Sehr geehrter Fragesteller,
Sie haben Recht, Arbeitgeber dürfen nicht zu Göttern erhoben werden; allerdings will dies in den allermeisten Fällen auch keiner wirklich. Zumeist kreisen die Fragen eher darum, was die Parteien eines Arbeitsverhältnisses konkret vereinbart haben - so auch in Ihrem Fall. Zu Ihren Fragen nehme ich wie folgt Stellung:
Zu 1.
Ohne genaue Kenntnis des Wortlautes Ihres Arbeitsvertrags lässt sich diese Frage leider nicht eindeutig beantworten.
Grundsätzlich ist der abgeschlossene Arbeitsvertrag und die darin enthaltenen Regelungen bindend, soweit sie die gegenseitigen Hauptleistungspflichten betreffen, also Gehaltszahlung einerseits und welche Art von Tätigkeit an welchem Ort und auf welche Weise und zu welcher Zeit geschuldet wird.
Hier gilt der Grundsatz: Diese Bestandteile sind nicht einseitig gegen den Willen des Vertragspartners änderbar. Je präziser die Beschreibung im Arbeitsvertrag formuliert ist, desto schwieriger wird es, davon einseitig abzuweichen.
Aber wie bei jedem Grundsatz können auch hier u.U. gewisse Umstände Ausnahmen zulassen. Wenn der Arbeitgeber sich z.B. im Arbeitsvertrag vorbehält, Ihnen bei Bedarf und betrieblicher Notwendigkeit ohne weiteres eine andere zumutbare Tätigkeit an einem anderen Ort und zu anderen Zeiten zuzuweisen - man spricht insoweit von einer Versetzungsklausel - stellt sich die Frage danach, OB eine solche anderweitige Zuweisung zulässig ist, nicht mehr. Die Frage verlagert sich dann schwerpunktmäßig auf das WIE, nämlich dahin, ob die andere Tätigkeit zumutbar ist oder nicht. Bei der Beantwortung dieser Frage können viele Faktoren eine Rolle spielen, wie z.B. Ausbildung, Fähigkeiten, bisherige Tätigkeit und Befugnisse, Leitungsfunktionen etc.
Ohne nähere Kenntnis der Umstände und Enzelheiten vermag ich allerdings in Ihrem Fall nicht zu beurteilen, wie eine Zuordnung an den "Plastic Application Manager" im Verhältnis zu einer Zuordnung an den "Manager Application sales and product management" zu bewerten ist. Hinzu kommt, dass es sich dabei um eine Bewertung handelt, die - anders als eine mathematische Rechenaufgabe - selten nur eine einzige richtige Lösung kennt: Wertungsfragen lassen bei ihrer Beantwortung immer gewisse Spielräume zu, auch anders entscheiden zu können.
Fehlt es in Ihrem Vertrag an einer solchen Versetzungsklausel, müsste geprüft werden, ob die Zuweisung der anderen Tätigkeit gleichwohl noch durch das arbeitgeberseitige Direktionsrecht gedeckt ist - dann wäre Ihr Arbeitgeber im Recht - oder schon darüber hinaus geht. Auch hierbei geht es wieder um den genauen Wortlaut des Arbeitsvertrages. Dieser müsste daher genau geprüft werden, was im Rahmen dieses Forums jedoch leider nicht möglich ist. Ich schlage vor, dass Sie mir eine Kopie Ihres Vertrags zur Prüfung zuschicken. Die Postanschrift finden Sie am Ende meiner Antwort.
Zu 2.
Ob dies als Arbeitsverweigerung zu bewerten ist oder nicht, hängt letztlich von der Beantwortung der ersten Frage ab. Ist Ihr Arbeitgeber im Recht, wäre es tatsächlich Arbeitverweigerung.
Zu 3.
Auch die Frage der Berechtigung der erteilten Abmahnung hängt im Wesentlichen mit der Beantwortung der ersten und zweiten Frage zusammen. Ist die Arbeitsverweigerung unberechtigt, weil Ihr Arbeitgeber Sie zulässigerweise in eine andere Organisattionsstruktur versetzt, darf Ihr Arbeitgeber Sie abmahnen. Ist die Abmahnung unberechtigt, haben Sie grundsätzlich drei Möglichkeiten:
Sie können entweder
- zunächst gar nichts machen; die Abmahnung wandert dann in Ihre Personalakte; kommt es später zu einer Kündigung aus einem ähnlichen Grund, erlangt die Abmahnung Bedeutung im Rahmen eines von Ihnen dann zu führenden Kündigungsschutzverfahrens: Sie können dann die Berechtigung dieser Abmahnung bestreiten und das Gericht müsste dann (auch) dieser Frage nachgehen; stellt sich dann heraus, dass die Abmahnung unberechtigt war, haben Sie gute Aussichten, das Kündigungsschutzverfahren zu gewinnen;
- oder Sie schreiben eine Gegendarstellung und verlangen von Ihrem Arbeitgeber, dass er diese zu den Akten nimmt; der Arbeitgeber muss die Gegendarstellung dann hinte die Abmahnung zur Personalakte nehmen, sofern er nicht nach der Gegendarstellung ohnehin die Abmahnung von sich aus entfernt;
- oder Sie klagen auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte; das Arbeitgericht müsste dann prüfen, ob die Abmahnung berechtigt ist oder nicht.
Welche der Möglichkeiten in Ihrem Fall die beste ist, lässt sich jedoch nur dann sicher beurteilen, wenn die erste Frage geklärt ist. Tendenziell ist es allerdings so, dass man in Abmahnfällen eher zu der ersten oder zweiten Möglichkeit greift. Denn was hindert einen Arbeitgeber, eine möglicherweise unwirksame Abmahnung sofort durch eine neue, dann möglicherweise wirksame Abmahnung zu ersetzen?
Wenn Sie mich mit der Prüfung Ihres Arbeitsvertrages betrauen möchten, schicken Sie mir eine Kopie bitte an folgende Anschrift:
Domernicht v. Bredow Wölke
Rechtsanwälte
Bismarckstr. 34
50672 Köln
T: 0221/283040
F: 0221/2830416
email: v.bredow@dvbw-legal.de
Mit freundlichen Grüßen
Fenimore v. Bredow
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht