Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsdarstellung sowie Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Ihre Verlobte und künftige Ehefrau hat, wenn durch die Eheschließung eine familiäre Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik hergestellt wird, einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt werden. Da Sie selbst als Angehöriger eines Drittstaates (Staat außerhalb der Europäischen Union) mit ständigem Aufenthalt in der Bundesrepublik eine Niederlassungserlaubnis besitzen und Ihre künftige Ehefrau ebenfalls Angehörige eines Drittstaates ist, richten sich die Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach § 30 Abs. 1 AufenthG
(Aufenthaltsgesetz). Danach ist dem Ehegatten eines in der Bundesrepublik lebenden Ausländers, eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
der nachziehende Ehegatten sich zumindest auf einfache Arten der deutschen Sprache verständigen kann und
der in der Bundesrepublik lebende Ausländer eine Niederlassungserlaubnis besitzt.
Die Eheschließung kann sowohl in der Bundesrepublik wie auch im Heimatland Ihrer Verlobten, aber auch in einem Drittstaat (z. B. Dänemark) erfolgen.
Falls Sie in der Bundesrepublik die Ehe schließen wollen, müssen Sie sich an das für Ihren Aufenthalt zuständige Standesamt wenden. Dort erfahren Sie im Einzelnen, welche Urkunden Sie und Ihre Verlobte beibringen müssen, um die standesamtliche Ehe schließen zu können.
Welche Unterlagen Sie im Falle einer Eheschließung im Ausland bei der ausländischen Behörde vorlegen müssen, erfahren Sie bei den deutschen Auslandsvertretungen (Botschaft oder Konsulate) im Heimatland Ihrer Verlobten, aber auch bei den russischen Konsulaten in der Bundesrepublik Deutschland. Sie können sich aber auch an das zuständige russische Standesamt wenden, vor dem die Ehe geschlossen werden soll.
Nach einer Eheschließung im Ausland muss Ihre Verlobte bei der zuständigen deutschen Botschaft zunächst ein Visum zum Zwecke des Ehegattennachzugs beantragen. Nach der Einreise in die Bundesrepublik mit dem erteilten Visum ist dann die erforderliche Aufenthaltserlaubnis bei der zuständigen Ausländerbehörde zu beantragen.
Falls die Ehe in der Bundesrepublik geschlossen wird, muss Ihre Verlobte bei der Deutschen Botschaft in Russland für die Einreise in die Bundesrepublik ein so genanntes Heiratsvisum beantragen. Dieses Visum wird erteilt, wenn die Voraussetzungen für die Eheschließung in der Bundesrepublik vorliegen, insbesondere wenn alle hierzu erforderlichen Unterlagen vorliegen.
Die nach § 30 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG
erforderlichen Deutschkenntnisse müssen bereits im Visumsverfahren nachgewiesen werden. In der Regel muss der Nachweis durch ein Sprachprüfungszertifikat des Goethe-Instituts oder einer Partnerorganisation bzw. eines Lizenznehmers erfolgen. In eng begrenzten Ausnahmefällen können gleichwertige andere Sprachezeugnisse ausreichen.
Neben den speziellen Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 AufenthG
muss gem. § 29 Abs. 1 2 AufenthG
ausreichender Wohnraum zur Verfügung stehen. Außerdem setzt die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis voraus, dass der Lebensunterhalt der gesichert ist (§ 5 Abs. 1 AufenthG
).
Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist in der Regel gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel (z. B. Sozialhilfe) bestreiten kann. Ausreichender Krankenversicherungsschutzes ist in jedem Fall gegeben, wenn der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung (ggf. im Rahmen der Familienversicherung bei der gesetzlichen Krankenversicherung des Ehepartners) krankenversichert ist (§ 2 Abs. 3 AufenthG
).
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen nur auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Huber-Sierk
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 01.04.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Siegfried Huber-Sierk
Elsenheimerstraße 59
80687 München
Tel: 089-74995843
Web: http://www.huber-sierk.de
E-Mail:
Sehr geehrter Herr Huber-Sierk,
vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Ich möchte Sie um noch eine ergänzende Information bitten. Würden Sie bitte in meinem konkreten Fall abschätzen, ob mein Einkommen ausreichend wäre um Lebensunterhalt nach § 5 Abs. 1 AufenthG
zu sichern.
