Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich anhand der von Ihnen mitgeteilten Informationen gern beantworten werde. Vorab möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass ohne nähere Einsicht und tiefergehende Sachverhaltsaufklärung die Beantwortung an einigen Stellen recht allgemein gehalten werden muss. Dennoch werde ich versuchen, den Kern Ihrer Frage soweit zu beantworten, dass Sie eine erste Orientierung für Ihr weiteres Vorgehen bekommen werden.
Zunächst ist es erst einmal nicht zu beanstanden, dass die Familienversicherung mit Erreichen des 27. Lebensjahres beendet wurde. Ab dem 27. Lebensjahr mussten Sie sich also selbst krankenversichern.
Durch die letzten Gesetzes und Gesundheitsreformen sollte an sich sichergestellt werden, dass niemand ohne Krankenversicherungsschutz bleibt, so dass es eigentlich nicht möglich sein sollte, dass keine Versicherung Sie aufnimmt und Sie jetzt - gerade während der Schwangerschaft - ohne jede Krankenversicherung dastehen.
Die gesetzliche Krankenversicherungspflicht wird in § 5 SGB V
geregelt.
Danach sind gem. § 5 Abs. 1 Nr. 9 SGB V
Studenten gesetzlich krankenversicherungspflichtig, und zwar bis zum Erreichen des 30. Lebensjahres bzw. bis zum Abschluss des 14. Fachsemesters. Soweit Sie diese Voraussetzung während der Zeit der Immatrikulation und des fortdauernden Studiums erfüllt haben, hätten Sie an sich nach dieser Regelung nach der Beendigung der Familienversicherung krankenversichert sein müssen. Weshalb dies von den gesetzlichen und den privaten Krankenversicherungen pauschal abgelehnt wurde, kann ich nach Ihren Angaben nicht nachvollziehen. Grundsätzlich bestand für Sie schon zu dieser Zeit die Krankenversicherungspflicht in der gesetzlichen Versicherung.
Daneben sind grundsätzlich auch die Personen gesetzlich krankenversichert, die Hartz IV beziehen (§ 5 Abs. 1 Nr. 2
a SGB V). Für diese Personen gilt allerdings der von Ihnen zitierte Ausschluss nach § 5 Abs. 5a SGB V
. Dieser Ausschluss bezieht sich auf HartzVI-Empfänger, die unmittelbar vor dem Leistungsbezug privatversichert oder weder privat noch gesetzlich krankenversichert waren UND zu den in Abs 5 oder § 6 Abs. 1 und 2 SGB genannten Personen gehören.
Das Wichtige ist hier das kleine Wort "und". Im Umkehrschluss bedeutet das nämlich, dass die Personen, die zwar vor Bezug von Hartz IV privatversichert oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren, ABER NICHT zu den in Abs. 5 oder § 6 Abs. 1 und 2 SGB V genannten Personen gehören, grundsätzlich in der gesetzlichen Krankenkasse zu versichern sind, wenn Leistungen aus Hartz IV bezogen werden.
Die in § 5 Abs. 5 SGB V
genannten Personen sind: hauptberuflich Selbständige. Dies dürfte auf Sie nach Ihren Angaben schon einmal nicht zutreffen, so dass dieser Ausschluss auf Sie nicht anzuwenden wäre.
Die in § 6 Abs. 1
und 2 SGB V genannten Personen sind u. a.: freiwillig versicherte Arbeitnehmer, Richter, Beamte, Zeit- und Berufssoldaten sowie sonstigte beihilfeberechtigte Beschäftigte bei Bund, Land und Kommunen, Studierende, die während des Studiums gleichzeitig gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, Geistliche, Lehrer an genehmigten Ersatzschulen, Diakonissen sowie Personen, die nach dem Krankheitsfürsorgesystem der Europäischen Gemeinschaften geschützt sind.
Nach meiner Einschätzung könnte ggf. nur der letzte Punkt vielleicht für Sie zutreffen, wenn Sie doch noch über eine ausländische Krankenversicherung geschützt wären. Dies wäre ggf. noch einmal gesondert anhand des bisherigen Versicherungsverhältnisses in der Familienversicherung zu prüfen, was aber im Rahmen dieses Forums nicht möglich sind.
Soweit Sie aber nicht zu dem aufgezählten Personenkreis gehören, müssten Sie eigentlich beim Bezug von Hartz IV gesetzlich krankenversichert werden. Dass Sie zuerst - noch während des Studiums - privat familienversichert waren und seit dem Ende der Familienversicherung weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren, ändert m. E. daran nichts. Die gesetzliche Krankenversicherung müsste beim Bezug von Hartz IV eigentlich automatisch von Gesetzes wegen auch für Sie eintreten.
