Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
zu a): Sofern Sie noch in der Einspruchsfrist von vier Wochen sind, können Sie per einfachem Brief Einspruch gegen den Steuerbescheid für 2018 beim Finanzamt (Veranlagungsstelle) einlegen mit der Begründung, dass der Verlust nicht berücksichtigt wurde bzw. der Festsetllungsbescheid über den Verlustvortrag (§ 10 d Abs. 4 EStG
) nicht erlassen wurde.
Ich würde allerdings auch einen Antrag nach § 129
Abgabenordnung für richtig halten. Er lautet:
§ 129 Offenbare Unrichtigkeiten beim Erlass eines VerwaltungsaktsZitat:
Zitat:
Die Finanzbehörde kann Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Bei berechtigtem Interesse des Beteiligten ist zu berichtigen.
Hintergrund dieser Vorschrift ist folgender: Es kann ja mal passieren, dass man in der Einkommensteuererklärung aus Versehen unvollständige Angaben gemacht hat. Wenn diese so offensichtlich unvollständig waren, dass das Finanzamt den Fehler hätte bemerken müssen (etwa aufgrund der eingereichten Belege, aus denen sich ihr Anspruch klar ergibt), dann muss man ein Recht darauf haben, dass der Fehler unbürokratisch bereinigt wird.
Aber zur Sicherheit sollten Sie neben dem Antrag auf Berichtigung auch einen Einspruch einlegen. Letztlich ist der ebenso unbürokratisch zu handhaben, denn die Veranlagungsstelle hilft einem offensichtlich begründeten Einspruch selbst ab und gibt ihn nicht an die Rechtsbehelfsstelle. Aber selbst das wäre kein Problem, denn das Einspruchsverfahren ist kostenlos.
zu b): Die 9.000 € sind keinesfalls "verloren"! Ein (auch ein innerhalb eines Steuerjahres nicht "verbrauchter") Verlustvortrag wird einfach in das nächste Jahr verschoben. Bleibt dann (bei hohen Verlustvorträgen) nach der Verrechnung immer noch etwas übrig, wird dieser Überhang weiter vorgetragen und bis zu 60 % des Gesamtbetrages der Einkünfte jedes Folgejahres ausgeglichen. Kann im Folgejahr der Verlustvortrag nicht vollständig verrechnet werden, geht er in den Verlustfeststellungsbescheid dieses Jahres ein. Der Verlustvortrag kann allerdings im Gegensatz zum Verlustrücktrag nicht vom Steuerpflichtigen begrenzt werden.
Wenn also die Einspruchsfrist schon abgelaufen ist und das Finanzamt die Korrektur nach § 129 AO ablehnt, dann haben Sie immer noch die Möglichkeit des Verlustrücktrages. Ein rückwirkender Verlustvortrag ist bis zu 4 Jahre nach Anfall des Verlusts möglich. (Wenn noch nie zuvor eine Steuererklärung beim Finanzamt abgegeben wurde, können Sie sogar die letzten 7 Jahre rückwirkend steuerlich geltend machen.) Denken Sie auf jeden Fall daran, alle Belege, Quittungen und Kontoauszüge sorgfältig aufzuheben.
zu c): Eigentlich müssen beide Häkchen gesetzt werden, wenn Sie eine Einkommensteuererklärung abgeben wollen und nicht nur - bei negativen Gesamteinkünften - den Verlustvortrag feststellen lassen wollen (und dann nur die Anlage N ausfüllen). Ich weiß aber tatsächlich nicht, ob das im ELSTER-Programm möglich ist (technische Frage).
Auf jeden Fall gilt aber das oben Gesagte: Sobald Sie Ihrer Veranlagungsstelle (gerne auch telefonisch - lassen Sie sich von der Hotline zu dem auf Ihrem Bescheid angegebenen Sachbearbeiter durchstellen) mitgeteilt haben, dass Sie da wohl irrtümlich ein Häkchen nicht gesetzt haben (oder nicht setzen konnten), haben Sie alles Erforderliche getan. Denn es gilt ja doch immer noch die sog. materielle Steuergerechtigkeit, d. h. der Staat soll nur das bekommen, was ihm nach den Steuergesetzen zusteht, und nicht, was ihm aufgrund eines aus Unkenntnis gemachten Fehlers des Steuerbürgers zufällt.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen geholfen zu haben, ansonsten stellen Sie gerne eine Nachfrage!
Mit freundlichem Gruß!
Elisabeth v. Dorrien
Rechtsanwältin