Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage, zu der ich aufgrund Ihrer Schilderung und Ihres Einsatzes gerne wie folgt Stellung nehme:
I. Sie haben dann einen Anspruch darauf, dass der Verkäufer Ihr Fahrzeug auf seine Kosten instand setzt – und auch die Ihnen entstandenen Transportkosten trägt – wenn dem Kühlwasserverlust ein Mangel im rechtlichen Sinne zugrunde liegt (§ 437 Nr. 1
, § 439 Abs. 1 Fall 1, Abs. 2 BGB
).
An sich müssten Sie als Käufer beweisen, dass das Fahrzeug an einem Mangel leidet und dieser Mangel zumindest im Ansatz schon vorhanden war, als Ihnen der Pkw im Februar 2020 übergeben wurde. Allerdings hat sich der mangelhafte Zustand in Gestalt des Kühlwasserverlusts innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe des Fahrzeugs gezeigt (und haben Sie innerhalb dieser Frist sogar den Händler kontaktiert). Deshalb greift zu Ihren Gunsten die in § 477 BGB
vorgesehene Beweislastumkehr, wenn Sie – wovon ich ausgehe – den Pkw als Verbraucher gekauft haben. In diesem Fall wird mit anderen Worten vermutet, dass Ihr Fahrzeug zumindest „im Keim" bereits mangelhaft war, als es Ihnen im Februar 2020 übergeben wurde.
Es ist Sache des Händlers, diese Vermutung durch den Beweis des Gegenteils zu widerlegen; eine bloße Erschütterung der Vermutung genügt nicht (vgl. nur BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15
Rn. 59 f.). Der Händler muss also beweisen, dass der Kühlwasserverlust auf eine nach der Fahrzeugübergabe eingetretene, ihm nicht zuzurechnende Ursache – zum Beispiel auf Ihr Verhalten oder das Verhalten eines Dritten oder auf üblichen, altersgemäßen Verschleiß – zurückzuführen ist.
Darüber hinaus kann der Händler geltend machen und muss er gegebenenfalls beweisen, dass die Vermutung, dass Ihr Fahrzeug bereits im Februar 2020 zumindest im Ansatz mangelhaft war, mit der Art der Kaufsache oder des Mangels unvereinbar sei und deshalb eine Beweislastumkehr nicht stattfinde. Dafür, dass dem Händler dieser Nachweis gelingen könnte, habe ich indes keine Anhaltspunkte.
Aus meiner Sicht wird es deshalb darauf ankommen, ob der Händler – wie er behauptet – beweisen kann, dass Ihr Fahrzeug bei der Übergabe im Februar 2020 nicht einmal ansatzweise mangelhaft war. Das ist in erster Linie keine juristische, sondern eine technische Frage. Ich halte es indes für wenig wahrscheinlich, dass der Händler den erforderlichen Beweis gestützt auf die von ihm ins Feld geführte Abgasuntersuchung führen kann. Denn offenbar hat diese Untersuchung bereits im November 2019 stattgefunden, sodass sie darüber, in welchem Zustand sich der Pkw im Februar 2020 befand, nichts aussagen kann.
II. Vor diesem Hintergrund haben Sie meines Erachtens keinen Anlass, sich auf einen Kompromiss mit dem Verkäufer einzulassen. Eine gütliche Einigung kommt vielmehr allenfalls mit Blick darauf in Betracht, die Angelegenheit schnell zum Abschluss zu bringen. Dann sollten aber auch die Ihnen bereits entstandenen (Transport-)Kosten berücksichtigt werden, die als „zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen" an sich der Verkäufer zu tragen hat (vgl. § 439 Abs. 2 BGB
).
III. Ungeachtet dessen empfehle ich Ihnen grundsätzlich, dem Händler eine Frist zur Nachbesserung zu setzen und so die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag, eine Minderung des Kaufpreises und Schadensersatzansprüche zu schaffen. Zwar ist eine solche Fristsetzung ausnahmsweise entbehrlich, etwa dann, wenn bereits zwei erfolglose Nachbesserungsversuche stattgefunden haben oder der Verkäufer eine Nachbesserung ernsthaft und endgültig verweigert. Einem Streit darüber, ob hier ein solcher Ausnahmefall vorliegt, entziehen Sie mit einer Fristsetzung aber naturgemäß den Boden.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterhelfen konnte. Bitte nutzen Sie bei Bedarf die Möglichkeit, hier eine kostenlose Nachfrage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Trettin
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