Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Frage unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes wie folgt:
1. Bei der Frage der Zuständigkeit der deutschen Gerichte handelt es sich um eine Frage der Zulässigkeit der Vaterschaftsklage.
Diese Frage prüft das Gericht von Amts wegen – also von allein. Wenn das Gericht der Meinung gewesen wäre nicht zuständig zu sein, dann wäre kein mündlicher Termin anberaumt worden.
Sie sollten diesen Einwand im mündlichen Termin vortragen.
Für den Fall der Einlegung eines Rechtsmittels würde die nächste Instanz sich mit der Frage erneut auseinandersetzen.
Der Vater an sich - kann aber das Gericht nicht für unzuständig erklären.
2. Nach § 1717 BGB
muss sich der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes im Inland befinden, damit die Beistandsschaft angeordnet werden darf.
Dabei muss also im Zeitpunktt der Anordnung der gewöhnliche Aufenthalt im Inland liegen. Endet der gewöhnliche Aufenthalt im Inland, so endet auch die Beistandschaft.
Es kann daher sein, dass die Anordnung in dem von Ihnen beschriebenen Falle nach § 1717 BGB
nicht zulässig war.
Derartige Fehler können aber auch geheilt werden – wenn eben die Voraussetzungen später eintreten.
Es handelt sich bei dem Verfahren der Beistandschaft um ein freiwilliges Hilfeverfahren für die Kindesmutter.
Daher sind auch keine Rechtsmittel gegen den Eintritt der Eistandschaft für den Kindsvater vorhanden.
3. Kann ein Beteiligter zu einem familiengerichtlichen Termin nicht erscheinen und kann er dies ausreichend entschuldigen, so wird das Gericht einen neunen Termin vereinbaren.
Die Gründe sollten dem Gericht vor dem Termin mit der Bitte um Verlegung mitgeteilt werden. Sie können hierzu auch das Sekretariat des Richters informieren.
Ein Fernbleichen ohne vorherige Entschuldigung stellt eine Säumnis dar und kann finanzielle Folgen mit sich ziehen.
4. An deutschen Gerichten ist es nicht erlaubt Tonbandaufzeichnungen zu fertigen. Hiergegen spricht § 169 GVG
. Ein Anwalt für spätere, noch durchzuführende, Verfahren kann sich Kenntnis vom Inhalt des Verfahrens durch Einsicht in die Akten verschaffen.
5. Das Vaterschaftsverfahren gem. § 1600 d BGB
ist bereits das Zwangsverfahren. Dies wird sich erst begonnen, wenn der Vater keine freiwillige Erklärung abgegeben hat. Der Vater muss also nicht freiwillig anerkennen.
6. Um zu beurteilen, ob die Möglichkeit der Feststellung im Ausland möglich ist, müsste ich wissen um welches Land es sich handelt. Die Frage ist dann immer, on das jeweilige Land Entscheidungen deutscher Gerichte anerkennt (dann eher nicht) oder gerichtliche Entscheidungen keine Bindungswirkungen haben (dann eher ja).
7. Bei dem von Ihnen angeführten Urteil des Bundesverfassungsgerichtes (BvR 420/09) hat das Gericht festgestellt, dass die Regel, nach der der Vater eines unehelichen Kindes das Sorgerecht nur mit dem Willen der Mutter erhalten kann, mit sonstigem Recht unvereinbar ist.
Daraufhin wurde der Auftrag an den Gesetzgeber gegeben, hier eine neue Regelung zu schaffen. Diese ist jedoch noch nicht vorhanden und lässt noch auf sich warten.
Insofern kann ich Ihnen auch noch nicht sagen, was im Falle der Vaterschaftsanerkennung im Ausland der Fall sein würde.
Wenn es sich um ein EU-Land handelt, so wird das Recht dieses Staates und seine Regelungen in Deutschland anerkannt werden. (siehe oben)
In diesem Fall wären die neuen Regelungen zum Sorgerecht auch für Väter gültig, deren Vaterschaft im Ausland festgestellt worden ist.
Ich hoffe, ich habe alle Ihren Fragen beantwortet – ansonsten nutzen Sie die Nachfragefunktion und ich beantworte die fehlenden Fragen.
An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass diese Internetplattform eine eingehende, rechtliche Beratung nicht ersetzen kann, sondern vielmehr der ersten rechtlichen Orientierung dienen soll.
Das Hinzufügen oder Weglassen von Informationen kann das Ergebnis der juristischen Bewertung beeinflussen und sogar zu einem völlig gegensätzlichen Ergebnis führen.
Gern können Sie mich bei Rückfragen oder einer gewünschten Interessenvertretung kontaktieren.
Diese Antwort ist vom 30.09.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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S.g. Hr. RA Drewelow,
leider sind mit Ihrer Anwort wesentliche Teile meiner Fragen unbeantwortet geblieben. Gerne versuche ich es nochmals:
1. Ich intepretiere Ihre Aussage richtig, wenn ich sage: das Gericht muss in dieser Angelegenheit dem vermeintlichen Kindesvater keinerlei Auskünfte/Informationen erteilen. Es prüft von Amts wegen und die Ergebnisse sind sozusagen geheim. Bei Vorliegen eindeutiger Beweise, dass der gewöhnliche Aufenthalt der KM und des Kindes zum Zeitpunkt der Einrichtung der Beistandschaft (welche dann Ihren Ausführungen zufolge unzulässig ist und dann folglich wohl auch die vom Beistand eingebrachte Antragsschrift bei Gericht) und Ignorierung dieser Tatsachen durch das Gericht und Weiterverhandlung, hat der vermeintliche Kindsvater aus den eben genannten Gründen das Recht, keinerlei weitere Angaben machen?
