Sehr geehrte Ratsuchende,
daß der Hartz IV Bezieher kein eigenes Vermögen haben darf, liegt auf der Hand und ist auch von Ihnen schon so zitiert worden. Öffentliche Leistungserbringungen setzen also die Bedürftigkeit voraus und sind Ausfluss des Sozialstaates.
Genau so wenig, wie in Eheverträgen die Unterhaltspflicht einer Ehefrau mit Kindern ausgeschlossen werden kann ( für den Fall der Trennung ), kann beim Bezug von Hartz IV Geldern der Rückgriff der Sozialkassen nicht verhindert werden. Beide Fälle sollen dafür sorgen, daß nicht sehenden Auges eine Bedürftigkeit entsteht, die später vom Staat zu bezahlen wäre.
Jedwede Regelung im Schenkungsvertrag wäre insoweit unwirksam. Dies wäre ein Vertrag mit einer ungünstigen Rechtsgestaltung zulasten der Sozialkassen.
Das Schonvermögen würde Ihnen verbleiben, was jedoch als geringer Betrag anzusetzen wäre. Jedweder Vermögenswert, der gepfändet werden könnte, würde aber angerechnet oder verwertet werden. Eine Gestaltungsmöglichkeit sehe ich im Hinblick auf eine Zugriffserschwernis der Sozialkassen hier leider nicht.
Mit besten Grüssen
Fricke
RA
Rückfrage vom Fragesteller
06.09.2019 | 08:12
Sehr geehrter Herr Fricke,
Danke für Ihre Antwort! Warum schreibt dann Harald Thome (Leitfaden ALG II/Sozialhilfe, Ausgabe 2019/2020), S. 534): "Nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, wenn der Inhaber in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt ist und er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann. Dies sind z.B.: [...] Grundstücke mit lebenslangem Nießbrauchs- oder Nutzungsrecht".
Und es existiert auch ein Urteil des Bundessozialgerichts, das gegen die Verwertung einer Immobilie mit Nießbrauchsrecht entschieden hat (Urt. v. 06. 12. 2007 – B 14/7b AS 46/06 R).
Mit freundlichen Grüßen
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
06.09.2019 | 13:04
Sehr geehrte Ratsuchende,
ich muss meine Einschätzung mal erweitern und zwar mit der Bitte um Verständnis:
Ihre zunächst richtige Einschätzung war wie folgt:
"Ich habe gelesen, der Verkauf der Immobilie kann - auch mit Nießbrauch - vom Sozialamt/Jobcenter verlangt werden, außer es müsste unwirtschaftlich, also weit unter Verkehrswert, verkauft werden."
Das ist grundsätzlich auch meine Einschätzung, auch hat dies noch das Landessozialgericht in Bayern so gesehen, das dann vom BSG mit dem von Ihnen benannten Urteil aufgehoben wurde. Im dortigen Einzelfall stand einer Verwertung wohl auch eine 99 Jahres Frist entgegen, mit welcher ein Grundstück belastet wäre.
Für Ihren Einzelfall gilt nun folgendes: Solange die Eltern dort wohnen, dürfte die Veräußerung wohl schwer sein und zumindest zu wirtschaftlichen Nachteilen folgen, da bei weitem nicht der Verkehrswert der Immobilie erreicht werden würde. Sobald die beiden Eltern, die ja schon ein wenig älter zu sein scheinen, jedoch nicht mehr da sein würden, würde das Vermögen dann vollstreckbar sein. Da sollte man in der Tat ansetzen und für diesen Fall den Rückgriff erschweren.
Die drei Formulierungen zur Rückübertragung würden in der Tat dazu führen, daß Sie die Immobilie an Ihre Eltern zurück zu übertragen hätten. Ein Zugriff würde dann hieran scheitern. Aber dann sind natürlich die Eltern wieder Eigentümer und würden Ihnen im Falle des Ablebens als Erbe ein nicht unbeträchtliches Vermögen überlassen.
Lange Rede kurzer Sinn: Auf der sicheren Seite wären Sie, wenn Sie zumindest für die Zeit, in welcher Ihre Eltern noch leben, eine Rückübertragung auch für den Insolvenzfall vereinbaren. Dann hätte das Amt keinen Vollstreckungszugriff und könnte gar nicht erst versuchen, die mit dem Nießbrauch belastete Immobilie anzurechnen oder veräußern zu lassen. Und, der Streit vor dem BSG zeigt doch auf, daß dies die Ämter durchaus versuchen und damit bedenklich weit kommen.
Mit besten Grüssen
Fricke
RA