Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Nach §§ 63 Abs. 1 Nr. 1
, 32 Abs. 4 EStG
wird ein Kind, welches das 18. Lebensjahr vollendet hat, bei der Zahlung von Kindergeld nur noch berücksichtigt, wenn die in § 32 Abs. 4 EStG
geregelten besonderen Voraussetzungen vorliegen.
Nach § 32 Abs. 4 EStG
wird ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat berücksichtigt, wenn es
1. noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
2. noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat und
a) für einen Beruf ausgebildet wird oder
b) sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder
c) eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder
d) ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres, ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres oder einen Freiwilligendienst im Sinne des Beschlusses Nr. 1031/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2000 zur Einführung des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms "Jugend" (ABl. EG Nr. L 117 S. 1) oder einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 14b des Zivildienstgesetzes leistet oder
3. wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten ist.
Gegenwärtig liegen die Voraussetzungen für die Zahlung von Kindergeld vor, und diese entfallen auch nicht nachträglich, wenn Sie die Ausbildung abbrechen, weil Ihnen die Ausbildung nicht liegt bzw. nicht ihren Neigungen entspricht. Sie haben die Ausbildung ja nicht vorgeschoben, um weiterhin Kindergeld zu erhalten, sondern tatsächlich auch begonnen. Einen Rückforderungsanspruch der Kindergeldkasse vermag ich daher nicht zu erkennen, unabhängig davon, wer das Ausbildungsverhältnis kündigt.
Entfallen wird das Kindergeld aber, wenn Sie nun die Ausbildung abbrechen, und erst zum Sommersemester 2006, welches m.E. erst im April 2006
beginnen wird (Sommersemester: 01.04. bis 30.09.; Wintersemster: 01.10. bis 31.03.) einen Studienplatz erhalten. Denn dadurch wird die Zwischenzeit von 4 Monaten um 3 Monate überschritten, so daß die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Nr. 2b EStG
dann jedenfalls nicht mehr vorliegen werden. Wenn Sie keinen Studienplatz für das bald beginnende Wintersemester ergattern können, sollten Sie also die Beendigung der Ausbildung noch bis zum Jahresende hinauszögern - sofern dies in Ihrer Macht steht. Andernfalls wird, wenn Sie nicht innerhalb von 4 Monaten eine andere Ausbildung beginnen, der Kindergeldanspruch entfallen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben und stehe für Rückfragen jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
A. Schwartmann
Rechtsanwalt
www.andreas-schwartmann.de
Diese Antwort ist vom 08.09.2005 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Schwartmann
Robert-Perthel-Str. 45
50739 Köln
Tel: 022180137193
Web: http://www.rechtsanwalt-schwartmann.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Andreas Schwartmann
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Danke für Ihre Antwort.
1) Wenn ich das Ausbildungsverhältnis vorzeitig abbräche, würde die Famliienkasse also vom Ende des Lehrverhältnisses bis zum Beginn des Studiums zeitmäßig neurechnen?
Dann stelle der Zeitraum Abitur (1.4) bis Lehre (1.9) einen abgeschlossenen Abschnitt dar und der Zeitraum Ende Lehre bis Anfang Studium einen neuen Abschnitt dar? Eine Zusammenrechnung der beiden Intervalle (wäre dann Abitur bis Studienbegin) ist also nicht denkbar? Weil ich dann ja nicht nur die Berechtigung für zukünftiges Kindergeld, sondern auch gezahltes Kindergeld nachträglich verlieren würde?!
2) Wenn der Zeitraum zwischen Abbruch der Lehre und Studienbeginn länger als 4 Monate liegt, muss ich damit rechnen, dass man mir in diesen Zeitraum überhaupt kein Kindergeld zahlen wird, oder das man mir 4 Monate das KiG zahlt und nur die "überschüssigen" Monate das Geld verwehren wird?
