Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Frage möchte ich anhand Ihrer hier gemachten Angaben gerne wie folgt Stellung nehmen.
Eingangs muss ich darauf hinweisen, dass eine abschließende Beurteilung der Rechtslage ohne die Einsicht in den Kaufvertrag sowie ohne die Kenntnis der Gesamtumstände bei den Vertragsverhandlungen nicht möglich ist, so dass Ihnen in diesem Rahmen lediglich Grundsätzliches aufgezeigt werden kann, das Ihnen allerdings bereits weiterhelfen dürfte.
Ich gehe in der Annahme, dass der Verkäufer wusste, dass Sie selbst keine Händlerin sind, sondern beim Kauf als Verbraucherin aufgetreten sind. Daher liegt es nahe, dass der Verkäufer vorliegend arglistig gehandelt hat, als er Sie im Kaufvertrag wissentlich falsch als Händlerin aufgeführt hat.
Zum unternehmerischen Handeln führt der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 13.03.2013, Az. VIII ZR 186/12
, wie folgt aus.
„Unternehmerisches Handeln erfordert ein selbständiges und planmäßiges, auf gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen am Markt, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist. (…) Ist der Abschluss eines Vertrags aber weder der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit des Verkäufers zuzuordnen, liegt rein privates Handeln vor. Dabei ist das rechtsgeschäftliche Handeln einer natürlichen Person nach der Rechtsprechung des Senats mit Rücksicht auf den Wortlaut des § 13 BGB
grundsätzlich als Verbraucherhandeln anzusehen. Eine Zuordnung entgegen dem mit dem rechtsgeschäftlichen Handeln objektiv verfolgten Zweck kommt nur in Betracht, wenn die dem Vertragspartner bei Vertragsschluss erkennbaren Umstände eindeutig und zweifelsfrei darauf hinweisen, dass die natürliche Person in Verfolgung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt."
Soweit Sie beim Kauf als Verbraucherin aufgetreten sind, handelt es sich also um einen Verbrauchsgüterkauf, bei dem der Verkäufer die gesetzliche Gewährleistung allenfalls auf ein Jahr beschränken, jedoch nicht gänzlich ausschließen kann. Daher sollten Sie den Verkäufer dazu auffordern, den Vertrag entsprechend zu korrigieren und Sie im Kaufvertrag als Verbraucherin zu deklarieren.
Vom Kaufvertrag zurücktreten können Sie allerdings erst nach fehlgeschlagener Nacherfüllung, §§ 437 Nr. 1
, 439 Abs. 1
, 440 Satz 2 BGB
.
Es könnte ratsam sein, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB
anzufechten, soweit der Verkäufer Sie im Hinblick auf den Zahnriemen getäuscht hat und Sie ihm dies nachweisen können. Die Anfechtungsfrist beträgt ein Jahr ab Kenntnis des Anfechtungsgrundes, § 124 Abs. 1 BGB
. Zudem besteht grundsätzlich die Möglichkeit der Irrtumsanfechtung gem. § 119 BGB
, wobei dort die Anfechtungsfrist des § 121 Abs. 1 BGB
(unverzüglich) zu beachten ist. Die Anfechtungsmöglichkeiten bedürfen jedoch einer genaueren Erörterung und Prüfung des zugrunde liegenden Gesamtsachverhalts. Im Falle einer Anfechtung ist der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen, so dass die gegenseitig empfangenen Leistungen zurückzugeben wären.
Ich hoffe, zu Ihrer Frage verständliche Stellung genommen und Ihnen weitergeholfen zu haben. Mit einem Dank für das mir entgegengebrachte Vertrauen verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 06.07.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Ich bin als Privatperson aufgetreten, mein Lebensgefährte war dabei.
Da ich auf das Auto angewiesen bin, müsste ich ihn reparieren lassen damit ich weiterhin zur Arbeit komme.
