Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Dem Nachzahlungsbescheid der Krankenkasse steht nach § 77 SGG
zunächst der Bescheid der Krankenkasse entegegen, in welchem die Krankenkasse für ihre Frau einen Beitrag von 152 € berechnet hatte. An diese Berechnung ist sie gebunden, wenn Sie den damaligen Bescheid nicht rechtmäßig zurücknehmen kann. Dies bemisst sich nach § 45 Abs. 1 SGB X
.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X
darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), soweit er rechtswidrig ist, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, (nur) unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. § 45 Abs. 2 SGB X
enthält Bestimmungen zum Vertrauen des Begünstigten in den Bestand des ursprünglichen Verwaltungsakts; Abs. 2 Satz 3 legt hierzu fest, dass sich der Begünstigte (von vornherein) nicht auf ein Vertrauen berufen kann, wenn einer der dort genannten Tatbestände vorliegt. § 45 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 2 SGB X
enthalten Regelungen über die zeitliche Begrenzung der Rücknahmebefugnis. Die Entscheidung über die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts (auch für die Vergangenheit) steht, wenn die rechtlichen Voraussetzungen nach § 45 Abs. 1
bis Abs. 4 SGB X erfüllt sind, nach § 45 Abs. 1 SGB X
("darf") im Ermessen der zuständigen Behörde.
(Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 30. April 2014 – L 6 KR 99/14 B ER
–, juris)
Bitte schlagen Sie nun den § 45 SGB X
auf und lesen Sie diesen aufmerksam durch.
Kurz gesagt, die Hauptfrage ist, ob Sie darauf, dass die damalige Berechnung der Krankenkasse richtig war, vertrauen durften.
Dies ist zum einen nicht der Fall, wenn Sie bewußt falsche oder lückenhafte Angaben gemacht haben.
Laut ihrer Schilderung ist dies nicht der Fall.
Vertrauensschutz scheidet aber auch dann aus, wenn Sie Eine Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis davon hatten, dass der genannte Bescheid falsch berechnet worden war.
In Ihrem Fall deutet wenig darauf hin, dass man Ihnen diesen Vorwurf machen kann. Warum hätten Sie denn wissen müssen, dass auch ihr Einkommen bei der Berechnung des Krankenkassenbeitrags berücksichtigt werden muss?
Ich weiß allerdings nicht, ob die Krankenkasse im restlichen Schriftverkehr oder bei einem Telefonat möglicherweise einmal auf diesen Umstand hingewiesen hat, oder ob Ihnen dieser Umstand aus anderen Gründen bekannt sein muss.
Sollte Ihr Vertrauen in den Bestand des ersten Bescheids also schutzwürdig sein, darf dieser für die Vergangenheit nicht zurückgenommen werden.
Möglicherweise ist der Nachzahlungsbescheid der Krankenkasse aber bereits auch deshalb falsch, weil die Krankenkasse übersehen hat, dass Sie eine Ermessensentscheidung treffen muss. Dies läßt sich jedoch ohne Kenntnis des Bescheides selbst nicht beurteilen.
Sie sollten deshalb meiner Meinung nach Widerspruch gegen den Nachzahlungsbescheid einlegen.
Es ist zwar unwahrscheinlich, dass die Krankenkasse selbst auf ihren Widerspruch hin den Bescheid zurücknimmt, aber Sie müssen schon allein deshalb Widerspruch einlegen, um später eine Anfechtungsklage einlegen zu können.
Ich würde Ihnen, auch vor dem Hintergrund dass es hier um fast 4000 € geht, dazu raten, einen Anwalt zu beauftragen, da es sich doch um eine komplizierte Rechtsmaterie handelt, die sich nur bedingt für eine hier vorgenommene Kurzeinschätzung eignet und ein gut formulierter Widerspruch möglicherweise bereits ohne Gerichtsverhandlung zum Erfolg führen kann.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Hartmann
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 09.01.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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