Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage!
Nachfolgend möchte ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung sowie Ihres Einsatzes Ihre Frage wie folgt beantworten:
1. Zur Kürzung bei Falschangaben/unzureichenden Angaben des Anschaffungspreises kann es in folgenden zwei Fällen kommen:
a)Die zur Berechnung der Entschädigungshöhe erforderlichen Angaben über den Anschaffungspreis werden wissentlich zu hoch angesetzt, um eine höhere Entschädigung zu erhalten.
In den Bedingungen zur Hausratversicherung findet sich regelmäßig die Klausel „Keine Leistungspflicht aus besonderen Gründen" in denen es wie folgt oder sinngemäß heißt:
"Der Versicherer ist von der Entschädigungspflicht frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherer arglistig über Tatsachen, die für den Grund oder die Höhe der Entschädigung von Bedeutung sind, täuscht oder zu täuschen versucht".
Eine wissentliche Falschangabe würde zudem einen strafbaren Versicherungsbetrug nach §§ 263, 265 StGB darstellen, der über § 823 Abs. 2 BGB auch zu einer Kürzung der Versicherungsleistung führen kann.
b) Bei der Geltendmachung des Anspruches auf Versicherungsleistung ist zu beachten, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des Zivilrechts der Anspruchsteller die Anspruchshöhe darlegen und -im Falle, dass diese bestritten wird - beweisen muss.
Will der Versicherer diese Angaben bestreiten, muss er grundsätzlich konkret vortragen, warum er mit diesen nicht einverstanden ist.
Das bedeutet, dass Sie den Anschaffungspreis der verbrannten Hausratgegenstände nachvollziehbar angeben und möglichst belegen müssen - ansonsten wird nicht die volle Entschädigungssumme gezahlt.
Verständlich ist, dass nicht über Jahre hinweg alle Preise erinnert werden können und alle Rechnungen für diese Gegenstände aufbewahrt werden (diese wären womöglich ohnehin den Flammen zum Opfer gefallen).
Deshalb kann der Versicherer auch nicht exakte Angaben von Ihnen verlangen. Leider kommt es aber vor, dass Versicherer mit solchen Forderungen im Vorfeld Ihre Kunden verunsichern.
Festzuhalten ist damit, dass von Ihnen nichts Unmögliches verlangt werden kann und dementsprechend auch nicht sanktioniert werden kann.
Eine Angabe der Anschaffungspreise nach bestem Wissen und Gewissen ist sehr wohl ausreichend. Sollte der Versicherer Zweifel an bestimmten Anschaffungspreisen haben, ist er an der Reihe, hier substantiiert vorzutragen, warum er meint, es sei ein niedrigerer Preis anzusetzen.
Eine vollständige Leistungsfreiheit des Versicherers droht – wie gesagt – nur bei bewussten Falschangaben.
2. Wenn der Anschaffungspreis für bestimmte Gegenstände Ihnen auch näherungsweise nicht mehr bekannt ist, sollten Sie zu einem geschätzten Preis– sofern noch ablesbar oder ermittelbar – den Hersteller mit Modellbezeichnung und Anschaffungsjahr angeben. Kennzeichnen Sie dabei, für welche Gegenstände der Preis geschätzt ist.
Die Angabe von Hersteller und Anschaffungsjahr empfiehlt sich in der Regel immer. Die des Modells ist vor allem erforderlich, wenn der Preisrahmen sich gar nicht mehr ermitteln lässt.
Der Versicherer wird dann bei größeren Posten ggf. mit Hilfe von Marktforschungsinstituten den damaligen Neupreis ermitteln.
3. Stellen Sie sich darauf ein, dass nicht der identische Anschaffungspreis entschädigt wird, sondern der heutige Preis für ein funktional und technisch gleichwertiges Neugerät.
Versichert in der Hausratversicherung ist nicht der Gegenstand zum Anschaffungspreis, sondern der Gegenstand zum Neuwert.
Gerade bei technischen Geräten mit schneller technischer Fortentwicklung (TV, PC, Laptop) kommt dies zum Tragen: ein Laptop mit der Ausstattung Oxyd hat vor 3 Jahren z.B. noch 800 € gekostet, heute gibt es das Gerät mit ähnlicher Ausstattung für z.B. 400 € - dann haben Sie in diesem Punkt nur Anspruch auf 400 €.
Für die Einrichtungsgegenstände wie Möbel, Küche, Teppiche etc. spielt dies aber keine so große Rolle.
4. Sie sollten sich auch darauf einstellen, dass der Versicherer Ihnen bei dieser Schadenshöhe wahrscheinlich einen vergleichsweisen Entschädigungsbetrag anbieten wird.
5. Abschließend empfehle ich Ihnen als Einleitungssatz für die von Ihnen zu erstellende Liste der beschädigten Hausratgegenstände – wie Sie auch z.T. schon angedacht hatten:
„Folgende Liste wurde von mir nach bestem Wissen und Gewissen erstellt. Ich habe die Anschaffungspreise sowie die Angaben zu Hersteller, Modell und Anschaffungsjahr soweit noch bekannt oder ersichtlich wiedergegeben, nicht mehr verfügbare Angaben habe ich nach meiner Erinnerung wiedergegeben. Angaben, die mangels Verfügbarkeit oder Erinnerung auf Schätzungen beruhen, habe ich als solche gekennzeichnet" (z.B. mittels eines Sternes o.ä.).
Ich hoffe Ihnen eine erste rechtliche Orientierung ermöglicht zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg und alles Gute!
Ich möchte Sie gerne noch abschließend auf Folgendes hinweisen:
Die von mir erteilte rechtliche Auskunft basiert ausschließlich auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Sachverhaltsangaben. Bei meiner Antwort handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes, die eine vollumfängliche Begutachtung des Sachverhalts nicht ersetzen kann.
Ich hoffe, dass Ihnen meine Ausführungen geholfen haben. Sie können natürlich gerne über die Nachfrageoption mit mir Verbindung aufnehmen, wenn noch Unklarheiten bestehen.
Für eine ggf. erforderlich werdende außergerichtliche oder gerichtliche Interessenvertretung stehe ich natürlich auch zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Ingo Driftmeyer
Rechtsanwalt