Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Zu 1.
Patente gelten nur in dem Land, für das sie erteilt werden (Territorialitätsprinzip). Ein amerikanisches Patent entfaltet daher keine Schutzwirkung in Deutschland, so dass die Produktion/der Vertrieb in Deutschland hieraus nicht untersagt werden kann. Allerdings besteht insbesondere im Rahmen der Pariser Verbandsübereinkunft die Möglichkeit, auf der Grundlage der ausländischen Anmeldung anschließend auch Patentschutz in Deutschland zu erlangen (siehe hierzu unter 2.).
Zu 2.
Das Patentgesetz sieht tatsächlich in § 12 PatG
ein Vorbenutzungsrecht vor: „Die Wirkung des Patents tritt gegen den nicht ein, der zur Zeit der Anmeldung bereits im Inland die Erfindung in Benutzung genommen oder die dazu erforderlichen Veranstaltungen getroffen hatte. Dieser ist befugt, die Erfindung für die Bedürfnisse seines eigenen Betriebs in eigenen oder fremden Werkstätten auszunutzen."
Allerdings kann der Anmelder des US-Patents bei einer späteren Anmeldung des Patents in Deutschland (innerhalb von 12 Monaten) Priorität beanspruchen. Das bedeutet, dass als Anmeldetag die frühere Anmeldung in den USA gezählt wird. Ein Vorbenutzungsrecht besteht daher dann nicht, wenn Sie erst jetzt (nach der amerikanischen Anmeldung) mit der Herstellung beginnen und der Patentinhaber anschließend das Patent auch in Deutschland anmeldet. Der Patentinhaber könnte Ihnen dann die weitere Herstellung untersagen bzw. dies von einer Lizenzzahlung abhängig machen.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 21.08.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Zu 2., hier habe ich noch die 12-monatige Frist nicht so ganz verstanden.
Die Anmeldung des amerikanischen Patents war Ende 2010. Nehmen wir an, dass Patent wird nun diesen Monat endgültig erteilt. Würde dies bedeuten, dass das US-Unternehmen bis zum August nächsten Jahres Zeit hat, Priorität in Deutschland zu beanspruchen?
Welche Möglichkeiten ergeben sich für mich, wenn er innerhalb dieser Zeit nichts im europäischen Raum unternimmt und keinen Patentschutz zur Geltung bringt?
Mit freundlichem Gruß
Vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Die oben erwähnten Prioritätsfristen betragen zwölf Monate für Erfindungspatente; diese Fristen laufen vom Zeitpunkt der Hinterlegung der ersten Anmeldung an (siehe Art.4 PVÜ) und sind daher ggf. schon abgelaufen. Allerdings kann in Amerika auch unter Inanspruchnahme der einjährigen Erfinderschonfrist angemeldet werden, dann wäre möglicherweise gar keine Neuanmeldung möglich. Andererseits können z.B. im Falle einer PCT-Anmeldung längere Prioritätsfristen gelten. Im Rahmen dieser Erstberatung kann insbesondere ohne Kenntnis des konkret betroffenen Patents daher leider keine abschließende Beurteilung abgegeben werden. ich kann nur anraten, vor Produkteinführung einen Patentanwalt mit der konkreten Prüfung zu beauftragen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen