Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Grundsätzlich genießen Sie während der Elternzeit absoluten Kündigungsschutz, § 18 BEEG
. Nur in ganz besonderen Fällen kann ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklärt werden; hierfür benötigt Ihr Arbeitgeber aber die Zustimmung der für den Arbeitsschutz Ihres Unternehmens zuständigen Behörde. Solche „Ausnahmefälle" sind:
- der Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Mitarbeiter arbeitet, wird stillgelegt oder verlagert und eine anderweitige Beschäftigung (etwa in einer anderen Abteilung oder am neuen Betriebssitz) ist nicht möglich oder wird vom Mitarbeiter abgelehnt;
- der Betrieb findet keine entsprechend qualifizierte Ersatzkraft für einen befristeten Arbeitsvertrag und es handelt sich um einen Kleinbetrieb ohne allgemeinen Kündigungsschutz;
- der Mitarbeiter begeht schwere Verstöße gegen arbeitsvertragliche Pflichten oder Straftaten, die eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen.
In der Praxis ist eine solche Kündigung also sehr schwer durchzusetzen, so dass es eher unwahrscheinlich ist, dass Ihr Arbeitgeber dieses Risiko eingeht. Zumal er hiervon keinen Nutzen haben dürfte, wenn Sie weder auf eine Teilzeitstelle in seinem Unternehmen bestehen noch das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Elternzeit mit Ihm fortsetzen wollen.
Da das Kündigungsverbot des § 18 BEEG
nur für den Arbeitgeber gilt, können Sie jederzeit unter Einhaltung der arbeitsvertraglich vorgesehenen Kündigungsfrist kündigen. Das Arbeitsverhältnis kann dann auch während der Elternzeit enden. Alternativ kommt grundsätzlich ein Aufhebungsvertrag mit Ihrem Arbeitgeber in Betracht. Zudem gibt es gemäß § 19 BEEG
ein Sonderkündigungsrecht zum Ende der Elternzeit.
Grundsätzlich kann während der Elternzeit auch ohne Kündigung ein Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber aufgenommen werden. Aber es gibt zwei gesetzliche Beschränkungen: Es ist nur eine Teilzeitbeschäftigung bis zu 30 Wochenstunden möglich, und es bedarf der Zustimmung des jetzigen Arbeitgebers (§ 15 Abs.4 BEEG
). Der Arbeitgeber kann die Zustimmung zu einer Teilzeitbeschäftigung bei einen anderen Arbeitgeber nur innerhalb von vier Wochen und nur aus dringenden betrieblichen Gründen ablehnen, wobei die Ablehnung der Schriftform bedarf. Mit der Zustimmungspflicht des Arbeitgebers soll der Gefahr von Konkurrenztätigkeit vorgebeugt werden. Dringende betriebliche Gründe, derentwegen der Arbeitgeber die Zustimmung zu einer Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber verweigern kann, liegen deshalb beispielsweise vor, wenn sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzt werden könnten.
Da es grundsätzlich keine Vorteile bringen dürfte, vorzeitig zu kündigen, würde ich an Ihrer Stelle erst einmal die weitere Entwicklung abwarten. Selbst wenn Sie kurzfristig einen neuen Arbeitsplatz angeboten bekämen, hätten Sie zum einen die Möglichkeit, diesen mit Zustimmung des jetzigen Arbeitgebers auch ohne vorherige Kündigung anzutreten. Zum anderen können Sie wie dargelegt auch in der Elternzeit kündigen, so dass Sie (je nach arbeitsvertraglich vorgesehener Kündigungsfrist) auch auf diesem Wege kurzfristig das alte Arbeitsvehältnis beenden könnten.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 17.07.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Wilking,
besten Dank für die sehr schnelle Rückmeldung.
Einige Punkte sind mir jedoch noch unklar:
1. Welchen Vorteil hätte es, jetzt noch nicht zum Ende der Elternzeit zu kündigen? Ich weiß mit Sicherheit, dass ich bei diesem Arbeitgeber nicht mehr tätig werden würde. Selbst dann nicht, wenn wir hierher zurück ziehen würden. (Hätte es z. B. Einfluss auf den Erhalt von Arbeitslosengeld, sofern ich nach Ende der Elternzeit keinen neuen Job fände und aufgrund der Entfernung, 180 km, nicht mehr dort arbeiten könnte?)