Das kann ich ja nicht, wenn ich die Gewährleistungsregelung in Anspruch nehme, richtig? Denn der Verkäufer hat das Recht auf dreimalige Nacherfüllung oder?
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, zu der ich gerne wie folgt Stellung nehmen möchte.
Wenn Ihr Lebensgefährte bei den Vertragsverhandlungen anwesend war, kann dieser die Umstände im Hinblick auf Ihre Verbrauchereigenschaft und den entsprechenden Auftritt als Verbraucherin sicherlich bezeugen. Soweit es sich demnach um einen Verbrauchsgüterkauf handelt und Ihnen Gewährleistungsansprüche zustehen, empfehle ich Ihnen, den Verkäufer schriftlich unter angemessener Fristsetzung zur Nacherfüllung aufzufordern. Bitte beachten Sie, dass Sie idealerweise den Zugang des Aufforderungsschreibens auch nachweisen können sollten, d.h. etwa mittels Einschreiben mit Rückschein unter Hinzuziehung eines Zeugen, der den Inhalt des Schreibens und den Versand als Einschreiben mit Rückschein bezeugen kann. Nach fruchtlosem Fristablauf befindet sich der Verkäufer in Verzug, so dass Sie ab diesem Zeitpunkt einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung Ihrer rechtlichen Interessen beauftragen sollten. Die dann entstehenden Anwaltskosten können Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen von der Gegenseite als Verzugsschaden in Form der Rechtsverfolgungskosten erstattet werden. Nach Ablauf der gesetzten Frist zur Nacherfüllung können Sie bei Vorliegen eines Gewährleistungsfalles grundsätzlich die Nacherfüllung (Reparatur) selbst vornehmen beziehungsweise vornehmen lassen und die dafür aufgewandten Kosten als sog. Schadensersatz statt der Leistung vom Verkäufer ersetzt verlangen.
Nach § 440 Satz 2 BGB
gilt die Nacherfüllung grundsätzlich nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen. Ab diesem Zeitpunkt ist der Weg zu den weiteren Gewährleistungsrechten aus §§ 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB
eröffnet, so etwa zur Minderung, Schadensersatz und/oder Rücktritt vom Kaufvertrag.
Abschließend empfehle ich Ihnen, den Händler im Aufforderungsschreiben gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass die Tatsache, dass er Sie fälschlicherweise im Vertrag als Händlerin bezeichnet hat, aus Ihnen noch lange keine Unternehmerin macht. Vielmehr stehen Ihnen als (tatsächliche) Verbraucherin grundsätzlich trotzdem alle Rechte zu. Soweit Sie das Fahrzeug behalten möchten, sollten Sie generell von Überlegungen zur Anfechtung Abstand nehmen.
Zwar gehe ich aufgrund Ihrer Schilderung vorliegend von einem anderen Sachverhalt aus, jedoch möchte ich rein vorsichtshalber gerne auf das Urteil des Bundesgrichtshofes vom 22.12.2004, Az. VIII ZR 91/04
, hinweisen. In den dortigen Entscheidungsgründen führt der BGH wie folgt aus.
„Wer eine Sache von einem Unternehmer kaufen will, der zu einem Geschäftsabschluss mit einem Verbraucher nicht bereit ist, weil er keine Gewähr für die Kaufsache übernehmen will, darf sich den Schutz der ihn begünstigenden Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf nicht dadurch erschleichen, dass er sich gegenüber dem Unternehmer wahrheitswidrig als Händler ausgibt, um diesen zum Vertragsschluss zu bewegen. Verstößt er dagegen, so ist ihm die spätere Berufung darauf, er sei in Wahrheit Verbraucher, nach Treu und Glauben (sog. "venire contra factum proprium") verwehrt."
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Sollten Sie anwaltliche Hilfe benötigen, so stehe ich Ihnen gerne im Rahmen eines ordentlichen Mandatsverhältnisses zur Verfügung. Meine Kontaktdaten können Sie auf dieser Plattform einsehen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Daniel Özkara
Rechtsanwalt