Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen gerne auf Grundlage der angegebenen Informationen im Rahmen einer Erstberatung verbindlich wie folgt beantworten möchte.
Sie wollen wissen, ob Sie die Minusstunden mit den Urlaubsansprüchen verrechnen dürfen.
Grundsätzlich gilt: Lohnansprüche dürfen nur mit Minusstunden verrechnet werden, wenn der Arbeitnehmer einem Arbeitszeitkonto ausdrücklich zugestimmt hat (Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.11.2011, 3 Sa 493/11
).
Mit dem Arbeitsvertrag stellt der Arbeitnehmer dem Arbeitnehmer gegen Bezahlung seine Arbeitskraft zur Verfügung. Gibt es keine Arbeit, ist das das Problem des Arbeitgebers. Er trägt das rechtliche und finanzielle Risiko, keine Verwendung für die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers zu haben. Dann befindet er sich im Annahmeverzug und muss den Lohn ohne Gegenleistung zahlen.
Zur Nachleistung der Arbeit ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet - es sei denn, es wird ein Arbeitszeitkonto geführt. Dann kann bei Leerlauf zu Minusstunden führen. Sie dürfen dem Arbeitnehmer aber kein Arbeitszeitkonto und damit das Risiko von Minusstunden "aufdrücken". Mit einem Arbeitszeitkonto und der Möglichkeit von Minusstunden muss sich der Arbeitnehmer einverstanden erklärt haben, LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.11.2011, 3 Sa 493/11
.
Arbeitszeitkonten müssen also ausdrücklich vereinbart werden, da konkret geregelt werden muss, wie „Minusstunden" entstehen und ausgeglichen werden können und welche Arbeitszeitverteilung möglich ist. Gibt es keine solche Vereinbarung, ist der Arbeitgeber ist nicht zur Verrechnung des regulären Lohns mit sog. Minusstunden berechtigt, wenn der Arbeitnehmer die vereinbarte Wochenarbeitszeit aus betrieblichen Gründen unterschritten hat.
Das Bundesarbeitsgericht führt hierzu aus:
„... Die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden setzt ... voraus, dass der Arbeitgeber diese Stunden im Rahmen einer verstetigten Vergütung entlohnt hat und der Arbeitnehmer zur Nachleistung verpflichtet ist, weil er die in Minusstunden ausgedrückte Arbeitszeit vorschussweise vergütet erhalten hat. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Arbeitnehmer allein darüber entscheiden kann, ob eine Zeitschuld entsteht und er damit einen Vorschuss erhält ..."
Bundesarbeitsgericht, abgedruckt in: Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) 2002, Seite 390
Die Belastung eines Arbeitszeitkontos mit Minusstunden setzt also voraus, dass Arbeitsbedingungen auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind, die eine solche Vorgehensweise zulassen.
Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz, Urteil vom 15.11.2011 – 3 Sa 493/11
„Arbeitsbedingungen" in diesem Sinne meint:
- eine verbindliche – mündliche – Vertragsabrede zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer- ein individuell-schriftlich vereinbarter Arbeitsvertrag, in dem dergleichen vereinbart ist, aber auch
- allgemeine, vorformulierte Arbeitsbedingungen (manchmal auch als Arbeitsordnung oder Betriebsordnung dem Arbeitsvertrag beigefügt)
- eine Betriebsvereinbarung, also eine Vereinbarung zwischen der Arbeitnehmervertretung und dem Arbeitgeber, oder- ein anwendbarer Tarifvertrag.
Sie haben ein Arbeitszeitkonto im Arbeitsvertrag schriftlich vereinbart. Insofern dürften Sie die Minusstunden verrechnen.
Gern können Sie von Ihrem Recht zu einer kostenlosen Nachfrage Gebrauch machen. Weitergehende Fragen beantworte ich für Sie im Rahmen einer Mandatsübertragung, ebenso übernehme ich gern weitere Tätigkeiten im Rahmen eines Mandats. Eine Mandatsausführung kann auch unbeachtlich der örtlichen Entfernung erfolgen und eine Informationsweiterleitung erfolgt dann per E-Mail, Post etc.
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Bitte beachten Sie, dass die Ergänzung oder Änderung des Sachverhalts zu einer vollkommen anderen rechtlichen Beurteilung führen kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
René Piper
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt René Piper
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Sehr geehrter Herr Piper,
Vielen Dank für die schnelle Beantwortung. Diese habe ich so bereits im Internet gefunden.
Mir ging es speziell um diese Situation. Verzögerter Ausbildungsbeginn und damit kein Einsatz wie geplant möglich. Versuch mit anderer zumutbarer Arbeit oder nach 2 Stunden Unterricht, um Minusstunden auszugleichen bzw. Zu vermeiden, wurden abgelehnt.
Beschäftigung als xyz ist vorbehaltlich des Abschlusses im Arbeitsvertrag vermerkt. Dieses hatte sich um fast 2 Monate verschoben, da die AN bei Einstellung krank wurde.
Wird hier vom Gesetz her nicht unterschieden? Die AN hat doch Arbeit abgelehnt und nicht das ich keine bieten konnte. Nur ohne die Abschlüsse eben in einer zumutbaren anderen Tätigkeit.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Fragestellerin,
wenn es so ist wie schildern (wovon ich ausgehe) - also, dass die Arbeitnehmerin die Arbeit abgelehnt hat, hat Sie Ihren Lohnanspruch für diesen Zeitraum verloren. Sie können die Stunden somit verrechnen. Alternativ können Sie auch verlangen, dass die Arbeitnehmerin die Minusstunden abarbeitet.
Für weitere Rückfragen können Sie mir gerne eine Email schreiben, da auf dieser Plattform nur die einmalige Rückfrage zulässig ist.
Ich wünsche Ihnen einen schönen 4. Advent und besinnliche Weihnachten.
Mit freundlichen Grüßen
René Piper
Rechtsanwalt