Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Vorab sei gesagt, dass Ihr Vater grundsätzlich mit seinem Vermögen verfahren kann, wie er es möchte, er darf es also auch mit vollen Händen ausgeben, auch wenn dies bedeutet, dass Ihnen als den Erben nach seinem Tod nichts mehr verbleiben wird. Zukünftige Erben wie auch zukünftige Pflichtteilsberechtigte genießen keine besonders geschützte Rechtsposition. Die Geschäfte, die Ihr Vater hinsichtlich seinem Vermögen getätigt hat, tätigt und noch tätigen will, können Sie also nicht unter Hinweis auf Ihre künftige Erben- bzw. Pflichtteilsberechtigtenstellung verhindern.
Möglicherweise kommt allerdings die Bestellung eines Betreuers zumindest für die Vermögensangelegenheiten Ihres Vaters in Betracht, sofern Ihr Vater nicht mehr imstande ist, seine Vermögensangelegenheiten eigenständig zu regeln. Hierauf könnte hindeuten, dass, wie Sie sagen, Ihr Vater seine Kleidung nicht wäscht, sondern entsorgt und neue kauft, und dass es nicht möglich war, eine vernünftige Regelung hinsichtlich der erbrechtlichen Situation beim Notar zu treffen. Aus der Ferne vermag ich keine näheren Auskünfte hierzu zu geben. Wenn Sie allerdings das Gefühl haben, dass Ihr Vater seine Vermögensangelegenheiten tatsächlich nicht mehr selbst organisieren kann und dies selbst nicht einsieht, dann sollten Sie - am besten unter Zuhilfenahme eines Rechtsanwalts - beim örtlichen Amtsgericht (Vormundschaftsgericht) die Bestellung eines Betreuers für Ihren Vater beantragen. Sie können dort auch Vorschläge machen, wer der oder die Betreuer sein sollen. Das Gericht wird dann überprüfen, ob die Einrichtung einer Betreuung tatsächlich erforderlich ist und, falls ja, welche Person(en) diese Betreuung übernehmen soll(en). Zu einer Anordnung der Betreuung wird es aber nur dann kommen, wenn sie wirklich erforderlich ist.
Auf einen Pflichtteil haben Sie (aber erst nach dem Tod Ihres Vaters) nur dann Anspruch, wenn Sie nicht Erbe geworden sind, etwa weil Ihr Vater Sie enterbt hat. Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, in Ihrem Fall also - vorausgesetzt, Ihr Vater heiratet seine derzeitige Freundin nicht - ein Achtel des Nachlasswertes. Den Pflichtteilsanspruch müssen Sie gegenüber den Erben geltend machen. Diese müssen den Wert des Nachlasses ermitteln (dies geschieht prinzipiell einfach dadurch, dass der Wert sämtlicher Gegenstände, die dem Nachlass angehören, auch Bargeld etc., addiert wird), Ihnen auf Verlangen Auskunft hierüber erteilen und ein Achtel des Werts an Sie auszahlen. Schenkungen, die Ihr Vater vor seinem Tod gemacht hat, können unter bestimmten Voraussetzungen dem Nachlass bei der Berechnung des Pflichtteilsanspruchs hinzugerechnet werden.
Sofern Ihr Vater ein Pflegefall werden sollte, können die Geschäfte, die er hinsichtlich seines Vermögens tätigt, nur rückgängig gemacht werden, wenn es sich bei ihnen (jedenfalls teilweise) um Schenkungen handelt. Wenn er sein Haus zu einem viel zu geringen Preis veräußern sollte, dann läge der Verdacht nahe, dass er es jedenfalls teilweise verschenkt hat, so dass Rückgriffsmöglichkeiten beim Nachbarn bestehen können. Abstrakt lässt sich dies aber schwer sagen. Sie können dies erst überprüfen lassen, wenn es tatsächlich zu der Veräußerung gekommen ist.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen, auch wenn die Auskünfte für Sie eher unerfreulich sein dürften. Für Rückfragen wie auch für eine weitergehende Vertretung stehe ich gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)
Diese Antwort ist vom 23.08.2005 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Laurentius,
danke für die schnelle Antwort.
Bitte beantworten Sie mir noch die Frage:
Kann ich/wir den Pflichtteil der verstorbenen Mutter nicht beantragen oder diesen evtl. in das Grundbuch eintragen lassen?
Ist mein/unser Pflichtteil der Mutter durch das gemeinschaftliche Testament, in dem jetzt durch den Tod der Mutter mein Vater als unbeschränkten Alleinerbe geworden ist, ausgeschlossen?
Wenn die Immobilie nur auf den Namen meines Vaters eingetragen ist, gehörte nach dem Recht die Hälfte trotzdem des Ehegatten sprich meiner Mutter?
Hauptsächlich geht es mir um den Pflichtteil meiner verstorbenen Mutter.
Vielen Dank für Ihre Hilfe
Aus Ihrer Ausgangsfrage ging leider nicht hervor, dass es Ihnen vor allem um den Pflichtteil bezüglich des Nachlasses Ihrer Mutter ging. Daher habe ich hierzu keine Ausführungen gemacht.
Natürlich haben Sie hinsichtlich des Nachlasses Ihrer Mutter einen Pflichtteilsanspruch. Ausgehend davon, dass Ihre Mutter und Ihr Vater im gesetzlichen Güterstand gelebt haben, also keinen Ehevertrag geschlossen haben, beläuft sich Ihr Pflichtteilsanspruch auf ein Sechzehntel des Werts des Nachlasses Ihrer Mutter. Sie haben gegenüber Ihrem Vater als dem Alleinerben Ihrer Mutter einen Anspruch darauf, dass der Wert des Nachlasses Ihrer Mutter ordnungsgemäß ermittelt wird und Ihnen hierüber Auskunft erteilt wird. Wenn Ihr Vater allerdings schon im Zeitpunkt des Todes Ihrer Mutter Alleineigentümer des Hauses war, dann gehört das Haus nicht (auch nicht teilweise) zum Nachlass Ihrer Mutter, so dass das Haus bei der Bestimmung des Nachlasswerts leider nicht miteinbezogen werden darf.
Den Pflichtteil als solchen können Sie nicht in das Grundbuch eintragen lassen. Nur dann, wenn Ihr Vater sich weigern sollte, Ihnen Ihren Pflichtteil auszuzahlen, Sie ihn daraufhin entsprechend verklagen und im Prozess siegen, können Sie im Rahmen der Zwangsvollstreckung auf das Haus zugreifen. Dies ist, wenn die Gefahr besteht, dass Ihr Vater das Haus alsbald verkauft, grundsätzlich auch im Rahmen eines Eilverfahrens möglich. Aber zuerst einmal muss Ihr Vater sich weigern, Auskunft über den Wert des Nachlasses Ihrer Mutter zu erteilen und Ihnen den Pflichtteil auszuzahlen.
Ich kann Ihnen letztlich nur dazu raten, sich einen Rechtsanwalt zu suchen, der Sie in dieser Angelegenheit weiter betreut und vertritt. Ihre Angelegenheit ist - wie eigentlich alle erbrechtlichen Angelegenheiten - zu komplex, als dass Sie sie allein bearbeiten sollten. Gern stehe auch ich hierfür zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)