Angenomme ich täte, die Lehre nach Beginn des Wintersemesters erst kündigen (derzeit sieht es so aus, dass ich keinen Studienplatz für ein gewünschtes Studienfach finde) und müsste dann bis zum Sommersemester warten. Könnte ich dann bei einer längeren Wartezeit von 4 Monaten darauf verweisen, dass eben nunmal das Sommersemester erst im April beginnt und eine Überschreitung unvermeidlich ist?
Ich bedanke mich.
Danke für Ihre Antwort.
1) Wenn ich das Ausbildungsverhältnis vorzeitig abbräche, würde die Famliienkasse also vom Ende des Lehrverhältnisses bis zum Beginn des Studiums zeitmäßig neurechnen?
Dann stelle der Zeitraum Abitur (1.4) bis Lehre (1.9) einen abgeschlossenen Abschnitt dar und der Zeitraum Ende Lehre bis Anfang Studium einen neuen Abschnitt dar? Eine Zusammenrechnung der beiden Intervalle (wäre dann Abitur bis Studienbegin) ist also nicht denkbar? Weil ich dann ja nicht nur die Berechtigung für zukünftiges Kindergeld, sondern auch gezahltes Kindergeld nachträglich verlieren würde?!
2) Wenn der Zeitraum zwischen Abbruch der Lehre und Studienbeginn länger als 4 Monate liegt, muss ich damit rechnen, dass man mir in diesen Zeitraum überhaupt kein Kindergeld zahlen wird, oder das man mir 4 Monate das KiG zahlt und nur die "überschüssigen" Monate das Geld verwehren wird
Angenommen ich täte, die Lehre nach Beginn des Wintersemesters erst kündigen (derzeit sieht es so aus, dass ich keinen Studienplatz für ein gewünschtes Studienfach finde) und müsste dann bis zum Sommersemester warten. Könnte ich dann bei einer längeren Wartezeit von 4 Monaten darauf verweisen, dass eben nunmal das Sommersemester erst im April beginnt und eine Überschreitung unvermeidlich ist? Ich bedanke mich.
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die mir Gelegenheit gibt, auf zwei Entscheidungen des BFH hinzuweisen, die mir bei Abfassung der Antwort noch nicht vorlagen und die dazu führen, daß Sie unter bestimmten Voraussetzungen den Anspruch auf Kindergeld nicht verlieren.
Wenn Sie nämlich nachweisen können, daß Sie sich "ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemühen, für den es auch objektiv geeignet ist.“ (BFH-Urteil vom 15.7.2003 (VIII R 77/00
) am Ende) gilt § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EstG. mit der Folge, daß die Kindergeldkasse die Zahlung nicht wird einstellen können.
In der zitierten Entscheidung führt das Gericht wie folgt aus:
„Ein Kind ist nicht nur dann nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG
für das Kindergeld zu berücksichtigen, wenn es noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, sondern auch dann, wenn ihm ein Ausbildungsplatz bereits zugesagt wurde, es diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten kann.“
Dazu können Sie sich auch auf eine weitere Entscheidung berufen, nämölich das BFH-Urteil vom 15.7.2003 (VIII R 78/99
). Dort heißt es u.a.:
„§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b EStG
ist in erster Linie zugeschnitten auf Übergangszeiten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten. Wird in einem solchen Fall die Viermonatsfrist überschritten, dann greift § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG
als Auffangtatbestand (so zutreffend Korn/Greite, a.a.O., § 32 Rz. 50), wenn die Fristüberschreitung darauf beruht, dass das Kind sich zwar rechtzeitig und ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht hat, eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes aber nicht beginnen oder fortsetzen kann.“
Sie können sich in der Wartezeit auch arbeitslos melden und somit auf § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EstG berufen, wenn Sie denn auch der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen und nachweisen können, daß sie sich um einen Studienplatz zum Wintersemester bemüht haben, diesen aber erst zum Sommersemester antreten können.
Eine Rückzahlung des Kindergeldes und die Einstellung der Zahlungen kommt dann nicht in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
A. Schwartmann
Rechtsanwalt