Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund der von Ihnen gemachten Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes nunmehr wie folgt summarisch beantworten möchte:
Aufgrund Ihrer Angaben gehe ich zunächst davon aus, dass Ihr Arbeitsverhältnis nicht gekündigt oder aufgelöst wurde, sondern trotz Insolvenzverfahrens unverändert fortbesteht. Grundsätzlich hat die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens keine Auswirkungen auf Bestand und Inhalt des Arbeitsverhältnisses. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens geht gemäß § 80 Abs. 1 InsO das Verwaltungs – und Verfügungsrecht vom Arbeitgeber auf den Insolvenzverwalter über. Dieser übernimmt kraft Gesetzes die Arbeitgeberfunktion mit allen damit zusammenhängenden Rechten und Pflichten, gleichgültiger auf welcher Regelung sie beruhen. Dies gilt auch für die sozialversicherungs – und lohnsteuerrechtlichen Verpflichtungen.
Dementsprechend gehe ich davon aus, dass Ihr zukünftiger Ansprechpartner der Insolvenzverwalter sein wird. Dementsprechend haben Sie weiterhin Ihre Arbeitspflicht zu erbringen und erhalten hierfür die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung.
Das Arbeitsamt wäre dagegen nur dann Ansprechpartner für Sie, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wäre und Sie noch einen Anspruch auf Arbeitsentgelt hätten, welcher auf den letzten drei Monaten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beruht (§ 183 SGB III). In diesem Fall hätten Sie die Möglichkeit, das sog. Insolvenzgeld bei der für Sie zuständigen Agentur für Arbeit zu beantragen. Ebenso wäre es dann möglich, gemäß § 186 SGB III einen Vorschuss zu beantragen.
Aufgrund Ihrer Angaben gehe ich jedoch davon aus, dass der Insolvenzverwalter Ihr Ansprechpartner ist. Welche Befugnisse und Zuständigkeiten der Insolvenzverwalter in diesem Fall konkret hat, kann nicht beurteilt werden. Entscheidend dabei ist, ob Ihrem Arbeitgeber ein Verfügungsverbot auferlegt wurde oder nicht.
Hinsichtlich des Arbeitgeberdarlehens gilt, dass Sie dieses tatsächlich zurückzuzahlen haben, da die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nichts an den getroffenen Abreden ändert. Dieses Darlehen müssen Sie nach dem bisherigen Kenntnisstand an den Insolvenzverwalter leisten. Allerdings dürfte zu beachten sein, dass Sie Ratenzahlungen mit Ihrem Arbeitgeber vereinbart haben. Unter Umständen stünde Ihnen im Übrigen ein Zurückbehaltungsrecht zu, wenn Sie Ihrerseits Ihre Leistungen nicht erhalten. Dies kann aber nicht abschließend beurteilt werden.
Bezüglich der Überstundenabgeltung ist die Aussage des Insolvenzverwalters nach erster Einschätzung zutreffend. Sämtliche Forderungen auf rückständiges Arbeitsentgelt aus der Zeit vor Insolvenzeröffnung (Hier: 17.04.2008) sind als Insolvenzforderungen i.S.d. § 38 InsO einzuordnen, dh die Überstundenvergütung ist als einfache Insolvenzforderung zu betrachten, so dass diese Forderungen wie die Forderung der übrigen Gläubiger nur quotal zu befriedigen ist. Die Forderungen sind beim Insolvenzverwalter anzumelden.
Lohn- und Gehaltsansprüche für die Zeit nach Verfahrenseröffnung sind Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Diese werden zunächst weiterhin aus der Masse bedient.
Entscheidend für die Beurteilung, ob es sich um Insolvenzforderungen oder um Masseverbindlichkeiten handelt, ist die Frage, wann der Anspruch entstanden ist, wann also der Arbeitsentgeldanspruch erarbeitet worden ist. Nach Ihren Angaben wurde der Anspruch im März erarbeitet und dürfte dementsprechend den Insolvenzforderungen, mit der damit verbundenen negativen Folge, unterfallen. Dementsprechend werden Sie, nach erster Einschätzung, wahrscheinlich nur einen Bruchteil Ihrer Überstundenvergütung erhalten.
Die Direktversicherung dürfte ein Lebensversicherungsvertrag darstellen, welcher Ihr Arbeitgeber für Sie als Versicherungsnehmer abgeschlossen hat. Damit wäre die Versicherung als lohnsteuerrechtlicher Arbeitslohn zu betrachten, so dass der Insolvenzverwalter, sollte Ihr Arbeitsverhältnis weiterhin bestehen, hierfür zuständig wäre. Dementsprechend sollten Sie nochmals das Gespräch zu dem Insolvenzverwalter suchen.
Des Weiteren sollten Sie auch die Versicherung davon in Kenntnis setzen, dass Ihr Arbeitgeber ein Insolvenzverfahren eingeleitet hat und Sie sich insoweit kurzfristig um Aufklärung bemühen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben konnte. Im Rahmen dieses Forums kann stets nur eine erste Einschätzung des Sachverhalts erfolgen.
Abschliessend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass durch das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts anders ausfallen kann. Im Falle von Unklarheiten machen Sie bitte von der kostenlosen Nachfragefunktion Gebrauch.
Mit freundlichen Grüßen
Miriam Helmerich
Rechtsanwältin