Sehr geehrter Ratsuchender,
besten Dank für die Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes gerne wie folgt beantworten möchte.
1. Bin ich verpflichtet, die PKV über die Zahlung einer BU-Rente zu informieren?
Weder nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) noch nach den Musterbedingungen der PKV (MB KK) müssen Sie der PKV die Leistungen aus der BU anzeigen.
Allerdings normiert § 9 Abs. 2 MB KK 1994, dass auf Verlangen des Versicherers der Versicherte jede Auskunft zu erteilen hat, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist.
Das setzt aber ein Handeln des Versicherers von sich aus voraus.
2.a. Nach § 15 lit. b MB KT 1994 endet das Krankentagegeld bei Leistungen aus der BU. Der BGH sieht ein Ende des KTG vor, wenn dies in den Bedingungen entsprechend vorgesehen ist (BGH v. 5.2.1997 - IV ZR 67/96
).
2.b Soweit die BU rückwirkend gezahlt wird entfällt auch rückwirkend das Krankengeld.
Der KTG-Versicherer kann das KTG zurückfordern, wenn er in Unkenntnis der eingetretenen BU geleistet hat (Voit/Neuhaus, Berufsunfähigkeitsversicherung, S. 29).
Wann genau dieser Zeitpunkt ist, ist umstritten. Nach der herrschenden Meinung gilt erst der Zeipunkt ab Erhebung des medizinischen Befundes (OLG Düsseldorf v. 13.01.1998 - 4 U 207/96
; OLG Hamm v 5.7.1991 - 20 U 310/90
; OLG Hamburg r + s 1994, 110
, 112).
Wann der Befund das erste mal erhoben wurde, teilen Sie nicht mit.
§ 15 MB KK ist in diesem Punkt auch nicht eindeutig, so dass nach AGB-Recht diese Norm eine rückwirkende Erstattungspflicht nicht gegeben ist (Voit/Neuhaus, a.a.O, S. 30).
c. Im Regelfall wird die BU durch einen Arzt Ihrer Wahl festgestellt, der mit der PKV abrechnet. Der BU Versicherer wird im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens einen eigenen Gutachter bestellen.
3. Wenn Pkt. 2 nicht zutrifft: Wenn ich weiterhin AU bin, muss die PKV weiterhin KTR leisten?
Wenn die Klausel in Ihrem Vertrag undeutig ist, ergibt sich eine Erstattungspflicht einserseits nicht. Andererseits betrifft dies die rückwärtige Leistungserbringung.
Ab Zeitpunkt der Zahlung der BU-Rente darf der PKV-Versicherer die Leistung verweigern. Dies folgt aus dem Gedanken, dass die Arbeitsunfähigkeit Durchgangsstadium zur Berufsunfähigkeit ist.
Aber nach der Rechtsprechung endet die Leistungspflicht aber nicht automatisch (BGH v. 26.2.1992 IV ZR339/90).
4. Urteile
Das Urteil des LG Essen geht im Wesentlichen davon aus, was ich bereits oben mitgeteilt habe, dass der § 15 MB KK eine Rückforderung nicht hergibt und somit positiv für Sie wäre.
Das Urteil des SG Trier ist nicht direkt vergleichbar, da hier zwei Leistungssysteme, die GKV und die private BU gegenüber stehen. Hier besteht im SGB X eine planwidrige Regelungslücke, die bei Leistungen einer privaten Versicherung der GKV keine Handhabe gibt, geleistete Krankentagegeldleistungen zurück zu fordern.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben haben zu können.
Bitte bedenken Sie, dass meine Einschätzung ausschließlich auf Ihren Angaben beruht.
Diese Antwort ist vom 22.10.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für Ihre Antwort:
Folgende Verständnisfrage habe ich:
Zu 2b) Die BU-Versicherung hat mich nicht zu einem Gutachter geschickt. Sie hat ihre Leistungspflicht im Oktober eingeräumt auf Basis des Berichtes meines behandelnden Arztes. Darin wird aber eine Berufsunfähigkeit nicht explizit erwähnt.
Wenn also die Anerkennung der Leistungspflicht durch die BU-Vers. im Oktober erfolgte, entspricht das auch dem Datum des Befundes?
Somit könnte meine PKV die Leistungen erst ab Oktober 2012 (plus evtl. 3 Monate Karenzzeit, also ab Januar 2013) einstellen?
Sehr geehrter Ratsuchender,
Ihre Nachfrage möchte ich gerne wie folgt benantworten:
Wie bereits oben mitgeteilt, stellt die herrschende Meinung in der Rechtsprechung auf den Zeitpunkt der Befunderhebung ab. (OLG Düsseldorf v. 13.01.1998 - 4 U 207/96
; OLG Hamm v 5.7.1991 - 20 U 310/90
; OLG Hamburg r + s 1994, 110
, 112).
Demnach also der Zeitpunkt, wonach die BU festgestellt worden ist.
Nun werden oftmals Karenzzeiten vereinbart, was sich auf den zu zahenden Tarif auswirkt. Effektiv wird dann keine BU-LEistung erbracht, so dass der Versicherungsnehmer in eine Leistungslücke zu geraten droht, so dass der VN hier als schützenswert anzusehen ist.
Sinn und Zweck von KTG ist es, den VN (analog des Krankengeldes zu anderen Leistungen in der Sozialversicherung) vor einer Leistungslücke zu bewahren, weshalb es von einigen BU-Versicherern Kombiangebote gibt.
Eine Rechtsprechung hierzu hab ich nicht gefunden aber es ist anzunehmen, dass in einer für die BU aufgrund einer Karenzzeit leistungsfreien Zeit weiter Krankengeld zu gewähren ist.
Abschließend möche ich aber noch darauf hinweisen, dass durchaus die Möglichkeit besteht, da ich Ihren PKV Vertrag, den ich nicht kenne, eine Klarstellungsklausel zu § 15 MB KK enthalten sein kann.
So sagt das LG Rostock (LG Rostock: Entscheidung vom 31.08.2005 - 10 O 53/05
) "da zumindest an dieser Stelle einer Vertragsbedingung, die zum einen die MB/KT und zum anderen weitere Bedingungen aufführt, nicht mehr mit abweichenden Regelungen zu § 15 b) MB/KT rechnen muss, die die Grundlagen der Norm in beachtlichem Maße außer Kraft setzen würden."
Das bedeutet, dass es in diesem Fall eine Klarstellungsklausel zu § 15 MB KK gegeben hat mit der Konsequenz, dass das KTG für den Zeitraum des Bezuges einer BU-Rente zurückgefordert werden konnte.
Sie sollten also Ihren Vertrag einer weiteren Überpüfung unterziehen lassen.
Ich hoffe, Ihre Nachfrage verständlich beantwortet haben zu können.
Mir freundlichen Grüßen
Michael Grübnau-Rieken LL.M., M.A.
Rechtsanwalt