Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Aus Ihren Angaben wird ersichtlich, dass Sie als Eigentümer eines Wohnhauses einen notariell beurkundeten Kaufvertrag geschlossen haben, mithin das Wohnhaus an den Käufer bereits gemäß §§ 433, 311b BGB verkauft haben. Ihrer Sachverhaltsschilderung entnehme ich, dass Sie jegliche Gewährleistung ausgeschlossen haben, lediglich die Haftung bei arglistiger Täuschung und bei Verschweigen von Mängeln, die einen Unterfall der arglistigen Täuschung darstellt, bleibt bestehen. Diese kann aufgrund gesetzlicher Vorschriften grundsätzlich auch gar nicht ausgeschlossen werden. Bezüglich der Rücktrittsklausel verstehe ich es so, dass Sie gar keine Rücktrittsklausel in den Vertrag aufgenommen haben. Sie haben die Rücktrittsmöglichkeit also nicht ausgeschlossen.
Hier ist Ihre Sachverhaltsschilderung ein wenig widersprüchlich. Es kommt sehr auf den vertraglichen Wortlaut an. Hätten Sie nämlich jegliche Gewährleistung ausgeschlossen, was in notariellen Kaufverträgen üblich ist, so wäre davon auch ein Rücktrittsrecht regelmäßig umfasst. Das bedeutet, mit diesem Inhalt ist grundsätzlich einmal ein verbindlicher und wirksamer Kaufvertrag zustande gekommen, wenn er der Form des § 311b BGB entspricht.
Dieser ist für beide Parteien verbindlich. Sie sind zur Auflassung und Eintragung nach § 925 BGB und der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises und der Abnahme gemäß § 433 Abs. 2 BGB verpflichtet. Das sind die primären Leistungspflichten.
Sollten nun Störungen dieses primären Leistungsverhältnisses eintreten, könnten möglicherweise Gewährleistungsansprüche nach §§ 434, 437 bzw. §§ 280 ff. BGB geltend gemacht werden.
Ob nun ein vertraglicher Zusatz vereinbart wird, der notariell beurkundet wird, steht im Belieben beider Parteien. Ein wirksamer Kaufvertrag, aufgrund dessen der Käufer zur Zahlung des Kaufpreises verpflichtet ist, besteht bereits, so dass Sie, wenn so etwas im „ersten" Kaufvertrag nicht vereinbart wurde, keine Pflicht zum Abschluss weiterer Vereinbarungen haben. Sie können auf die Einhaltung des Kaufvertrags bestehen. In diesem haben Sie laut Ihrer Angaben einen wirksamen Gewährleistungsausschluss geregelt, wenn ich Ihre Sachverhaltsschilderung richtig verstanden habe.
Was die Absicherung gegen ein Kosten- und Prozessrisiko angeht, haben Sie doch einen Notar mit der Beurkundung des Kaufvertrags beauftragt. Ich gehe davon aus, dass dieser Ihren Interessen im Vertrag voll Rechnung getragen hat.
Es steht natürlich auch grundsätzlich in Ihrem Belieben, wenn es Ihrem Willen entspricht, dem Käufer einen Rücktritt vom Vertrag anzubieten, eine Pflicht hierzu haben Sie aber nicht.
Noch einmal konkret auf Ihre Fragen bezogen:
-Da ein notariell beurkundeter Kaufvertrag über das Wohnhaus abgeschlossen wurde, sind Sie grundsätzlich zur Erfüllung Ihrer Leistung verpflichtet, also zur Übereignung und Übergabe nach § 433 Abs. 1 BGB in Form der Auflassung und Eintragung nach §§ 873, 925 BGB.
-Ein Rücktrittsrecht nach im Sinne des §§ 434, 437 Nr. 2, 323, 324, 326 BGB würde Ihnen nur zustehen, wenn Sie den Rücktritt erklären, ein Rücktrittsgrund besteht und der Rücktritt nicht ausgeschlossen ist.