Des weiteren wären Sie bei Arbeitslosigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V
ebenfalls gesetzlich krankenversicherungspflichtig, wenn Sie ALG I oder ALG II beziehen. Auch hier erkenne ich keine Gründe, warum diese Vorschrift nicht auf Sie anwendbar sein sollte.
Schließlich könnte ggf. auch noch § 5 Abs. 13
b SGB V für Sie anwendbar sein, da Sie derzeit keinen anderen Krankenversicherungsschutz haben und bislang - zumindest seit Ende der Familienversicherung - weder gesetzlich noch krankenversichert waren.
Der von der gesetzlichen Krankenversicherung vorgeschlagene Weg einer gesetzlichen Versicherungspflicht über einen 400-Euro-Job ist zwar sicherlich grundsätzlich möglich und zutreffend, doch halte ich diese Lösung im Hinblick auf die bestehende Schwangerschaft für nicht wirklich praktikabel.
Nach erster überschlägiger Prüfung und meiner ersten Einschätzung hätten Sie bereits als Studentin nach dem Ende der Familienversicherung gesetzlich krankenversichert werden können und müssen. Weshalb die Versicherung dies ablehnten, kann ich ohne die genaue Kenntnis der Ablehnungsschreiben nicht nachvollziehen. Nach Ihren Angaben kann ich aber keinen plausiblen Grund für die Ablehnung erkennen.
Gleichfalls müssten Sie jetzt wegen der Arbeitslosigkeit und ggf. bei Hartz IV-Bezug automatisch gesetzlich krankenversichert sein. Auch hier kann ich nach Ihren Angaben keinen Ausschlussgrund erkennen, nach dem keine Versicherungspflicht für Sie besteht, zumal Sie auch anderweitig nicht krankenversichert sind. Aber selbst wenn keine Versicherungspflicht nach § 5 SGB V
bestehen sollte, müsste zumindest die freiwillige Versicherung bei einer gesetzlichen Krankenversicherung möglich sein.
Weshalb die privaten Krankenversicherer die Krankenversicherung bei Ihnen ablehnten, kann ich ohne nähere Kenntnis der Ablehnungsschreiben und insbesondere der Begründungen für die Ablehnung ebenfalls nicht beurteilen. Allein die Schwangerschaft sollte aber nicht zu einer kompletten Ablehnung ausreichen. Auch hier müssten die Ablehnungen anhand der konkreten Begründung ggf. noch einmal von einem Kollegen vor Ort tiefergehend geprüft werden.
Nach meiner ersten Einschätzung besteht für Sie derzeit aber eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht kraft Gesetzes wegen der Arbeitslosgigkeit und des evtl. Hartz IV-Bezugs.An sich dürften Sie von den gesetzlichen Krankenkassen nicht einfach so abgelehnt werden. Wenn keine Versicherungspflicht bestünde, müssten Sie zumindest freiwillig bei den gesetzlichen Krankenversicherungen versichert werden können.
Sicherlich können Sie aber auch noch versuchen, den Weg über den 400-Euro-Job zu gehen, soweit Sie einen Arbeitgeber finden, der Sie in der doch fortgeschrittenen Schwangerschaft einstellt. U. U. ist dies der schnellste Weg, um kurzfristig gesetzlich krankenversichert zu sein.
Gleichzeitig sollten Sie vorsorglich auch den Antrag auf Hartz IV doch abgeben. Es wird dann beim Jobcenter automatisch auch die Frage der Krankenversicherungspflicht geklärt. Die Jobcenter würden Sie dann auch bei der gesetzlichen Krankenversicherung anmelden. Ich sehe hier eigentlich ganz gute Chancen, dass die Beurteilung des Jobcenters für Sie anders ausfällt, als die - m. E. unrichtigen - Aussagen der gesetzlichen Krankenkasse. Auf jeden Fall sollten Sie sich noch einmal diesbezüglich im Jobcenter beraten lassen.
Sofern Ihnen beim Jobcenter auch nicht weitergeholfen werden kann oder auch dort mitgeteilt wird, dass Sie nicht krankenversichert werden können - was eigentlich nach der Gesetzeslage unmöglich sein sollte - sollten Sie unbedingt die Ablehnungen der Krankenkassen noch einmal von einem Kollegen/einer Kollegin vor Ort eingehend prüfen lassen und ggf. auch anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, um Ihre Krankenversicherung durchzusetzen.
Ich wünsche Ihnen für Ihr weiteres Vorgehen viel Erfolg und hoffe, Ihnen eine erste Orientierungshilfe gegeben zu haben.
MIt freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
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Diese Antwort ist vom 06.01.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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