Sehr geehrter Fragesteller,
Es gilt für die Fälligkeit der Vergütung folgendes: Der Rechtsanwalt kann die Vergütung nur aufgrund einer von ihm unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einfordern (§ 10 Abs. 1 Satz 1 RVG
).
Formell muss die Rechnung so aussehen: In der Berechnung sind die Beträge der einzelnen Gebühren und Auslagen, Vorschüsse, eine kurze Bezeichnung des jeweiligen Gebührentatbestands, die Bezeichnung der Auslagen sowie die angewandten Nummern des Vergütungsverzeichnisses und bei Gebühren, die nach dem Gegenstandswert berechnet sind, auch dieser anzugeben. Bei Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Angabe des Gesamtbetrags (§ 10 Abs. 2 RVG
).
Die Angabe von § 34 RVG
ist hier falsch, da es nicht um eine Beratung, ein Gutachten oder eine Mediation ging. Vielmehr hat der Anwalt den Mandanten gegenüber einer potentiellen Streitpartei vertreten und einen Versuch der außergerichtlichen Streitbeilegung unternommen. Damit handelt es sich um ein Geschäft im Sinne von Ziff. 2300 des RVG-Vergütungsverzeichnisses (VV RVG).
Die Geschäftsgebühr hat einen Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5, die Mittelgebühr beträgt 1,3. Eine Gebühr von mehr als 1,3 kann nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Geht man davon aus, dass dies nicht der Fall war, ergibt sich bei einem Streitwert von 5.000 EUR eine Gebühr von 391,30 EUR zzgl. 20,00 EUR Postpauschale und 78,15 EUR Umsatzsteuer.
Anstelle dieser gesetzlichen Gebühr tritt allerdings die individuell vereinbarte Pauschalgebühr, wenn diese wirksam vereinbart ist. Richtiger Tatbestand für eine Vergütungsvereinbarung ist § 4 RVG
.
Ein falscher Gebührentatbestand hat auf die Wirksamkeit der Berechnung allerdings keinen Einfluss. Der Anwalt kann seine (vorausgesetzt wirksam vereinbarte) Vergütung also verlangen. Im Übrigen kann er auch bereits jetzt Klage erheben und seine Rechnung jederzeit korrigieren, auch noch im Prozess. Der Mandant riskiert durch Verzögerung der Zahlung also weitere Kosten.
Ein obligatorisches Schlichtungsverfahren gibt es nicht. Der Anwalt kann, wie gesagt, eine fällige Vergütung einklagen. Das Gericht prüft, ob die Forderung nach dem RVG berechtigt ist. Unter Umständen muss ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer eingeholt werden - ein solcher Fall liegt hier allerdings nicht vor.
Im Ergebnis sollte die Rechnung grundsätzlich bezahlt werden, um weitere Kosten zu vermeiden.
Allerdings sollte vorher geprüft werden, ob die Vergütungsvereinbarung wirksam ist.
Die Voraussetzungen für die Wirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung sind gemäß §§ 4b
, 3a Abs. 1 Satz 1
und 2 RVG wie folgt geregelt: Eine Vereinbarung über die Vergütung bedarf der Textform. Sie muss als Vergütungsvereinbarung oder in vergleichbarer Weise bezeichnet werden, von anderen Vereinbarungen mit Ausnahme der Auftragserteilung deutlich abgesetzt sein und darf nicht in der Vollmacht enthalten sein.
Sind diese Voraussetzungen nicht erfüllt, kann nur die oben genannte gesetzliche Gebühr verlangt werden (Geschäftsgebühr zzgl. Auslagen). Sind sie dagegen erfüllt, muss die vereinbarte Vergütungs bezahlt werden.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 16.01.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Wie schon oft in diesem (kostenpflichtigen) Forum wurde auch diesmal eine Beratung erteilt, die an den Fragen des Ratsuchenden vorbeiging und die Informationen lieferte, die auch vor der Beratung bekannt waren. Es wird anscheinend übersehen, DASS NICHT DIE HÖHE DER RECHNUNG, SONDERN NUR IHR INHALT UMSTRITTEN IST. Es kann ggf. auch nicht unterstellt werden, dass die am 30.08.2010 getroffene Gebührenvereinbarung unwirksam wäre. Offensichtlich ist auch, dass die Tätigkeit des Rechtsanwaltes umfangreich und schwierig war, denn er musste die sich seit ca. 3 Jahren angesammelten Akten aus der RSV sichten und bewerten. Da der genaue Streitwert in den Arzthaftungssachen ohne eingehende anwaltliche Begutachtung des zugefügten Gesundheitsschadens nicht berechnet werden kann, so erscheint die vorliegende Nichtberührung der Geschäftsgebühr nach 2300 VV RVG gerade als richtige Option, zumal dies (wie oben skizzierend kalkuliert) zu keinen Kostennachteilen des Mandanten führt. Die gem. § 34 RVG wirksam vereinbarte Pauschalgebühr darf sowohl zur Entgeltung der mündlichen Beratung, als auch aber zur Entgeltung der erstmaligen Begutachtung des Rechtsanspruches und -weges sowie der Tätigkeit als Mediator eingesetzt werden. Diese Vereinbarung bedarf gem. § 3a (1) Satz 3 RVG keine Schriftform.
