Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ihre Frage verstehe ich so, dass beim Kauf der Immobilie zwei Probleme bestehen: zum einen das Zwangsversteigerungs- und zum anderen das Insolvenzverfahren des Eigentümers.
Dabei gehe ich davon aus, dass es sich vorliegend um ein Verbraucherinsolvenzverfahren handelt. Denn nur dort werden die Aufgaben des Insolvenzverwalters auch außerhalb des Restschuldbefreiungsverfahrens von einem Treuhänder wahrgenommen.
Ihre erste Frage betrifft nun das Problem, inwieweit der Treuhänder zu einem Verkauf befugt ist. Insoweit verweise ich auf § 313
der Insolvenzordnung (InsO). Nach dessen Absatz 3 ist der Treuhänder nicht zur Verwertung von Gegenständen berechtigt, an denen Pfandrechte oder andere Absonderungsrechte bestehen. Zu einer solchen abgesonderten Befriedigung sind nach § 49 InsO
Gläubiger berechtigt, denen ein Recht auf Befriedigung aus Gegenständen zusteht, die der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen unterliegen (unbewegliche Gegenstände). Nachdem ich davon ausgehe, dass es sich bei der im Sachverhalt genannten, in das Grundbuch eingetragenen "Schuld an Gläubiger über ca. 40.000 Euro" um eine Grundschuld handelt, liegt nach § 49 InsO
an der von Ihnen zu kaufenden Immobilie ein Absonderungsrecht vor.
Fraglich ist jedoch, ob man § 313 Absatz 3
i.V.m. § 49 InsO
zu auslegen muss, dass damit ein Verkauf ausscheidet. Entsprechend wird tatsächlich vertreten, dass der Treuhänder nicht zur freihändigen Veräußerung berechtigt sei. Dies verkennt aber meines Erachtens den Unterschied zwischen "Verwertung" (im Zwangsvollstreckungsverfahren) und "Veräußerung". In diesem Sinne hat das Landgericht Braunschweig mit Beschluss vom 01.04.2009 (Az. 8 T 262/09
) entschieden, dass der Treuhänder im Verbraucherinsolvenzverfahren grundsätzlich nicht gehindert sei, Gegenstände freihändig zu verkaufen, an denen Pfandrechte oder andere Absonderungsrechte bestehen. Eine Zustimmung der absonderungsberechtigten Gläubiger zu der freihändigen Veräußerung sei nur im Innenverhältnis vonnöten. Im Außenverhältnis wirke sich das Zustimmungserfordernis demgegenüber nicht aus. Ähnlich hat mit Beschluss vom 04.11.2011 das Oberlandesgericht Hamm (Az. 15 W 698/10
) entschieden.
Praktisch dürfte die Berechtigung des Treuhänders in Ihrem Fall nicht allzu problematisch sein, weil der Grundpfandrechtsgläubiger aus dem Kaufpreis in voller Höhe befriedigt werden kann.
Davon losgelöst ist natürlich die praktische Frage, wie viel Probleme Ihnen die bisherigen Eigentümer machen werden, bevor Sie die Immobilie tatsächlich in Besitz nehmen können.
Insoweit ist eine Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung, die Sie mit Ihrer zweiten Frage ansprechen, in der Praxis durchaus üblich. Eine entsprechende Klausel im Kaufvertrag könnte z.B. wie folgt formuliert sein: "Hinsichtlich der Verpflichtung zur Besitzübergabe und Räumung unterwirft sich der Verkäufer der sofortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde zugunsten des Käufers und ermächtigt den beurkundenden Notar, dem Käufer jederzeit eine vollstreckbare Ausfertigung dieser Urkunde auf Kosten des Käufers/Verkäufers zu erteilen. Eine Änderung der Beweislast wird hierdurch nicht vereinbart. Der guten Ordnung halber muss ich darauf hinweisen, dass diese Formulierung musterhaft ist und nicht die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Insoweit wird der Notar aber einen Vertragsentwurf vorlegen und diesen nach Ihren Wünschen anpassen.
Wenn die Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in dem Kaufvertrag enthalten ist, kann aus der Urkunde gemäß § 794 Absatz 1 Nr. 5
Zivilprozessordnung (ZPO) wie aus einem Urteil vollstreckt werden. Die Räumung könnte demnach durch den Gerichtsvollzieher durchgesetzt werden, ohne dass Sie vorher Klage einreichen müssen. Dies dient der Beschleunigung, ändert aber nichts daran, dass z.B. durch die Begründung von Mietverhältnissen mit Dritten vonseiten des bisherigen Eigentümers wieder eine Verzögerung erreicht werden kann. Zudem möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es aus Zwangsversteigerungsverfahren bekannt ist, dass Eigentümer, die wirtschaftlich nichts mehr zu verlieren haben, vor der Räumung noch das Haus beschädigen.
Hinsichtlich der dritten Frage, die ich dahin verstehe, ob für eine verspätete Übergabe des Kaufgegenstandes eine Vertragsstrafe gemäß § 341 BGB
oder ein pauschalierter Schadensersatz verlangt werden kann, habe ich in rechtlicher Hinsicht keine Bedenken. Hinzuweisen ist aber auf § 343 BGB
, nach dem eine unverhältnismäßig hohe Strafe auf Antrag des Schuldners durch Urteil auf einen angemessenen Betrag herabgesetzt werden kann. Bei einem Kaufpreis von 245.000 € wäre eine kalendertägliche Vertragsstrafe von 100 bis 200 € sicher vertretbar. Auch eine Aufrechnung mit dem Kaufpreis wäre denkbar. Ein praktisches Problem sehe ich aber darin, dass der Treuhänder im Interesse der Gläubiger möglicherweise nicht zum Abschluss einer solchen (bei Grundstückskaufverträgen auch eher unüblichen) Regelung bereit ist.
Nicht aus rechtlichen, sondern aus tatsächlichen Gründen empfehle ich Ihnen daher, über den Treuhänder hinaus auch das Gespräch mit dem Eigentümer zu suchen. Wenn dieser mit dem Kauf durch Sie und dem vereinbarten Übergabetermin einverstanden ist, können Sie sich viel Ärger sparen.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen und einen ersten Überblick gegeben zu haben.
Für die anstehenden Kaufvertragsverhandlungen und ggf. auch Gespräche mit dem (bisherigen) Eigentümer selbst wünsche ich viel Erfolg.
Mit besten Grüßen
Diese Antwort ist vom 26.03.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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