Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ihren Angaben nach schlossen Sie im Jahre 2009 einen Kaufvertrag über ein vermietetes Haus, mangels gegenteiliger Angaben gehe ich davon aus, dass der Kaufvertrag gemäß § 433 BGB formwirksam gemäß § 311b BGB geschlossen wurde.
Bestehen zur Zeit des Eigentumserwerbs Mietverhältnisse, die die Nutzung der im Objekt befindlichen Wohnräumlichkeiten durch Mieter vorsehen, so tritt der neue Eigentümer als Erwerber in die sich aus diesem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Das bedeutet, dass sich für den Mieter im Wesentlichen außer der Vermieterpartei, also Sie, nichts ändert, vgl. § 566 BGB.
Für den Mietvertrag regelt die Vorschrift des § 550 BGB, wenn der Mietvertrag für längere Zeit als für ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen wird, so gilt er auf unbestimmte Zeit folglich unbefristet.
Das bedeutet, falls Sie ein Mietvertrag mit der im Haus wohnenden Partei für eine Dauer von mehr als einem Jahr nicht schriftlich geschlossen wurde, dass ein unbefristetes Mietverhältnis und eben kein Vertrag auf Lebenszeit eingegangen wurde, an den Sie gebunden wären.
Nun ist nicht klar, ob nun doch ein schriftlicher Mietvertrag vorliegt, in dem möglicherweise eine Dauer vereinbart wurde. Dies müssten Sie herausfinden, da erst dann eine abschließende Beurteilung möglich ist, in der die Einordnung als befristetes oder unbefristetes Mietverhältnis und die damit verbundenen Kündigungsrechte möglich sind.
Ein Mietverhältnis auf Lebenszeit wird als befristetes Mietverhältnis eingeordnet, vgl. Beschluss des BayOLG vom 2.7.1993, ZMR 1993, 462). Ein Mietverhältnis auf Zeit ist in § 575 BGB geregelt und ist an relativ strenge Voraussetzungen gebunden. Insbesondere muss der Grund der Befristung schriftlich mitgeteilt werden, da das Mietverhältnis anderenfalls als auf unbestimmte Zeit eingegangen gilt, also unbefristet.
Im Falle eines unbefristeten Vertrags würden die Fristen des § 573c BGB für die Kündigung gelten.
Nach den von Ihnen geschilderten Angaben wäre meiner Ansicht nach der bereits bestehende Mietvertrag lediglich verlängert worden, jedoch kein neuer mündlicher Mietvertrag abgeschlossen worden. Zwar müssten alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden, die vorliegend hier fehlen, Lediglich durch die Annahme der neuen Mietzinshöhe wird jedoch grundsätzlich kein neues Mietverhältnis begründet, sondern lediglich die Gegenleistung für die weitere Überlassung des Wohnraums angepasst bzw. vereinbart. Folglich hätte der „alte" Mietvertrag bestand.
Anders wäre die Rechtslage, wenn der alte Mietvertrag möglicherweise auslief und Sie die Mieterhöhung im Rahmen des Abschlusses eines neuen Mietverhältnisses vereinbart hätten, in diesem Fall läge ein „neuer" Vertrag vor. Dafür fehlen hier aber die Anhaltspunkte.
Dies alles bleibt jedoch rein spekulativ, denn für die Beurteilung der konkreten Sach- und Rechtslage ist die genaue Kenntnis des Mietvertrags von großer Bedeutung.
Dass Verschweigen eines Mietverhältnisses auf Lebenszeit könnte zum einen eine arglistige Täuschung bedeuten, die zur Anfechtung des Vertrags berechtigten könnte, wenn die Täuschung für den Kaufentschluss ursächlich gewesen wäre. Ebenso könnte ein Eigenschaftsirrtum gegeben sein, der ebenso zur Anfechtung berechtigt, wenn die Dauer des Mietverhältnisses eine verkehrswesentliche Eigenschaft gewesen wäre, über die Sie eine Fehlvorstellung hatten.
Zum anderen ist ein lebenszeitiges Mietverhältnis entgegen der Vereinbarungen im Kaufvertrag über das Haus ein Mangel des Kaufgegenstands, der die Gewährleistungsrechte auslösen kann und unter Umständen zur Nacherfüllung, zum Rücktritt, Schadensersatz und zur Minderung berechtigen kann. In diesem Fall läge wohl eine so genannte anfängliche Unmöglichkeit der mangelfreien Verschaffung des Eigentums vor, da das Haus bereits bei Vertragsschluss mit dem Mietverhältnis behaftet wäre, so dass eine Nacherfüllung ausscheiden würde.
Zu beachten ist, dass gemäß § 442 BGB Ihre Rechte aus Gewährleistung ausgeschlossen wären, wenn Sie den Mangel, also das lebenszeitige Mietverhältnis gekannt oder aufgrund grober Fahrlässigkeit nicht gekannt hätten.
Weiter müsste eine Anfechtung auch unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, ab Kenntnis des Irrtums oder der Täuschung erfolgen, da sie sonst ausgeschlossen ist.
Insbesondere wenn Sie das Haus nunmehr selbst verkaufen möchten, ist es für Sie wichtig, die Verhältnisse hinsichtlich des Mietverhältnisses abzuklären, da Sie sich ansonsten selbst der Gefahr von Gewährleistungsrechten, insbesondere Schadensersatzansprüchen, eines Käufers aussetzen würden, wenn Sie falsche Informationen bezüglich des bestehenden Mietvertrags gewähren.
Vorliegend sind in Ihrem Fall viele Aspekte zu beachten und insbesondere die Kenntnis des Mietvertrags erforderlich, damit eine abschließende Einschätzung der Rechtslage durchgeführt werden kann.
Ich empfehle Ihnen daher dringend, sich, sobald der Mietvertrag zur Einsicht vorgelegt wird, zu einem Rechtsanwalt bei Ihnen vor Ort zu begeben, damit dieser nach Prüfung der Unterlagen die weitere Vorgehensweise abstimmen kann.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen behilflich sein und Ihnen die Entscheidung für Ihr weiteres Vorgehen erleichtern. Sollten noch Unklarheiten bestehen, nutzen Sie gerne die einmalige kostenlose Nachfragefunktion.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Pilarski, Rechtsanwalt