Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Grundsätzlich ist derjenige Elternteil, hier also der Vater, bei dem das Kind nicht wohnt und nicht seinen ständigen Aufenthalt hat, verpflichtet, Kindesunterhalt zu zahlen. Auf Kindesunterhalt kann auch nicht verzichtet werden.
Maßgebend für die Berechnung des Kindesunterhalts ist bei Selbstständigen das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen der letzten drei Jahre. Die Berechnung kann mitunter Schwierigkeiten bereiten.
Lege ich ein Nettoeinkommen von durchschnittlich monatlich 1.200 € des Kindesvaters zu Grunde, ergibt sich bei dem Alter des Kindes von neun Jahren nach der Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.08.2015, ein zu zahlender Kindesunterhalt von 376 € pro Monat. Hiervon abzuziehen ist das hälftige Kindergeld in Höhe von 94 €, so dass sich ein Zahlbetrag von 282 € errechnet.
Legt man ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.200 € zu Grunde und bringt man hiervon den Kindesunterhalt von 282 € in Abzug, verbleibt ein Differenzbetrag zu Gunsten des Vaters von 918 €. Damit liegt dieser Betrag unter dem Selbstbehalt von 1.080 €.
Rechtlich gesehen liegt also ein so genannter Mangelfall vor, weil das Einkommen des Vaters unter Berücksichtigung des Selbstbehalts in Höhe von 1.080 € nicht ausreicht, um den vollen geschuldeten Kindesunterhalt zahlen zu können. Wollte man den Selbstbehalt voll berücksichtigen, verbliebe Kindesunterhalt in Höhe von 120 €.
2.
Die Gerichte verlangen aber vom Unterhaltspflichtigen, dass er mindestens den Unterhalt nach der untersten Einkommensstufe bezahlt. Das wäre hier der vorgenannte Betrag von 282 €.
Kann der Unterhaltspflichtige diese Zahlung nicht leisten, wird von ihm verlangt, dass er seine Tätigkeit ausweitet, und wenn er Zeitungen austrägt, um seiner Unterhaltspflicht nachzukommen.
Hier handelt es sich natürlich stets um Einzelfallentscheidungen, bei denen die Besonderheiten jedes Falls berücksichtigt werden müssen.
Nach Ihrer Schilderung könnte ich mir aber schon vorstellen, dass der Kindesvater ein höheres Einkommen erzielen kann.
3.
Sie sollten den Vater alsso auffordern, Auskunft über seine Einkünfte der letzten drei Jahre zu erteilen und diese Auskünfte durch Vorlage der Einkommenssteuerbescheide, Steuererklärungen und gegebenenfalls der Einnahmen-Überschussrechnungen zu belegen. Anhand dieser Unterlagen kann man die Einkünfte des Vaters ermitteln.
Zweckmäßig ist es, wenn Sie diesbezüglich vor Ort einen Rechtsanwalt beauftragen.
4.
Dem Kindesvater können Sie nicht verbieten, an einen anderen Wohnort umzuziehen.
Grundsätzlich ist der Umgangsberechtigte - also der Vater - verpflichtet, das Kind zu holen und wieder an seinen Wohnort zurückzubringen.
Natürlich kann es im Einzelfall zweckmäßig sein, eine hiervon abweichende individuelle Regelung zu treffen. Die Kosten des Umgangs trägt stets der Umgangsberechtigte. D.h., der Vater muss für die Fahrtkosten des Abholens des Kindes und des Zurückbringens des Kindes zahlen.
Wenn die räumliche Distanz, so wie von Ihnen beschrieben, relativ groß ist, werden Sie Ihre bisherige Umgangsregelung nur sehr schwer weiterführen können. Hier wird es notwendig sein, gegebenenfalls eine neue Umgangsregelung zu finden und zu treffen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt