Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund Ihrer Sachverhaltsdarstellung und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworte:
Zunächst zum Inhalt der von Ihnen angegebenen Vorschriften:
§ 5 AufenthG
enthält die allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels. Gemäß § 7 Abs. 1 AufenthG
ist die Aufenthaltserlaubnis ein befristeter Aufenthaltstitel, der zu dem im Aufenthaltsgesetz geregelten Aufenthaltszweck (zum Beispiel Ausbildung, Erwerbstätigkeit, Familiennachzug zu deutschem Ehepartner,§§ 16
ff.,18 ff, 28 AufenthG
) erteilt wird. Die Befristungen erfolgen unter Berücksichtigung der beabsichtigten Aufenthaltszwecke (§ 7 Abs. 2 AufenthG
).
§ 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
betrifft den Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den ausländischen Ehegatten eines Deutschen. Der Anspruch ist weder bedingt noch hängt er von einer Erlaubnis ab. Es handelt sich vielmehr um einen Rechtsanspruch. Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs steht somit nicht im Ermessen der Ausländerbehörde. Die Aufenthaltserlaubnis muss dem ausländischen Ehegatten eines Deutschen erteilt werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen (vgl. insbesondere § 28 Abs. 1 S. 1 bis vier in Verbindung mit § 5 AufenthG
).
Zum Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für Ihre Freundin im Falle der Heirat:
Aufgrund Ihrer Anfrage gehe ich davon aus, dass Ihre türkische Freundin bereits in Deutschland lebt und hier ihre akademische Ausbildung erhält und bis zur geplanten Heirat mit einer Promotion abschließen will. In diesem Fall muss sie, sofern sie nicht die deutsche Staatsbürgerschaft hat, bereits im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 16 AufenthG
sein. Diese Aufenthaltserlaubnis kann in der Regel nach erfolgreichem Abschluss des Studiums, im Falle Ihrer Freundin also vermutlich im Falle der Promotion, bis zu einem Jahr zur Suche eines diesem Abschluss angemessenen Arbeitsplatzes auf Antrag verlängert werden (§ 16 Abs. 4 AufenthG
). Im Anschluss daran besteht dann, sofern die Voraussetzungen vorliegen, die Möglichkeit einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Erwerbstätigkeit gemäß § 18 AufenthG
. Auf die Erteilung dieser Aufenthaltsmöglichkeiten besteht kein Rechtsanspruch, sondern lediglich ein Anspruch auf pflichtgemäße Ermessensausübung seitens der Ausländerbehörde.
Wenn Ihre Freundin aufgrund einer der genannten Aufenthaltserlaubnisse (zum Zwecke des Studiums, der Arbeitssuche oder der Erwerbstätigkeit) in der Bundesrepublik lebt, kann sie im Falle der Eheschließung die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
beantragen. Der Antrag ist bei der für den Aufenthaltsort zuständigen Ausländerbehörde zu stellen, da sich Ihre Freundin aufgrund eines anderen Aufenthaltstitels rechtmäßig in der Bundesrepublik aufhält. Wie oben schon erwähnt, handelt es sich hierbei um einen sich aus dem Aufenthaltsgesetz ergebenden Rechtsanspruch, da nach Ihrer Schilderung die gesetzlichen Voraussetzungen wohl vorliegen dürften.
Die Aufenthaltserlaubnis wird zunächst befristet (in der Regel ein Jahr, maximal drei Jahre) erteilt. Die Voraussetzungen für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis sowie gegebenenfalls die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis sind in § 28 Abs. 2 AufenthG
geregelt. Auch insoweit handelt es sich um Rechtsansprüche, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
Sollte Ihre Freundin, was nach Ihrer Schilderung nicht auszuschließen ist, gegenwärtig in der Türkei leben und dort studieren oder nach dem Studium und vor der Heirat wieder in die Türkei zurückgekehrt sein, hat sie ebenfalls im Falle einer Eheschließung mit Ihnen einen Rechtsanspruch auf Familiennachzug gemäß § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG
. Sie benötigt dann allerdings zur Einreise in die Bundesrepublik ein eine Visum, das speziell zum Zwecke des Familiennachzugs beantragt werden muss und von der Auslandsvertretung der Bundesrepublik in der Türkei (Botschaft oder Konsulat) mit Zustimmung der für den späteren Wohnort zuständigen Ausländerbehörde erteilt wird. Ein Touristenvisum oder ein Schengen-Visum genügt nicht.
