Sehr geehrter Fragestellerin,
zunächst bedanke ich mich für Ihre online-Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Informationen wie folgt beantworten möchte:
Das auf das jeweilige Kind entfallende Kindergeld ist nach § 1612 b Abs. 1 BGB
grundsätzlich zur Hälfte auf den Tabellenunterhalt anzurechnen. Die Anrechnung des Kindergeldes unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135% des Regelbetrages zu leisten, soweit das Kind nicht wenigstens den Richtsatz der 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle abzüglich des hälftigen Kindergeldes erhält (§ 1612 b Abs. 5 BGB
).
Nachdem der beurkundete Kindesunterhalt den Regelbetrag von 135 % übersteigt, wird eine volle Kindergeldanrechnung, d.h. in Höhe von EUR 77,- erfolgen können. Der Kindesvater wird somit von dem beurkundeten Kindesunterhalt (wobei ich den Betrag von EUR 250,- allerdings nicht nachvollziehen kann) die Summe von EUR 77,- abziehen können.
Da grundsätzlich ein Rückforderungsanspruch besteht, wenn eine Zahlung ohne Rechtsgrund geleistet wurde, kann der Kindesvater versuchen, die in der Vergangenheit ggf. „versehentlich“ nicht angerechneten Kindergeldbeträge von Ihnen zurückzuverlangen. Nachdem die Beträge verbraucht sein werden, können Sie dem Anspruch die Entreichungseinrede nach § 818 Abs. 3 BGB
entgegenhalten. Im Übrigen verjähren Bereicherungsansprüche 3 Jahre nach Kenntnis des Anspruchsgrundes.
Die Anrechnung des Kindergeldes in Höhe der Hälfte erfolgt nicht in der Weise, dass Ihnen und dem Vater künftig jeweils die Hälfte des Kindergeldes überwiesen wird, sondern in der Weise, dass der Kindesvater das hälfltige Kindergeld von dem Kindesunterhaltsanspruch abzieht. Die Familienkasse nimmt also keine getrennten Überweisungen vor.
Um genau zu beurteilen, welche Unterhaltsberechnung günstiger ist - 160 % des Regelsatzes ohne Kindergeldanrechnung oder 170 % des Regelsatzes mit Kindergeldanrechnung - bitte ich um Mitteilung des Kindesalters sowie des Nettogehaltes des Kindesvaters.
Da nach § 1614 BGB
ein Unterhaltsverzicht für die Zukunft hinsichtlich des Kindesunterhaltes unwirksam sind, wird ein Verzicht auf einen Kindergeldanteil, der zu einer Reduzierung der gesetzlichen Unterhaltspflicht führt, nicht in Betracht kommen.
Ich hoffe Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Jutta Petry-Perger
Rechtsanwältin
petry-berger@gmx.de
Diese Antwort ist vom 24.01.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Jutta Petry-Berger
Schönbornstr. 41
60431 Frankfurt
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Sehr geehrte Frau Petry-Berger,
vielen Dank zunächst für Ihre Antwort, sie klärt auf jeden Fall erstmal die drängendsten Fragen, obwohl ich zugeben muss, dass ich als Nicht-Juristin schon einige Male lesen muss, um mich durch die Begrifflichkeiten etc. durch zu finden.
Leider kann ich zum Einkommen des Vaters keine sehr genauen Angaben machen, mein letzter Stand muss wohl von ihm "negativ geschönt" gewesen sein und ist inzwischen auch sowieso veraltet.
Ich kann aber folgende Hinweise geben, die evtl. entsprechende Schlüsse zulassen:
Der Vater ist Beamter, Polizeioberkommissar mit einem Abschluss als Verwaltungsfachwirt (ich glaube so heißt das), seit ca. 27 Jahren im Dienst, davon wahrscheinlich rund 20 - 22 Jahre bei einer Spezialeinheit.
