Sehr geehrter Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres ist nur in Fällen unzumutbarer Härte möglich. Nach der Rspr. handelt es sich hierbei um eine Vorschrift, die Ausnahmecharakter hat und eng auszulegen ist, weshalb hier strenge Voraussetzungen gelten. Die der unzumutbaren Härte zugrundeliegenden Voraussetzungen müssten Sie beweisen können. Selbst wenn das Verhalten Ihres Mannes eine solche Härte bedeutet hat, ist es immer fraglich, ob einem der entsprechende Beweis gelingt. Da ich nicht alle Details des Falles kenne, tendiere ich dazu, von einem solchen Vorgehen abzuraten, da es Ihnen ohnehin nichts nützen wird, wie ich weiter unten noch ausführen werde.
Gelingt Ihnen der Beweis der unzumutbaren Härte nicht, muss das Trennungsjahr abgelaufen sein. Vielfach wird angenommen, dass dies erst im Zeitpunkt des Gerichtstermins der Fall sein muss, der ja naturgemäß einige Monate nach Einreichen des Scheidungsantrags liegt. Das ist jedoch ein Irrtum, da dies nur bei einvernehmlichen Scheidungen gilt. Bei streitigen Scheidungen muss das Trennungsjahr breits im Zeitpunkt der Rechtshängigkeit abgelaufen sein (das ist der Zeitpunkt, in dem das Gericht den Scheidungsantrag der Gegenpartei zustellt). In Fällen, in denen zu befürchten steht, dass der eine Partner, dem anderen etwas Schlechtes will, ist hier immer höchste Vorsicht geboten.
Sie sollten daher im Zweifel das Trennungsjahr unbedingt abwarten, bevor Sie Scheidungsantrag stellen. Denken Sie auch daran, dass Sie den Zeitpunkt des Beginns des Trennungsjahres ebenfalls beweisen können müssen. Selbstverständlich können Sie bereits jetzt einen Rechtsanwalt damit beauftragen: Kommt dieser nach einer ausführlichen Besprechung des Falles zu dem Ergebnis, dass die unzumutbare Härte beweisen werden könnte, könnte er dann sofort tätig werden. Falls bei Ihnen ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gestellt werden soll, kann dieser ebenfalls vor Ablauf des Trennungsjahres eingericht werden (mit dem Vermerk, eine Entscheidung erst nach Ablauf zu treffen).
In Bezug auf die Rechtsverhältnisses des noch ungeborenen Kindes macht es leider keinen Unterschied, ob Sie jetzt oder in ein paar Monaten Scheidungsantrag stellen. Denn selbst, wenn Sie dies jetzt tun würden, würde sich das Verfahren zumindest 6 Monate, wenn nicht länger, hinziehen. Daher ist davon auszugehen, dass Sie erst im Laufe des Sommers geschieden werden würden. Denn im juristischen Sinne ist nach § 1992 BGB
Vater eines Kindes, wer im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist. Da die Geburt vor der Scheidung stattfinden wird, wird Ihr Noch-Ehemann tatsächlich zunächst einmal Vater des Kindes. Dies werden Sie in einem gesonderten Verfahren klären müssen, in dem die Vaterschaft Ihres neuen Partners geklärt werden muss.
Da dies jedoch nicht zu ändern sein wird, sollten Sie dann hinsichtlich der Scheidung den sichersten Weg wählen, um am Ende nicht unnötig Zeit und Geld zu verlieren. Dies ist meine erste Einschätzung des Falles. Da sich diese, wie gesagt, nach einer ausführlichen Besprechung ändern könnte, sollten Sie bereits jetzt einen Anwalt mit der Scheidung beauftragen und dem dies alles schildern.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben.
Diese Antwort ist vom 16.01.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Die unzumutbare Härte müsste doch eigentlich in meiner gesamten Beziehung begründet sein, sogar die Staaatsanwaltschaft hat umfangreiches Material an Drohbriefen seinerseits etc.. Anzeige läuft wegen Freiheitsberaubung, Nötigung und vieler anderer Dinge die sich während der gesamten Ehe abgespielt haben
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Das Jugendamt teilte uns aber mit, das es reichen würde, alleine schon den Antrag auf Scheidung gestellt zu haben oder ist dieses eine Fehleinschätzung der Mitarbeiter?
Sehr geehrte Fragestellerin,
zunächst möchte ich einen Tippfehler korrigieren. Maßgeblich für die Vaterschaft ist § 1592 BGB
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Inwieweit die Ihnen vorliegenden Unterlagen die unzumutbare Härte beweisen können, kann ich aus der Distanz, ohne die Unterlagen gesehen zu haben, nicht beurteilen. Auch dass ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren läuft, heißt ja noch nicht, dass er auch verurteilt werden wird. Ebenso denkbar ist, dass das Verfahren z.B. aus Mangel an Beweisen eingestellt werden wird.
Das Jugendamt selbst wird ja nicht die Vaterschaft feststellen können, da dies in die Zuständigkeit des Gerichts fällt. Sollte dem Jugendamt für deren Unterlagen jedoch der Scheidungsantrag selbst genügen, so werden Sie diesen ja auch nach Ablauf des Trennungsjahres noch vor der Geburt einreichen können.
Mit freundlichen Grüßen,
Lars Liedtke
Rechtsanwalt