Vor Beauftragung eines RA sollten dann etwaige rechtliche Nachteile durch Aussagen vermieden werden. Das Gericht muss ja wohl so oder so ein Urteil erlassen, welches dann in der nächsten Instanz angefochten werden kann.
2. Welche Prüfungen MUSS das JA (bzw. das Gericht) durchführen, um den gewöhnlichen Aufenthalt im Inland zu prüfen? Es sieht ja fast so aus, dass der KM alles geglaubt wird und trotz schriftlicher Mitteilung des vermeintlichen Kindesvaters die beigebrachten Beweise für den Aufenthalt im Ausland nicht Mal geprüft werden. Sie schreiben auch "Derartige Fehler können aber auch geheilt werden – wenn eben die Voraussetzungen später eintreten." Ist dies nun eine KANN-Bestimmung oder tritt die Heilung automatisch und insbesondere auch RÜCKWIRKEND ein? DAS wäre allerdings für mein Verständnis etwas seltsam.
3. Mit dem Antrag auf Verlegung des Termins und Angabe der Gründe ist also die von Ihnen angesprochene Entschuldigung durchgeführt? Auch wenn man keine Antwort des Gerichts vor dem Termin erhält, kann man der Verhandlung fernbleiben?
4. Tonbandaufzeichnungen sind unzulässig zum Zwecke der öffentlichen Vorführung oder Veröffentlichung. Beides ist hier nicht geplant. Bleibt es bei Ihrer Aussage, dass die Tonaufzeichnung unzulässig ist?
5. Der Vater wurde nie aufgefordert, eine freiwillige Anerkennung durchzuführen.
6. Es geht nicht um die Feststellung IM Ausland, sondern um die Feststellung bzw. Anerkennung IN Deutschland nach ausländischem EU!-Recht. Dies bietet ja auch jedes JA an bzw. muss dies offenbar tun. Meines Wissens müssen alle EU Länder die Gerichtsentscheidungen aus anderen EU Ländern anerkennen. Im gegenständlichen Fall ist dies jedenfalls so.
7. Das Bundesverfassungsgericht hat erstmals die Möglichkeit zur Stellung eines Antrages auf gemeinsames Sorgerecht bei den Familiengerichten mit sofortiger Wirkung eröffnet. Eine neue gesetzliche Regelung ist hierzu momentan nicht erforderlich. Meine Frage hat auch hier NICHT auf die Feststellung der Vaterschaft im Ausland abgezielt, sondern um die Vaterschaftsanerkennung in Deutschland nach ausländischem Recht (EU Land gemäß der Staatsangehörigkeit des Vaters).
Besten Dank für die ausssagekräftige Beantwortung der offen gebliebenen Fragen! Ich werde Ihre Antworten demnächst vor Gericht entsprechend einbringen. MfG.
Sehr geehrter Fragesteller,
1. die Ergebnisse der Prüfung werden im Urteil festgehalten - sie sind daher nicht geheim. Der anberaumte Termin kann genau den Umstand der Zuständigkeit klären.
2. Das Gericht sowie auch das Jugendamt führen eigene Prüfungen zum Vorliegen der Voraussetzungen der Beistandschaft durch. Anhaltspunkten, die eine Unzuständigkeit nahelegen, müssen nachgegangen werden. Das Jugendamt kann sich hier nicht offensichtlichen Zweifeln gegenüber versperren.
Wäre die Zulässigkeit fehlerhaft angenommen worden, so hat das nicht zwangsläufig Auswirkungen auf das Urteil im Vaterschaftsfeststellungsprozess. Die Beistandsschaft ist im Rhamen der Frage der Prozessfähigkeit des Kindes relevant.
DIes ist eine Frage der Zulässigkeit des Verfahrens.
Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen jedoch nicht in jedem Verfahren von Anfang an gegeben sein.
Sie müssen zwingend erst im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegen.
3. Erst mit dem Beschluss des Gerichtes, den Termin zu verlegen bzw. auf die Anwesenheit eines Beteiligten zu verzichten ist die Anordnung der Anweseneheitspflicht aufgehoben.
4.Aus § 169 GVG
wird der Grundsatz hergeleitet, dass jegliche (also auch alle nicht zur öffentlichen Vorführung gedachten) Aufzeichnungen unzulässig sind.
5. Es kann daruaf bestanden werden, dass ein Urteil gefällt wird. Die andere Möglichkeit ist es nach § 1592 Nr. 2 BGB
die Vaterschaft anzuerkennen - hierzu ist eine eigenstädige Erklärung des Vaters notwendig.
6. Die Alternativität des Abstammungsverfahrens gilt für das gesamte Feststellungsverfahren gem. Art 19, 23 EBGBG - also gerade (auch) für das gerichtliche Verfahren.
7. das Gericht hat die Möglichkeit die Vaterschaftsanerkennung nach dem Recht des Heimatlandes des (möglichen) Vaters durchzuführen. Dann aber wird das gesamte materielle Recht des Herkunftslandes Grundlage des Urteils. Es findest also grundsätzlich keine Vermischung von deutschem Recht und ausländischem Rechts statt.
Mit freundlichen Grüßen
RA Drewelow