Er ist eit ca 7 Jahren verheiratet, hat eine eheliche Tochter (5) und zahlt seinen Angaben mir gegenüber zufolge noch ca. 5 Jahre ein Haus ab mit ca. 1200 Euro/Monat. Seine Frau steht in keinem festen Arbeitsverhältnis, gibt unregelmäßig Kurse ähnlich wie in einer Volkshochschule, hat aber eigenes Vermögen.
Ich habe auf Ihre Antwort hin die Düsseldorfer Tabelle nochmal angeschaut und daraufhin stellt sich mir folgende Frage/Vermutung:
Kann es sein, dass das Jugendamt bei der Festlegung der zu zahlenden Beträge das dem Vater zustehende anteilige Kindergeld bereits berücksichtigt und vom eigentlichen Unterhaltsbetrag abgezogen hat? Ist sowas üblich?
Ich bin jedenfalls nicht dahingehend informiert worden.
Die Beträge würden ungefähr passen, da meine Tochter Ende April 3 Jahre alt wird, handelt es sich evtl. bei den eigentlichen Unterhaltssätzen um 327 Euro (160 %) bzw. 357 Euro (170 %). Auch die zugehörigen Einkommensstufen erscheinen mir plausibel??!
Meine eigentliche Nachfrage lautet wie folgt:
Wenn ich jetzt den vom Vater beurkundeten Satz von 160 % akzeptiere, ist der dann auf alle Zeiten unabänderlich festgeschrieben, oder kann man auch zu einem späteren Zeitpunkt - sollte sich z.B. meine Einkommenssituation verschlechtern, den höheren Satz einfordern/-klagen?
Vielen Dank nochmals für die Hilfe!
Sehr geehrter Fragestellerin,
zunächst weise ich darauf hin, dass sich der beurkundete Kindesunterhalt nicht nach der Düsseldorfer Tabelle, sondern nach der Regelbetragsverordnung (§ 1612 a BGB
) berechnet. Der Prozentsatz des Unterhaltstitels gibt an, in welchem Verhältnis die individuellen Umstände beim Unterhaltsberechtigten zum Regelbedarf der Regelbetragsverordnung stehen. Durch die Änderung der Regelbetragsverordnung alle zwei Jahre wird der Unterhaltstitel den wirtschaftlichen Verhältnissen automatisch angepasst. D.h. ändert sich die Regelbetragsverordnung, ändert sich automatisch der Unterhalt des Kindes.
Der in Höhe von 160 % des Regelbetrages festgesetzte Unterhalt kann bei der Änderung wesentlicher Verhältnisse abgeändert werden. Eine entsprechende Abänderungsklage kann in Betracht kommen, wenn der festgesetzte Prozentsatz wesentlich von den Bedarf des Kindes oder den Einkommensverhältnissen des Unterhaltsverpflichteten abweicht. Die Abänderungsklage wird hingegen nicht darauf gestützt werden können, dass sich die Lebenshaltungskosten oder die Löhne verändert haben.
Nach der geltenden Regelbetragsverordnung beträgt der Regelbetrag für den Unterhalt eines Kindes in der 1. Altersstufe (bis zur Vollendung 6. Lebensjahres) EUR 204,-; 160 % hiervon ergibt den Betrag von EUR 326,40, abzüglich des hälftigen Kindergeldes errechnet sich der Betrag von EUR 249,40. Bei der Ihnen mitgeteilten Summe wurde das anteilige Kindergeld somit bereits in Abzug gebracht.
Bei 170 % des genannten Regelbetrages beträgt der Unterhalt Ihres Kindes unter Anrechnung des hälftigen Kindergeldes EUR 269,80 und übersteigt damit den beurkundeten Unterhalt um EUR 20,40. Rechnerisch ist ein Unterhalt in Höhe von 160 % des Regelsatzes ohne Kindergeldanrechnung ( = EUR 346,40 ) günstiger als 170 % des Regelbetrages mit einer Kindergeldanrechnung.
Sollten sich aufgrund der vorstehenden Ausführungen weitere Fragen ergeben, können Sie mich gerne nochmals per eMail kontaktieren.
Mit freundlichen Grüßen
J.Petry-Berger
Rechtsanwältin
petry-berger@gmx.de