Entscheidend ist bei den derartigen Vergütungsvereinbarungen, dass die Erstellung der (korrekten!) Zwischen- bzw. Abschlussrechnung als unentbehrlicher Teil des Dienstleistungsvertrages erscheint. Dies kann man ggf. aus den Mandatsbedingungen vom 03.09 wohl lesen. Somit darf ggf. unser Mandant davon ausgehen, dass die vereinbarte Dienstleistung des Fachanwaltes noch nicht abgeschlossen ist. Die Vorschriften des § 641 (3) BGB greifen nicht an, weil kein anderer Rechtsanwalt die begehrte berichtigte Rechnung des eben tätig gewesenen Fachanwalts anfertigen kann.
Dass die Rechnung unseres Fachanwaltes offensichtlich unzutreffende (auf jeden Fall unvollständige) Angaben enthält, lässt sich durch den direkten Vergleich mit den bereits veröffentlichen Rechnungen aus den früheren frag-einen-anwalt.de-Berichten erkennen (s. Web-Linke oben). Der wirkliche Gegenstand der Tätigkeit kann allein durch "Beratungsgebühr" nicht abgedeckt werden. Dies kann in Zukunft zu gewissen Schwierigkeiten bei der Kostenerstattung führen, wenn die RSV das Klageverfahren verliert, die umstrittene Rechnung aber unberichtigt bleibt.
Unter diesen Umständen erscheint uns am vernünftigsten, einen Schutzbrief beim Amtsgericht des Wohnorts des Mandanten mit entsprechenden Anlagen und Erklärungen zu hinterlegen und das AUSSERGERICHTLICHE Schlichtungsverfahren beim zuständigen Rechtsanwaltskammer (RAK) parallel anzustreben. Bei der Einwilligjung unseres Fachanwaltes würde das entsprechende Gutachten über die Richtigkeit seiner Rechnung dort kostenlos erstellt.
Unter der Annahme der hier angeführten Strategie und der Nichtbetrachtung der alternativen Zugänge teilen Sie uns bitte mit, wie genau der Schutzbrief beim Amtsgericht bzw. der Antrag auf das Schlichtungsverfahren der RAK (ggf. Oberlandesgerichtsbezirk Hamm) gestellt werden müssen? Was muss man dabei im Auge behalten?
Zu Ihrer Nachfrage:
So etwas wie einen Schutzbrief gibt es nicht. Für eine Honorarklage des Anwalts hätte ein solches Schreiben an das Amtsgericht nicht die geringste Bedeutung.
Es gibt auch keinen Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens. Sie können ein einfaches Schreiben an die zuständige Anwaltskammer schicken und Ihren Fall schildern. Die Prüfung von Gebührenrechnungen gehört aber weder zu den allgemeinen Aufgaben einer Anwaltskammer noch ist diese überhaupt berechtigt, Rechtsrat im Einzelfall zu erteilen. Die Kammer wird nur Ihr Schreiben an den Anwalt weiterleiten und eine Stellungnahme erbitten. Wenn der Anwalt Ihnen gegenüber schon nicht zum Einlenken bereit war, wird er seinen Standpunkt kaum ändern. Die Kammer hat keine Befugnisse, auf einzelne Gebührenstreitigkeiten Einfluss zu nehmen.
Beachten Sie bitte vor allem, dass der Anwalt jederzeit sein restliches Honorar einklagen kann. Daran ist er durch keine Ihrer angedachten Vorgehensweisen gehindert. Wenn Sie den Prozess verlieren, zahlen Sie zusätzlich die Prozesskosten und evtl. weiteren Verzugsschaden. Von Ihrer Strategie muss ich daher abraten.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt