Sehr geehrter Ratsuchender,
aufgrund Ihrer Sachverhaltsangaben beantworte ich Ihre Fragen im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Es geht bei Ihren Fragestellungen um den erforderlichen Pflegebedarf für Ihren Vater. Ein Betreuer ist verpflichtet, die Interessen des Betreuten zu vertreten. Hierbei geht also einerseits um die Gewährleistung des tatsächlichen Pflegebedarfs und andererseits um die mögliche Erhöhung des Eigenanteils und insofern tatsächlich um einen Interessenwiderspruch in eigener Sache.
Außerdem ist auch der Heimvertrag zu beachten. Denn dort sind regelmäßig entsprechende Mitwirkungspflichten bei der Feststellung des Pflegebedarfs festgelegt. Schließlich ergibt sich eine Mitwirkungspflicht auch aus dem Gesetz, betrifft aber tatsächlich nur den Antrag auf Höherstufung.
§ 87a Abs. 2 SGB XI
bestimmt:
Bestehen Anhaltspunkte dafür, dass der pflegebedürftige Heimbewohner auf Grund der Entwicklung seines Zustands einer höheren Pflegestufe zuzuordnen ist, so ist er auf schriftliche Aufforderung des Heimträgers verpflichtet, bei seiner Pflegekasse die Zuordnung zu einer höheren Pflegestufe zu beantragen. Die Aufforderung ist zu begründen und auch der Pflegekasse sowie bei Sozialhilfeempfängern dem zuständigen Träger der Sozialhilfe zuzuleiten. Weigert sich der Heimbewohner, den Antrag zu stellen, kann der Heimträger ihm oder seinem Kostenträger ab dem ersten Tag des zweiten Monats nach der Aufforderung vorläufig den Pflegesatz nach der nächsthöheren Pflegeklasse berechnen. Werden die Voraussetzungen für eine höhere Pflegestufe vom Medizinischen Dienst nicht bestätigt und lehnt die Pflegekasse eine Höherstufung deswegen ab, hat das Pflegeheim dem Pflegebedürftigen den überzahlten Betrag unverzüglich zurückzuzahlen; der Rückzahlungsbetrag ist rückwirkend ab dem in Satz 3 genannten Zeitpunkt mit wenigstens 5 vom Hundert zu verzinsen.
Zu Ihren Fragen daher:
1. und 2.: Nein, Sie können nicht verlangen, dass das Heim einen Rechtsstreit auf Plegestufenerhöhung selbst führt, denn dies kann grundsätzlich nur derjenige, der Pflegeleistungen begehrt, und damit Ihr Vater, vertreten in diesem Fall durch Sie als Betreuer, Urteil vom 01.09.2005, Az. B 3 P 9/04 R
(462k).
Das Heim kann Sie aber auch nicht wirksam verpflichten, eine Klage zu führen. Allerdings wäre eine Klage gerichtskostenfrei und als (Ersatz-)Betreuer (bzw. Ihre Mutter als Betreuerin) haben Sie die Entscheidung der Pflegekasse (bzw. des MDK) zu prüfen. Dies kann am Besten unter konkreter Besprechung der Begutachtung des MDK mit dem Heimpersonal geschehen.
Wenn Sie als gesetzlicher Vertreter Ihres Vaters (= Betreuer) die Auffassung vertreten, dass die Einschätzung des MDK korrekt ist, dann können Sie diese im Hinblick auf § 87a Abs. 2 SGB XI
akzeptieren und müssen dann auch nicht die Folge einer Entgelterhöhung des Heimes befürchten.
Wenn das Heim aber dennoch die Auffassung vertritt, dass die Einstufung durch den MDK grob fehlerhaft (das müsste sie sein bei einer Diskrepanz von 60 Minuten) ist, könnte diese auf zivilrechtlichem Weg versuchen, dennoch eine Entgelterhöhung wegen des tatsächlichen Pflegebedarfs zu erlangen.
Dem Heim gegenüber könnten Sie sich also erst éinmal auf § 87a Abs. 2 SGB XI
berufen, wonach Ihre Verpflichtung zur Mitwirkung mit der Feststellung des MDK endet.
3. Im Falle eines Verfahrens würde natürlich Ihre Mutter gehört werden, wenn Sie die Betreuerin ist, Sie nur, wenn der Fall, für den Sie als Ersatzbetreuer bestellt sind, eingetreten ist.
4. Sie können als Betreuer lediglich Fahrkosten als Aufwendungen erstattet verlangen nach § 1835 Abs. 1 2. Hs. in Verbindung mit § 5 des Justizvergütungs- u.- Entschädigungsgesetzes einen Kilometerpreis von 0,30 € oder aber die Kosten der Bahnfahrt und gegebenenfalls eine Verpflegungspauschale, soweit Sie nicht die jährliche Aufwandspauschale für ehrenamtliche Betreuer gewählt haben.
Bitte beachten Sie, dass die Erstberatung in diesem Untermenü der Plattform keiner ausführlichen Prüfung einer Sach- und Rechtslage entsprechen kann.
Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung hinreichend beantwortet zu haben.
Britta Möhlenbrock
Rechtsanwältin
Internet: www.ra-moehlenbrock.de
Email: info@ra-moehlenbrock.de
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 29.09.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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