Ich habe folgende Einkünfte:
Lohn: Brutto/Netto 1270,- € / 960,- €
Berufsgenossenschaftsente: 195,- €
Kindergeld: 184,- €
Meine Tochter hat deutsche Staatsbürgerschaft, lebt bei mir, ist 21 Jahre alt, befindet sich in der schulischer Ausbildung und hat kein Einkommen.
Mietkosten für unsere dreiraum Wohnung:
Grundnützungsgebühr: 240,- €
Betriebskosten: 70,- €
Heizung und Warmwasser: 70,- €
------------------------------------------------------
Gesamtmiete: 380,- €
Weitere Kosten wie KFZ-Versicherung, Kinderbetreungskosten habe ich nicht.
Falls mein Einkommen nicht ausreichend sein sollte, bitte informieren Sie mich wie hoch sollte es ungefähr in meinem Fall sein, damit meine zukünftige Ehefrau Aufenthaltserlaubnis erhalten kann?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Ratsuchender,
durch die einmalige kostenlose Nachfrage sollen eigentlich nur bezüglich der beantworteten Anfrage etwaige Unklarheiten ausgeräumt oder Verständnisprobleme geklärt werden, aber nicht das Thema der ursprünglichen Anfrage durch weitere Detailfragen erweitert oder gar durch Einbeziehung weiterer Rechtsprobleme geändert werden. Es liegt dann nach den Bedingungen des Beratungsforums keine Nachfrage, sondern eine neue Anfrage vor. Davon abgesehen kann ich aber auch auf Grund Ihrer weiteren Angaben nicht beurteilen, ob durch Ihr Einkommen die Sicherung des Lebensunterhalts gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
gewährleistet ist bzw. wie hoch Ihr Einkommen gegebenenfalls sein müsste.
Die Feststellung der Sicherung des Lebensunterhalts erfordert einen Vergleich des voraussichtlichen Unterhaltsbedarfs aller Familienmitglieder mit den tatsächlich zur Verfügung stehenden Existenzmitteln. Diese Mittel gelten als ausreichend, wenn sie den Betrag überschreiten, bis zu dem der Staat auf Grund der persönlichen Situation des Antragstellers Sozialhilfe gewähren kann. Die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs richtet sich nach den Bestimmungen des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB II). Dies gilt grundsätzlich auch für die Berechnung des zur Verfügung stehenden Einkommens, das nach den Regelungen des § 11 SGB II
zu ermitteln ist.
In Ihrem Fall möchte ich jedoch noch auf folgendes hinweisen:
Nach § 5 Abs. 1 AufenthG
setzt die Erteilung eines Aufenthaltstitels IN DER REGEL voraus, dass der Lebensunterhalt gesichert ist. Die Sicherung des Lebensunterhalts ist also eine Regelerteilungsvoraussetzung, von der bei Vorliegen eines Ausnahmefalles abzusehen ist. Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn aus Gründen höherrangigen Rechts wie etwa Art. 6 GG
die Erteilung eines Aufenthaltstitels geboten ist, weil zum Beispiel die Herstellung der Familieneinheit im Herkunftsland nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Der Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG
umfasst die Freiheit der Eheschließung und Familiengründung sowie das Recht auf ein eheliches und familiären Zusammenleben. Art. 6 Abs. 1 GG
begründet zwar grundsätzlich keinen unmittelbaren Anspruch auf Aufenthalt in der Bundesrepublik, verpflichtet aber die Ausländerbehörde, bei der Entscheidung über ein Aufenthaltsbegehren die bestehenden familiären Bindungen an Personen, die sich berechtigterweise in der Bundesrepublik aufhalten, zu berücksichtigen und entsprechend dem Gewicht dieser Bindungen zur Geltung zu bringen ( BVerfGE 76, 1
; Beschluss vom 11. Mai 2007 2 BvR 2483/06
InfAuslR 2007, 336
).
Liegt ein Ausnahmefall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
vor, kann dem Ausländer jedenfalls bei einem gesetzlichen Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels - wie hier im Fall des Ehegattennachzugs nach § 30 Abs. 1 AufenthG
- die fehlende Unterhaltssicherung nicht entgegengehalten werden.
Ihre künftige Ehefrau hat also möglicherweise auch dann einen Rechtsanspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, falls die Ausländerbehörde zu der Auffassung gelangen sollte, dass Ihr Einkommen im Hinblick auf den Unterhaltsbedarf aller Familienangehörigen nicht ausreichen sollte.
Mit freundlichen Grüßen
Huber-Sierk
Rechtsanwalt