Sehr geehrte Fragestellerin,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
Obwohl Sie seit der Geburt Ihrer Tochter darauf verzichtet haben, Unterhalt gegenüber dem Vater gelten zu machen, ist hierdurch der Anspruch auf Kindesunterhalt für die Zukunft nicht entfallen. Der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes entfällt vielmehr grundsätzlich nur dann, wenn das Kind entweder genügend eigene Einkünfte hat oder wenn der Unterhaltsverpflichtete leistungsunfähig ist. Für die Zukunft kann nach § 16 14 Abs. 1 BGB nicht wirksam auf Unterhalt verzichtet werden. Dementsprechend scheidet auch eine Verwirkung für zukünftige Unterhaltsansprüche aus (vgl. BGHZ 84, 282). Sie werden den Kindesvater für die Zukunft daher erfolgreich auf Kindesunterhalt in Anspruch nehmen können, soweit dieser leistungsfähig ist. Aus diesem Grunde sollten Sie den Vater zunächst schriftlich per Einschreiben und Rückschein zur Offenlegung seiner Einkünfte und seines Vermögens auffordern, um hiernach den Unterhaltsanspruch beziffern zu können. Eine Zahlungsverpflichtung des Kindesvaters besteht nach § 1613 Abs. 1 BGB dann ab dem Zeitpunkt des Zugangs Ihres Auskunftsverlangens. Sollte der Kindesvater hiernach seine Vaterschaft und damit seine Zahlungsverpflichtung bestreiten, müsste diese rechtskräftig festgestellt werden.
Soweit Sie beabsichtigen, Unterhalt für die Zeit vor einem Auskunftsverlangen über das Einkommen des Kindesvaters geltend zu machen, ist gem. § 1613 Abs. 2 BGB, den ich nachfolgend zitiere, hierfür erforderlich, dass Sie unverschuldet an der rechtzeitigen Geltendmachung gehindert waren oder ein Sonderbedarf beansprucht wird.
§ 1613 Abs. 2 BGB:
„Der Berechtigte kann für die Vergangenheit ohne die Einschränkung des Absatzes 1 Erfüllung verlangen
1. wegen eines unregelmäßigen außergewöhnlich hohen Bedarfs (Sonderbedarf); nach Ablauf eines Jahres seit seiner Entstehung kann dieser Anspruch nur geltend gemacht werden, wenn vorher der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Anspruch rechtshängig geworden ist;
2. für den Zeitraum, in dem er
a) aus rechtlichen Gründen oder
b) aus tatsächlichen Gründen, die in den Verantwortungsbereich des Unterhaltspflichtigen fallen,
an der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gehindert war.“
Nachdem der Aufenthalt des Vaters offensichtlich immer bekannt war, wird eine „tatsächliche Verhinderung“ im Sinne des § 1613 Abs. 2 Nr. 2 b BGB nicht begründet werden können.
Zwar fällt unter die rechtliche Verhinderung nach § 1613 Abs. 2 Nr. 2 a BGB die fehlende Feststellung der Vaterschaft. Allerdings könnte sich der Kindesvater gegenüber der Geltendmachung rückständiger Unterhaltsansprüche auf den Einwand der Verwirkung (§ 242 BGB) berufen, nachdem Sie nach 13 Jahren nunmehr erstmals Unterhaltsrückstände einfordern und in der Vergangenheit keinerlei Anstrengungen unternommen hatten, die Vaterschaft feststellen zu lassen. Insoweit verweise ich auf eine Entscheidung des OLG Jena vom 23. Mai 2002 (Az.: 1 UF 21/02), in dem das Gericht rückständige Unterhaltsansprüche nach einer Untätigkeit der Geltendmachung von 5 ½ Jahren als verwirkt angesehen hat.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin