Herausgabepflicht einer Vorauszahlungsbürgschaft bei mangelhafter Werklieferung

Question

Sehr geehrte Damen und Herren,    wir haben für unser neues Haus eine Treppe bestellt, bei der der Handwerker auf eine 100%ige Vorauszahlung bestand. Im Gegenzug erhielten wir eine Anzahlungsbürgschaft.    Die Treppe wurde im September 2021 verbaut, jedoch nicht mängelfrei. Das montierte Glasgeländer ist an einigen Stellen abgeschlagen und weist Kratzer auf &lpar;fiel unmittelbar nach Montage auf, als die Handwerker noch vor Ort waren&rpar;. Zudem fehlt die Schutzschiene auf dem Glasgeländer noch - auch diese weder geliefert noch montiert. Des Weiteren wurde kein ordnungsgemäßer Übergang im 1. Stock am Ende der Treppe gemacht - dieser sieht aus, als wäre die Treppe noch im Bauzustand. Es erfolgte eine entsprechende Mängelanzeige und es wurde schriftlich vereinbart, dass wir ein neues Glasgeländer erhalten. Dieses sowie die Schutzschiene ist bis heute noch nicht geliefert und montiert worden. Auch der Übergang ist noch nicht korrigiert worden.    Nun ist es so, dass wir Post vom Anwalt des Handwerkers erhalten haben. Dieser fordert die Herausgabe der Bürgschaft und zeigt einen Verzug an. Des Weiteren macht er wegen des Verzugs einen Schadensersatz geltend. Angeblich wurden wir um Herausgabe im November 2021 gebeten. Ein entsprechendes Schriftstück mit der Aufforderung zur Herausgabe liegt uns nicht vor. Es liegt die Vermutung nahe, dass die Briefe an die alte Adresse gingen und uns somit nicht erreicht haben.    Nun stellt sich die Frage, ob wir die Bürgschaft tatsächlich zurückgeben müssen - die Sache wurde noch nicht mängelfrei und vollständig geliefert/verbaut. Auch eine Anzeige über eine Verrechnung über die bisher erbrachten Leistungen liegt uns nicht vor - wie etwa bereits die Abrechnung/Verrechnung der Bürgschaft mit dem Wert der verbauten mängelfreien Stufen.    Der Anwalt behauptet, dass sich die Treppe in beanstandungsfreiem Gebrauch befindet und dass diese auch so abgenommen wurde. Das stimmt aufgrund der Mängel aber nicht. Wir haben die Treppe so nicht abgenommen. In den AGB findet sich eine Klausel, dass die Treppe mit Inbetriebnahme als abgenommen gilt - ist das wirklich so?    Zusammenfassung der Fragen:  - Dürfen wir die Anzahlungsbürgschaft noch zurückbehalten? Wir benötigen für den Austausch ein Druckmittel, welches wir durch die Rückgabe vollständig verlieren würden.  - Befinden wir uns wirklich in Verzug, da wir keine Aufforderung zur Rückgabe erhalten haben und im Kaufvertrag auch nichts hinsichtlich des Rückgabezeitpunkts geregelt ist?    Vielen Dank im Voraus für eine Antwort!    Mit freundlichen Grüßen  Sabrina Oberlader

Rechtsanwalt Thomas Bohle · Accepted Answer

Sehr geehrte Ratsuchende,      zwar ist es durchaus möglich, dass durch Ingebrauchnahme eine konkludente Abnahme des Werkes durch eben schlüssiges Verhalten herbeigeführt wird.    Dieses ist aber dann nicht möglich, wenn das Werk &lpar;Herstellung und Einbau der Treppe&rpar; derart mangelbehaftet ist, dass keine ordnungsgemäße Leistung des Unternehmers vorliegt und Sie die Mängel auch ausdrücklich gerügt haben.      Insoweit verweise ich auf    https://rabohledotcom.wordpress.com/2020/05/15/abnahme-und-maengel/    und die dort besprochene Entscheidung des OLG München, Urt.v. 15.10.2020, Az.: 20 U 1051/19 Bau.      So eine konkludente Abnahme durch inbetriebnahme - auf die der Kollege offenbar anspielen will - gibt es nach ihrer Sachverhaltsdarstellung also nicht.      Teilen Sie dem Kollegen daher mit, dass die bereits gerügten wesentlichen Mängel nach wie vor bestehen, lassen Sie ihm Mängelrüge und die Vereinbarung zur Nachbesserung zukommen und verweigern Sie die Herausgabe der Bürgschaftsurkunde bis zur ordnungsgemäßen Fertigstellung.      Setzen Sie zudem für die Fertigstellung eine angemessene Frist, die derzeit drei Wochen betragen dürfte, die Mängel zu beseitigen und Restarbeiten vorzunehmen.     Nach Fristablauf sollten Sie dann einen Kollegen beauftragen, um Ihre Gewährleistungsrechte durchzusetzen, die eben in Nachbesserung und Fertigstellung oder auch Preisnachlass oder auch Schadenersatz liegen könnten - was dann geltend gemacht werden soll, hängt letztlich davon ab, welches Ziel &lpar;Mangelfreiheit oder Preisnachlass&rpar; Sie verfolgen wollen.       Mit freundlichen Grüßen    Rechtsanwalt  Thomas Bohle, Oldenburg

Herausgabepflicht einer Vorauszahlungsbürgschaft bei mangelhafter Werklieferung

Baurecht, Architektenrecht

Rechtsanwalt Thomas Bohle

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