Sehr geehrter Fragesteller,
wenn Sie die Stundungen korrekt beantragt haben dann droht Ihnen für die Rückstände aufgrund der Steuern und/oder Sozialabgaben keine Haftung nach § 64 GmbhG bzw. §§ 34
und 64 AO
.
Voraussetzung hierfür ist gewesen, dass die Stundung schon vor den Liquiditätsengpässen gestellt wurde, dies scheint bei Ihnen offenbar der Fall zu sein. Bei den Sozialabgaben ist zusätzlich erforderlich, dass versucht wurde hier alle anderen Möglichkeiten auf Zusatzleistungen wie z.B. Kurzarbeit auszuschöpfen.
Wenn aber durch das Finanzamt nach Prüfung die Stundung genehmigt worden ist dürfen Sie davon ausgehen, dass die Voraussetzungen auch vorgelegen haben. Wichtig ist hier, dass bereits vor dem Auftreten des Liquiditätsengpasses der Antrag gestellt wurde und nicht erst danach. Es sollten also keine Firmen Erleichterungen erhalten, die sowieso schon in wirtschaftlichen Schwierigkeiten sind. Bei den rechtmäßigen Stundungen wäre dann die Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers nicht verletzt und damit ist auch keine Haftung nach § 64 GmbHG
gegeben.
Ab dem 01.10.2020 ist die Pflicht zur Stellung des Insolvenzantrages aber nur noch für die Fälle ausgesetzt, in denen eine Überschuldung vorliegt. Das wäre dann der Fall, wenn dies Schulden der der Firma deren Vermögen übersteigen und es keine günstige Zukunftsprognose gibt. Durch die fortgesetzte Stundung von Seiten des Finanzamtes oder auch anderer Gläubiger läßt sich dieser Zustand auch länger aufrecht erhalten.
In den Fällen in denen Zahlungsunfähigkeit vorliegt, gilt die Aussetzung aber nicht mehr. Die Zahlungsunfähigkeit wird vom BGH wie folgt definiert:
Zitat:1. Eine bloße Zahlungsstockung ist anzunehmen, wenn der Zeitraum nicht überschritten wird, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die benötigten Mittel zu leihen. Dafür erscheinen drei Wochen erforderlich, aber auch ausreichend.
2. Beträgt eine innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, daß die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird.
3. Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig beseitigt werden wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalls zuzumuten ist.
Wenn es also nicht mehr möglich ist, die Zahlungsfähigkeit zu beseitigen, sei es durch Stundungen, anderweitige Darlehnsaufnahme oder sonstige Zahlungen durch Dritte besteht ab dem 01.10.2020 dann wieder eine Insolvenzantragspflicht.
Ich hoffe Ihre Frage zufriedenstellend beantwortet zu haben und wünsche Ihnen noch ein schönes Wochenende und Alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen,
RA Fabian Fricke