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Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre online-Anfrage, zu der ich wie folgt Stellung nehme:
Gegenüber dem Eröffnungsantrag des Finanzamtes können Sie keinen „Antrag auf einstweilige Anordnung der Rücknahme des Insolvenzantrages“ stellen. Einen solchen Antrag sieht die Insolvenzordnung nicht vor. Falls das Finanzamt auf Ihre Einwände hin, den Antrag nicht freiwillig zurücknimmt, werden Sie als Schuldner nur einen Antrag auf Zurückweisung des Gläubigerantrages stellen können.
Zur Begründung des Zurückweisungsantrages können Sie alle Einwendungen gegen die Zulässigkeit oder Begründetheit des Eröffnungsantrages vorbringen. Zwar wird kaum das rechtliche Interesse des Finanzamtes in Frage zu stellen sein - der Antrag auf Zurückweisung des Gläubigerantrages läßt sich jedoch ggf. damit begründen, dass die dem Insolvenzantrag zugrunde liegende Forderung nicht besteht bzw. nicht mehr besteht. Insofern werden Sie auf die Begründung Ihres Einspruchs Bezug nehmen können und sollten ggf. weitere Umstände vortragen, die der Steuerforderung entgegenstehen. Nachdem der Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung des Steuerbescheides von dem zuständigen Finanzgericht zurückgewiesen wurde, wird allerdings der Einwand, die dem Insolvenzantrag zugrunde liegende Forderung sei zurzeit nicht durchsetzbar, unbegründet sein.
Gelingt es Ihnen als Schuldner Tatsachen durch Beweismittel glaubhaft zu machen, welche die Darstellung des Gläubigers ernstlich in Frage stellen bzw. aus dem Vorbringen der Parteien erkennbar ist, dass nur durch eine eingehende Aufklärung des Sachverhalts oder durch die Beantwortung von Rechtsfragen festgestellt werden kann, ob die Forderung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit besteht, dann wird das Insolvenzgericht den Antrag des Finanzamtes zurückweisen. Denn es gehört nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des Insolvenzgerichtes, den Bestand ernsthaft bestrittener, rechtlich zweifelhafter Forderungen zu überprüfen (Münch-Komm-InsO/Schmahl, § 14 Rn. 20, 21). Sie sollten allerdings beachten, dass die Beweismittel für das Gericht sofort verfügbar sein müssen.
Ich hoffe, Ihnen eine hilfreiche erste Orientierung gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Petry-Berger
Rechtsanwältin
Nachfrage vom Fragesteller
12.05.2008 | 09:02
Guten Tag,
für Ihre Antwort herzlichen Dank. Nach hM kann der Antrag des FA jedoch mit einer Leistungsklage vor dem Finanzgerichten angefochten werden. Insoweit muss es auch die Möglichkeit des kurzfristigen Rechtsschutzes geben, da im Fall einer Eröffnung durch das Insolvenzgericht und einem Obsiegen bei FG dennoch alles ins Leer liefe.
Gibt es für das Handeln des FA keine Durchführungsverordnung?
Antwort auf die Nachfrage vom Anwalt
13.05.2008 | 00:00
Sehr geehrter Fragesteller,
außerhalb der Insolvenzordnung, auf die sich meine Antwort vom 11.05.2008 ausschließlich bezog, bestehen gegenüber dem Insolvenzantrag des Finanzamtes grundsätzlich Rechtsschutzmöglichkeiten nach der FGO. Vorläufiger steuerrechtlicher Rechtsschutz mit dem Ziel der Rücknahme des Eröffnungsantrages kann im Wege einer einstweilige Anordnung i. S. d. § 114 Abs. 1 Satz 1 FGO unter der Vorrausetzung erreicht werden, dass Sie als Antragsteller einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund darlegen und glaubhaft machen können. Ein Anordnungsanspruch besteht, wenn der Insolvenzantrag unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Sachumstände als rechtswidrig anzusehen ist. Ein Anordnungsgrund setzt voraus, dass die einstweilige Anordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die steuerrechtliche Rechtswidrigkeit des Insolvenzantrages ist allerdings nur im Rahmen des § 102 FGO gerichtlich überprüfbar, da es sich um eine Ermessensentscheidung des FA handelt ( § 5 AO). Für die Erfolgsaussichten einer einstweiligen Anordnung werden folgende tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen maßgeblich sein:
Aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung sind Steuerrückstände in Höhe von rund EUR 118.000,- rückständig. Weiterhin war die Einzelzwangsvollstreckung des FA bislang erfolglos. Aus diesem Grunde wird die Zahlungsunfähigkeit im Sinne von § 17 InsO voraussichtlich zu bejahen sein. Weiterhin wird unerheblich sein, dass die Einspruchsentscheidung noch aussteht. Denn entscheidend ist zunächst nur, dass die rückständigen Beträge auf vollziehbaren Bescheiden beruhen. Dies ist nach Abweisung des Antrags auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung der Fall, wenn darüber hinaus kein Stundungsantrag oder ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub gestellt wurde.- Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wird deshalb nicht vorliegen, weil § 91 Abs. 1 AO mangels eines Verwaltungsaktes nicht einschlägig ist. - Schließlich ist zu überprüfen, ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wurde. Dem wird voraussichtlich erfolgreich entgegengehalten werden können, dass das FA die Einzelzwangsvollstreckung bislang erfolglos durchgeführt habe. Ein Ermessensfehlentscheidung liegt allerdings dann vor, wenn für das FA feststand, dass eine die Kosten deckende Insolvenzmasse nicht vorhanden ist, da in einem solchen Fall der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur der Existenzvernichtung des Steuerschuldners dienen würde.
Da der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Vollstreckungsmaßnahme darstellt, hat die Finanzbehörde die Vollstreckungsanweisung ( VollstrA) in der seit 1.1.2002 geltenden Fassung (Art. 1 Ziffer 19 sowie Art. 3 der Vierten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Vollstreckungsanweisung vom 18.9.2001, BStBl I 2001,605 ff.) zu beachten.
Mit freundlichen Grüßen
RA Petry-Berger