Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich anhand des geschilderten Sachverhalts wie folgt beantworte:
Gegen ein Urteil des Amtsgerichts kann, sofern der Beschwerdegegenstand 600 EUR übersteigt, Berufung eingelegt werden (§ 511 BGB
). Die Berufungsfrist beträgt einen Monat und beginnt mit der Zustellung des Urteils, zuständig ist das Landgericht. Am Landgericht herrscht Anwaltszwang, das heißt, wenn Sie Berufung einlegen wollen, sollten Sie rechtzeitig einen Anwalt Ihrer Wahl vor Ort damit beauftragen, der dann auch die Erfolgsaussichten prüfen wird.
Ich denke, das Urteil sollten Sie in jedem Fall von einem Kollegen überprüfen lassen, denn ohne die Einzelheiten zu kennen, scheint die Entscheidung zumindest ungewöhnlich:
Gem. § 833 BGB
haftet der Tierhalter für Schäden, die vom Tier verursacht werden und zwar unabhängig von der Verschuldensfrage und grundsätzlich auch dann, wenn sich der Geschädigte bewusst und freiwillig der Gefahr aussetzt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn dies nach dem Normzweck des § 833 BGB
unangemessen erscheint, dafür trägt aber der Tierhalter die Beweislast.
Im Klartext heißt das, Sie müssen beweisen, dass Sie von diesem Hund gebissen wurden (und nicht von irgend einem anderen) und dass die Beklagte Halterin des Hundes ist. Ist die Beklagte der Ansicht, dass ausnahmsweise trotzdem keine Haftung besteht, dann reicht es nicht, wenn sie die Haftung nur anzweifelt, sie muss beweisen, dass eine Hundehalterhaftung tatsächlich unangemessen wäre. Hinweise dafür, dass die Haftung des Tierhalters unangemessen wäre, kann ich in Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht erkennen.
Sollten Sie allerdings die Versicherung verklagt haben und nicht die Hundehalterin, dann wäre das Urteil korrekt und eine Berufung aussichtlos, weil Sie gegen die Haftpflichtversicherung direkt keinen Anspruch haben.
Ich hoffe, Ihnen damit einen Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Gabriele Koch
Rechtsanwältin
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Bitte beachten Sie, dass diese Antwort nur eine erste Einschätzung ist, die ausschließlich auf den von Ihnen gegebenen Informationen beruht und eine umfassende juristische Beratung nicht ersetzten kann. Jede noch so kleine Änderung des Sachverhalts kann zu einer vollkommen anderen rechtlichen Beurteilung führen.
Diese Antwort ist vom 18.11.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Gabriele Koch
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Hallo Frau Koch,
vielen Dank für die Antwort.
Nun habe ich noch eine weitere Frage, die Beklagte ist die Hundehalterin, diese hat allerdings mehrere Zeugen, die bei der 2. Gerichtsverhandlung vernommen wurden. Diese sagten alle sehr unterschiedlich aus aber jeder meinte, daß ich selber Schuld sei da ich dies auch nach dem Biss gesagt habe, was ich warscheinlich im Schock getan habe. Wie gravierend sind solche Zeugenaussagen vor Gericht. Wie stehen die Chancen bei einer Berufung Recht zu bekommen, haben Sie da Richtwerte?
Vielen Dank im Voraus.
Petra
Sehr geehrte Fragestellerin,
ohne Kenntnis der gesamten Akte können die Aussichten einer Berufung beim besten Willen nicht rechtssicher beurteilt werden. Jede Antwort in die eine wie auch in die andere Richtung wäre nicht mehr als eine Mutmaßung, mit der Ihnen ja auch nicht geholfen wäre. Nachdem die Prüfung der Akte die Möglichkeiten dieser Plattform übersteigt, hatte ich Ihnen bereits empfohlen, sich an einen Kollegen zu wenden.
Im Rahmen der Erstberatung auf dieser Plattform kann ich zu Ihrer Nachfrage lediglich sagen, dass das Berufungsgericht gem. § 629 ZPO
an die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts gebunden ist. Das Berufungsgericht hebt das erstinstanzliche Urteil deshalb nur dann auf, wenn es entweder Rechtsfehler enthält, oder die festgestellten Tatsachen die getroffene Entscheidung nicht rechtfertigen. Wenn das Erstgericht also nach der Befragung der Zeugen einen bestimmten Ablauf des Geschehens für beweisen hält, dann wird auch das Berufungsgericht genau diesen Ablauf bei seiner Entscheidung zugrunde legen. Nachdem alle Zeugen ausgesagt haben, dass Sie selbst Schuld sind und das Erstgericht dies wohl auch so als Tatsache angenommen hat, wird deshalb auch das Berufungsgericht dies unterstellen und das Urteil nur dann aufheben, wenn es trotzdem nicht gerechtfertigt wäre, dass die Tierhalterhaftung hinter Ihrem Verschulden zurücktritt, oder wenn das Urteil Rechtsfehler enthält.
Insgesamt erscheint es mir unter diesen Umständen eher nicht so wahrscheinlich, dass die Berufung Erfolg hätte, aber ich kann und will mich, wie gesagt in diesem Punkt nicht festlegen.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Koch