Die Abgabe der Rücktrittserklärung steht in Ihrem Einfluss. Grundsätzlich bedarf die Ausübung der Gestaltungsrechte (Rücktritt, Anfechtung) nicht der Form des § 311b Abs. 1 BGB (Palandt, Heinrichs, § 311b, Rn. 17), da die Verpflichtung zur Rechtsveräußerung kraft Gesetzes und eben nicht aufgrund des Vertrags entsteht, was § 311b BGB jedoch voraussetzt. Es ist Ihnen daher freigestellt, ob Sie einen Rechtsanwalt und Notar mit der Rücktrittserklärung beauftragen. Zuvor müsste wirksam eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt werden, da ein Rücktritt sonst nicht ausgeübt werden kann.
Ein Rücktrittsgrund müsste in Form einer Pflichtverletzung, beispielsweise eine Mangels vorliegen, wobei ein Mangel wohl ausscheidet, da Sie ja der Verkäufer der Kaufsache sind. Die Gegenseite müsste also eine anderweitige Pflichtverletzung begangen haben. Die lediglichen Unklarheiten, die möglicherweise in Form des heutigen Kosten- und Prozessrisikos bestehen, dürften eine solche Pflichtverletzung nicht begründen. Sie konnten ja die Vertragsverhandlungen beeinflussen und hatten es in der Hand, genau dieser Kosten- und Prozessrisiken durch vertragliche Gestaltungen gerade zu vermeiden, insbesondere unter Mithilfe des Notars. Sollten diese vertraglichen Regelungen versagen, stellt das deutsche Recht eben die gesetzlichen Regelungen zu Verfügungen, die dann greifen. Das heißt, die Pflicht zur Übergabe, der Rücktritt und die Unklarheiten über die Risiken hängen hier unmittelbar zusammen. Eien Weigerung der Kaufpreiszahlung könnte beispielsweise eine solche Pflichtverletzung begründen.
Ein Gläubiger kann gemäß § 323 Abs. 4 BGB zwar bereits vor Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden. Jedoch ist eine solche Offensichtlichkeit Ihren Angaben nicht zu entnehmen.
Der Rücktritt nach § 323 BGB ist gemäß § 323 Abs. 6 BGB außerdem ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
-Die Aufteilung der angefallenen Kosten richtet sich höchstwahrscheinlich nach dem Inhalt Ihres Vertrags. Zwar können derartige Kosten grundsätzlich im Sinne des § 249 BGB als Schaden erstattungsfähig sein, jedoch ist eine Pflichtverletzung die Voraussetzungen für einen solchen Schadensersatz, die auch für ein Rücktrittsrecht erforderlich ist. Da wie bereits oben ausgeführt ein Rücktrittsgrund laut Ihrer Angaben nicht vorliegen dürfte, mangelt es ebenfalls an einer Pflichtverletzung für einen Schadensersatzanspruch, wenn der Vertrag von der Gegenseite ordnungsgemäß erfüllt wird.
-Ihre letzte Frage hatte ich bereits im Zusammenhang mit dem Rücktritt oben ausgeführt.
Ich kann Ihnen aufgrund der häufig komplexen Sachverhalte im Zusammenhang mit Kaufverträgen zu Wohnhäusern nur dringend empfehlen, einen Rechtsanwalt bei Ihnen vor Ort zu kontaktieren. Denn ohne die Durchsicht Ihres notariell beurkundeten Kaufvertrags ist lediglich eine rudimentäre Einschätzung der Rechtslage möglich, die relevante Details möglicherweise außer Acht lässt und zu einer falschen Einschätzung führt.
Zwar kann durch die Onlinerechtsberatung eine erste und vorläufige Einschätzung gegeben werden, jedoch eignet Ihr Fall sich grundsätzlich nur für ein persönliches Gespräch beim Rechtsanwalt. Dieser wird Ihre Unterlagen im Hinblick auf alle dort enthaltenen Klauseln prüfen und feststellen können, ob noch ein Rücktrittsrecht in Betracht kommt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Anfrage im Rahmen einer ersten Einschätzung behilflich sein. Diese ersetzt jedoch wie gesagt keine persönliche Beratung durch einen Kollegen vor Ort.
Gerne stehe ich Ihnen im Rahmen der Nachfragefunktion zur Verfügung, soweit noch Unklarheiten bestehen.
Mit freundlichen Grüßen