Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
1.) Hier gilt zunächst einmal § 152 II ZVG
. Diese Vorschrift besagt, dass ein Pachtvertrag auch dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam ist, wenn das Grundstück dem Pächter vor der Beschlagnahme überlassen worden ist (dies gilt also nicht, wenn der Pächter zur Zeit der Beschlagnahme noch keinen Besitz an der Pachtsache hat, also lediglich der Vertrag geschlossen worden ist).
Grundsätzlich ist der Pächter daher nach wie vor vollumfänglich gemäß dem Pachtvertrag berechtigt, der Zwangsverwalter muss dies hinnehmen. Es gibt jedoch Ausnahmen, so dass die Möglichkeit besteht, dass einzelne Regelungen des Pachtvertrags gegenüber dem Zwangsverwalter unwirksam sind.
Vor allem ist hier die Unwirksamkeit von Vorausverfügungen über den Pachtzins gem. §§ 146
, 20
II ZVG, 1124
, 1125 BGB
zu nennen. Der Begriff der Vorausverfügung über die Pachtzinsforderung meint jedes Rechtsgeschäft, durch das die Miet- oder Pachtzinsforderung unmittelbar übertragen, belastet, geändert oder aufgehoben wird. Hierunter fallen insbesondere die Erfüllung der Forderung durch Aufrechnung, durch Annahme an Erfüllung statt sowie ihre Stundung und ihr Erlass. Die Vorausverfügung muss zudem unmittelbar auf den Miet- bzw. Pachtzins einwirken (BGH XII ZR 16/00
). Regelt der Pachtvertrag also eine Vereinbarung, nach der den Grundpfandgläubigern der Pacht- oder Mietzins für einen Zeitraum nach der Beschlagnahme entzogen werden würde, ist diese Vereinbarung unwirksam.
Inwieweit der Ihrerseits abgeschlossene Pachtvertrag solche unwirksamen Vorausverfügungen enthält, kann an dieser Stelle nicht abschließend bewertet werden. Dies ist im Rahmen der hier vorzunehmenden Erstberatung nicht möglich. Dafür wäre es erforderlich, den Pachtvertrag vollständig vorliegen zu haben und im Rahmen eines Mandatsverhältnisses zu überprüfen. Aufgrund der für Sie wirtschaftlich erheblichen Bedeutung sollten Sie den Vertrag daher unbedingt einem Rechtsanwalt zur ausführlichen Prüfung vorlegen.
2.) Der Zwangsverwalter kann nur Maßnahmen untersagen, die Gläubigerrechte vereiteln oder gefährden können.
3.) Hier ist es sehr fraglich, ob diese Einnahmen dem Pächter zustehen können oder ob es sich um eine unwirksame Vorausverfügung handelt.
In einem Fall, in dem es darum ging, ob der Mieter eines von der Zwangsverwaltung betroffenen Gebäudes den Untermietzins beanspruchen durfte, hat der BGH den Hauptmietvertrag (also in Ihrem Fall den Pachtvertrag) für nichtig erklärt, da Schuldner und Mieter zusammenwirkten, um den Gläubigern die Mieteinnahmen zu entziehen (BGH V ZR 294/03
). Ein solches Vorgehen ist also zumindest sehr riskant.
4.) Der Ersteher des Grundstücks hätte ein außerordentliches Kündigungsrecht im Rahmen von § 57a ZVG
.
Ein Erstattungsanspruch des A gegen R ist nicht ersichtlich. Mit dem Zuschlag in der Zwangsversteigerung erwirbt R das Eigentum am Grundstück kraft Gesetzes, § 90 ZVG
. Gleiches gilt für die auf dem Grundstück befindlichen Gebäude, da diese gem. § 94 BGB
esentlicher Bestandteil des Grundstücks sind. Gleiches gilt gem. § 55 ZVG
für Zubehör i.S.v. § 97 BGB
.
Die pachtvertragliche Abrede, wonach A und B einen Erstattungsanspruch gegen Rechtsnachfolger vereinbart haben, dürfte als Vertrag zu Lasten Dritter zu bewerten sein. Verträge zu Lasten Dritter greifen in die Vertragsfreiheit des Dritten ein und sind stets nichtig.
5.) Ein Insolvenzverwalter könnte den Pachtvertrag unter Beachtung der §§ 129 ff. InsO
anfechten, wenn hiermit eine Gläubigerbenachteiligung verbunden wäre.
6.) Dies kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Sollte z.B. das Insolvenzverfahren eröffnet werden, würde die Verfügungsbefugnis gem. § 80 InsO
auf den Insolvenzverwalter übergehen.Das heißt, dass B das Grundstück nicht mehr an A übereignen dürfte.
Wie Sie sehen, ist die Rechtslage im vorliegenden Fall äußerst kompliziert. Das geplante Vorhaben ist sehr risikoreich. Sie sollten daher unbedingt einen Rechtsanwalt mit der Überprüfung des Pachtvertrags und einer weitergehenden Beratung mandatieren. Ich hoffe jedoch, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben.
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 03.01.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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