Sehr geehrte Frau Zaum,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ihre Schwiegermutter durfte ihre Tochter trotz des von dieser erklärten Erb- und Pflichtteilsverzichts in einem Testament als Alleinerbin einsetzen. Denn der Erb- und Pflichtteilsverzicht bezog sich nur auf das gesetzliche Erbrecht, er schließt eine testamentarische Erbeinsetzung nicht aus. Ihre Söhne haben allerdings einen Pflichtteilsanspruch, da sie insoweit an die Stelle Ihres verstorbenen Ehemannes getreten sind. Der Wert des Pflichtteils entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils; da Ihre Söhne jeweils zu einem Viertel gesetzliche Erben geworden wären, haben sie also Anspruch auf jeweils ein Achtel des Nachlasswertes im Wege des Pflichtteils.
Die Frage ist nun, wie hoch der Wert des Nachlasses Ihrer Schwiegermutter zu beziffern ist, insbesondere ob die aufgrund des Vertrags vom 31.08.2000 erfolgte Übertragung von Vermögenswerten im Wert von 300.000 EUR dem Nachlass hinzuzurechnen ist. Hierbei ist zunächst mangels entgegenstehender Hinweise davon auszugehen, dass dieser Vertrag wirksam geschlossen worden ist. Unwirksam wäre der Vertrag nur, wenn Ihre Schwiegermutter z.B. aufgrund geistiger Verwirrtheit geschäftsunfähig war. Da mittlerweile aber auch schon einige Jahre ins Land gegangen sind, wird es schwierig sein, dies noch zu überprüfen.
Allerdings stehen bei diesem Vertrag der Wert der von Ihrer Schwägerin zu erbringenden Pflegeleistung und der Wert der Übertragungsverpflichtung, die Ihre Schwiegermutter übernommen hat, von außen betrachtet in einem auffälligen Missverhältnis zueinander; die Pflegeleistungen, die man als Privatperson für eine 88jährige Dame erbringen muss, dürften in den seltensten Fällen einen Wert von 300.000 EUR haben. Daher ist zu vermuten, dass ein Teil der Vermögensübertragung in Wahrheit unentgeltlich, also als Schenkung, erfolgen sollte. Und gemäß § 2325 BGB sind Schenkungen, die der Erblasser weniger als zehn Jahre vor seinem Tod gemacht hat, bei der Berechnung des Pflichtteils dem Nachlass hinzuzurechnen. Sie sollten also einen Rechtsanwalt aufsuchen und zusammen mit ihm ermitteln, wieviel das Pflegeversprechen Ihrer Schwägerin objektiv wert war und wieviel von der Vermögensübertragung in Wahrheit eine Schenkung darstellte. Der Teil der übertragenen Vermögenswerte, der schenkweise auf Ihre Schwägerin übertragen wurde, muss bei der Bestimmung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs Ihrer Söhne dem Nachlass hinzugerechnet werden.
Ich hoffe, Ihnen mit dieser Auskunft weitergeholfen zu haben. Für Rückfragen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Jana Laurentius
(Rechtsanwältin)