Ende des vergangenen Jahres wurde nie etwas von einer möglichen Betriebsübernahme mitgeteilt. Es wurde nur mitgeteilt, dass ein Ausverkauf stattfindet und der Betrieb zum Ende des vergangenen Jahres geschlossen wird.
Ihr Zitat:
In Ihrem geht es ja um eine bewusst unterlassene Information.
Meine Ergänzung=>
Ende des letzten Jahres wurde der Betrieb stillgelegt.(Mein Kenntnissstand durch die schriftliche Kündigung) Jetzt stellte sich aber heraus, dass die Firma zu beginn des neuen Jahres von einem anderen Unternehmen übernommen wurde. Dies erfuhr ich durch eine Zeitungsmeldung: (....Die Firma ... hat ihre Pforten geschlossen. Zu Jahresbeginn wurde das Unternehmen, ..., von der Firma ... übernommen und der Verkauf von .... an dessen Stammsitz ..... verlegt....)
Ihr Zitat:
Zu diesen Fällen führt das LAG Schleswig Holstein in einer aktuellen Entscheidung aus: "Liegen die Voraussetzungen eines Wiedereinstellungsanspruchs nicht vor, etwa weil der Erwerber von vornherein einen Betriebsübergang plant, hierüber aber den Arbeitnehmer und unter Umständen auch den Veräußerer nicht informiert, und erhebt der Arbeitnehmer im Glauben an die angekündigte Betriebsstilllegung keine Kündigungsschutzklage, kommt ein Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers gegen den Erwerber nach den §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB in Betracht. Der Erwerber verstößt nämlich in diesem Fall gegen die sich aus § 613 a Abs. 5 BGB ergebende Rechtspflicht zur Unterrichtung des von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmers (vgl.: Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 14. Auflage, § 118, Rn. 37; ErfK, 11. Auflage, § 613 a, Rn. 94). Dieser Schadensersatzanspruch wäre dann nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§§ 249 ff. BGB) auf Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses gerichtet." (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 14.2.2012, Az. 1 Sa 221 d/11).
Meine Ergänzung=>
Der Veräußerer ist ein Verwandter des Angestellten, welcher bei dem neuen Unternehmen in leitender Position angestellt wurde. Der Erwerber ist sozusagen der Chef des Angestellten. (Kontakt zwischen den beiden alten Betriebsinhabern dem alten Mitarbeiterund em Erwerber bestand seit Oktober vergangenen Jahres)
Ihr Zitat:
Dieser Schadensersatzanspruch wäre dann nach den Grundsätzen der Naturalrestitution (§§ 249 ff. BGB) auf Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses gerichtet." (vgl. LAG Schleswig Holstein, Urteil vom 14.2.2012, Az. 1 Sa 221 d/11).
Meine Rückfrage:
Was bedeutet Wiederbegründung des Arbeitsverhältnisses konkret? Ich bin bei einem neuen Arbeitgeber und da auch sehr zufrieden. Letztendlich will ich nicht zu dem alten bzw. übernehmenden Unternehmen zurück. Wie würde sich so ein Schadenersatzanspruch berechnen oder darlegen?
Vielen Dank für Ihre Bemühung und großteils verständliche Antworten.
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne komme ich auf die Nachfrage zurück.
Der Schadensersatzanspruch ist leider nur gerichtet auf Ausgleich des Schadens und das ist der Verlust des alten Arbeitsplatzes. Daher richtet sich der Anspruch nur auf Wiedereinstellung, was von Ihnen ja nicht gewollt ist. Eine finanzielle Entschädigung können Sie nicht verlangen. Ein Schadensersatzanspruch auch in Geld ist zwar generell möglich, allerdings muss dabei geprüft werden, wie der AN sich bei richtiger Information verhalten hätte. Wären Sie informiert worden, hätten Sie möglicherweise Klage erhoben mit der Folge das das Arbeitsverhältnis auf den Erwerber übergegangen wäre. Ein Abfindungsanspruch kann sich nur ergeben, wenn er irgendwo festgeschrieben ist, etwa in einem Sozialplan (vgl. (LAG Düsseldorf, Urteil vom 21.12.2006 - 5 Sa 927/06
)
Ein finanzieller Anspruch besteht also leider nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wöhler, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeits- und Familienrecht