Das Einreisevisum kann sowohl nach der Eheschließung (zum Beispiel in der Türkei oder im Ausland) wie auch - insofern abweichen vom Wortlaut des § 28 AufenthG
- vor der Eheschließung in der Bundesrepublik erteilt werden( so genanntes Heiratsvisum). Das Visum zum Zwecke der Heirat setzt allerdings voraus, dass alle für die Eheschließung erforderlichen Urkunden vorliegen und die standesamtlich Eheschließung bereits angemeldet ist.
Ich hoffe, dass ich Ihnen eine erste rechtliche Orientierung geben konnte. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber nur auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Huber-Sierk
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 22.05.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Siegfried Huber-Sierk
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Zunaechst vielen Dank für die ausführliche Beantwortung meiner Frage!
Meine Freundin studiert in der Türkei und wohnt auch dort. Insofern kaeme das besagte "Heiratsvisum" in Betracht. Habe ich Sie aber richtig dahingehend verstanden, dass meine Freundin auch nach der Eheschliessung nur eine befristete Aufenthaltserlaubnis besitzt? Obwohl die Ehe ja auf Lebenszeit angelegt ist, Paragraph 1353 I 1 BGB?
Vielen Dank auch hierfür!
Sehr geehrte Ratsuchender,
für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs ist es nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes nicht maßgebend, ob eine Ehe auf Lebenszeit angelegt ist, sondern ob die eheliche Lebensgemeinschaft (gilt analog auch für die eheähnliche Lebensgemeinschaft oder gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaft) tatsächlich besteht oder in bestimmten Fällen für einen Mindestzeitraum bestanden hat. Dementsprechend sind auch die Regelungen für die Verlängerung der zunächst befristeten Aufenthaltserlaubnis sowie für die Erteilung einer (unbefristeten) Niederlassungserlaubnis ausgestaltet. So wird z.B. gemäß § 28 Abs. 2 AufenthG
die zunächst befristete Aufenthaltserlaubnis verlängert. Auf die Verlängerung besteht grundsätzlich ein Anspruch, sofern die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht. Auch die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (unbefristeter Aufenthaltstitel) nach dieser Vorschrift setzt neben dem dreijährigen Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich auch das Fortbestehen der familiären Lebensgemeinschaft voraus. Ist jedoch der unbefristete Aufenthaltstitel einer Niederlassungserlaubnis einmal erteilt worden, kommt es auf den Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft (beziehungsweise gleichgestellten Lebensgemeinschaften) nicht mehr an.
Sobald die eheliche Lebensgemeinschaft - auch schon vor Auflösung der Ehe (z.B. Getrenntleben) - aufgehoben ist, darf die zweckgebundene (befristete) Aufenthaltserlaubnis (betrifft also nicht die unbefristete Niederlassungserlaubnis) des ausländischen Ehegatten nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 31 AufenthG
befristet verlängert werden.
Der Wegfall der Voraussetzungen für die Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Herstellung einer ehelichen Lebensgemeinschaft schließt im übrigen nicht den Erwerb eines Aufenthaltstitels aus anderen Gründen (Studium, Erwerbstätigkeit, humanitäre Gründe etc.) aus.
Abschließend möchte ich noch darauf hinweisen, dass der ausländische Ehepartner eines deutschen Staatsbürgers unter erleichterten Voraussetzungen die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben kann und sich damit Aufenthaltstitel jeglicher Art erübrigen.
Mit freundlichen Grüßen
Huber-Sierk
Rechtsanwalt