2. Auch wenn ich noch immer dann kündigen kann, wenn ich eine konkrete neue Stelle in Aussicht habe, hätte ich ja noch drei Monate Kündigungsfrist. Das wäre für mich ja dann ein Nachteil. Ich könnte zwar mit Zustimmung meines alten AGs bereits Teilzeit arbeiten, käme aber dann in eine schlechtere LSt-Klasse, richtig?
Oder ist es üblich, dass der Arbeitgeber auf die Einhaltung dieser Frist verzichtet, sofern ihm klar ist, dass eine Weiterbeschäftigung ohnehin nicht stattfinden wird?
3. Worum handelt es sich bei dem Sonderkündigungsrecht zum Ende der Elternzeit? Was besagt es?
4. Und ebenfalls bereits gefragt: Könnte ich die Elternzeit ggf. verkürzen, um bei einem neuen Arbeitgeber wieder Voll-/Teilzeit zu arbeiten? Oder wäre es aus Ihrer Sicht besser, bei einem Teilzeitarbeitsvertrag die Elternzeit wie ursprünglich geplant weiterlaufen zu lassen (bei max. 30 Std./Woche)?
Welchen Unterschied würde das für mich machen?
5. Wann kommt es zu einem Aufhebungsvertrag? Hat der AG davon Vorteile? Weshalb sollte er sich darauf einlassen?
6. Wie bereits gefragt: Was raten Sie in Bezug auf Leistungen der Sozial- und Krankenversicherung? Würde sich bei Kündigung meines alten Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens während der Elternzeit an meinem aktuellen Status aus wirtschaftlicher Sicht etwas ändern? Müsste ich Beiträge leisten, die ich jetzt nicht leisten muss?
Vielen Dank für Ihr Feedback und schöne Grüße!
Vielen Dank für Ihre Nachfragen, die ich wie folgt beantworten möchte. Bitte haben Sie dabei Verständnis dafür, dass ich im Rahmen dieser Erstberatung und angesichts Ihres Einsatzes nicht alle Ihre Fragen detailliert beantworten kann. Daher in der gebotenen Kürze:
Wenn Sie sicher sind, dass eine Weiterbeschäftigung nicht erfolgen soll, können Sie das Arbeitsverhältnis jetzt schon kündigen. Wenn Sie eh drei Monate Kündigungsfrist haben, ist das Sonderkündigungsrecht des § 19 BEEG
für Sie nicht von Nutzen (lediglich bei längeren vertraglichen Kündigungsfristen würde er diese zu Gunsten des Arbeitnehmers verkürzen).
Um Probleme bezüglich der Sozialversicherungsbeiträge und der (grundsätzlich nicht einseitig möglichen) Verkürzung der Elternzeit zu vermeiden, würde ich bei einer Neubeschäftigung den vom Gesetz vorgesehenen Weg gehen und, wie oben bereits vorgeschlagen, die Elternzeit wie beantragt laufen lassen und in Teilzeit beim neuen Arbeitgeber anfangen.
Wenn Sie nicht weiterbeschäftigt werden wollen, gibt es aber auch keinen Grund für den Arbeitgeber, einer vorzeitigen Aufhebung nicht zuzustimmen. Denn der Vorteil für den alten Arbeitgeber wäre, dass Sie gegen ihn im Falle einer Aufhebung eben keinen Anspruch mehr auf Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit und Weiterbeschäftigung nach der Elternzeit haben, er also vorzeitige Planungssicherheit hat.
Im Falle einer Eigenkündigung bzw. eines Aufhebungsvertrages besteht allerdings immer die Gefahr einer Sperre durch die Arbeitsagentur, sollten Sie mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses doch arbeitslos werden. Denn die Beschäftigungslosigkeit beruhte ja dann auf Ihrem Verhalten. Eine Sperre tritt aber nicht ein, wenn ein wichtiger Grund für die Kündigung vorlag. Da Sie angeben können, dass Sie Ihrem Mann hinterhergezogen sind und nun die Entfernung ein Pendeln unmöglich macht (grundsätzlich bei Pendelzeiten von insgesamt mehr als 2 1/2 Stunden täglich), dürfte ein solcher wichtiger Grund bei Ihnen vorliegen. Sie sollten sich aber umgehend bei der nach dem Umzug für Sie zuständigen Arbeitsagentur melden, damit Sie später auch Ihre Eigenbemühungen nachweisen können.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen