Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich möchte Sie auf der Grundlage Ihrer Angaben wie folgt beantworten:
1. "Hat der Widerspruch nach §§ 68ff VwGO
aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO
?"
Der Widerspruch hat grundsätzlich immer aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung entfällt nur in den in §80 Absatz 2 VwGO
.
Da es sich bei Ihrem Fall weder um Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, noch um eine Anordnung eines Polizeivollzugsbeamten und die Behörde die sofortige Vollziehung nicht angeordnet hat, kann sich ein Entfallen der aufschiebenden Wirkung nur aus den Bestimmungen des einschlägigen Landesrechts ergeben.
Mir ist nicht bekannt, dass es im niedersächsischen Prüfungs- bzw. Hochschulrecht eine solche Bestimmung gibt.
Der Widerspruch hätte daher aufschiebende Wirkung.
2.) "Muss mich die Hochschule bei einer aufschiebenden Wirkung wieder immatrikulieren und mir den zweiten Prüfungsversuch ermöglichen, solange nicht endgültig über den Widerspruch entschieden wurde (z. B. im Extremfall beim BVerwG)?"
Bei einer aufschiebenden Wirkung des Widerspruch ist ja auch die Exmatrikulation, die auf der Bestandskraft der Prüfungsentscheidung beruht, aufgeschoben, sodass die Universität sie nicht wiederimmatrikulieren braucht. Sie sind dann schlicht noch nicht exmatrikuliert.
3.) "Wenn der Widerspruch nach §§ 68ff VwGO
aufschiebende Wirkung hat, die Prüfungsbehörde die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 2 VwGO
jedoch aufhebt (sofortiger Vollzug), besteht dann die Möglichkeit, einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ("Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung") beim VG einzureichen?"
Ja. Sie bzw. Ihr Anwalt muss dann einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden gemäß §80 Absatz 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO
stellen.
4.) "Wenn sich die Sachlage(hier Exmatrikulation weil Prüfung bestanden, statt Prüfung nicht bestanden) ändert, wird dies bei einer Beschwerde berücksichtigt und kann der Antrag vom OVG von §123 VwGO
auf § 80 VwGO
abgeändert werden und ans VG zurückgewiesen werden?"
Ich würde mich nicht darauf verlassen, dass das OVG im Beschwerdeverfahren Ihre Anträge in für Sie vorteilhafte Anträge umdeutet. Das müssten Sie bzw. Ihr Anwalt schon selber machen. Unabhängig davon wird das OVG meines Erachtens nicht auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der eigenen Entscheidung abtellen, sondern es wird die Sachlage zum Zeitpunkt der Entscheidung des VG heranziehen, da es ja in dem Beschwerdeverfahren um die Nachprüfung der VG-Entscheidung geht.
Allerdings gibt es auch die Möglichkeit, dass das VG gemäß §80 Absatz 7 VwGO
im Abänderungsverfahren die eigene Entscheidung abändert. Sie könnten in Erwägung ziehen einen solchen Antrag zu stellen.
Abschließend kann ich Ihnen nur dringend raten, da die Frage doch für Sie und Ihre Zukunft wohl hohe Bedeutung hat unverzüglich einen Rechtsanwalt vor Ort mit Ihrer weiteren Vertretung zu beauftragen.
Ich hoffe, Ihnen durch diese Antworten eine erste rechtliche Orientierung gegeben zu haben. Für eine weitere Beauftragung stehe ich selbstverständlich gerne zur Verfügung.
Sollten Unklarheiten bestehen, würde ich mich freuen, wenn Sie die kostenlose Nachfragefunktion in Anspruch nehmen.
An dieser Stelle möchte ich mir noch den Hinweis erlauben, dass die rechtliche Einschätzung ausschließlich auf den von Ihnen mitgeteilten Tatsachen beruht und dass durch das Hinzufügen oder Weglassen von weiteren tatsächlichen Angaben die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen kann. Auch aus diesem Grunde, kann und soll diese Plattform eine umfassende Begutachtung durch eine Kollegen vor Ort nicht ersetzen, sondern lediglich eine erste Orientierung bieten.
Mit freundlichen Grüßen
Kerem E. Türker
Rechtsanwalt