Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Bei der rechtlichen Beurteilung des von Ihnen geschilderten Sachverhalt kann es auf Einzelheiten ankommen (insbesondere Festsetzungen des B-Planes etc.), die - notgedrungen - keinen Eingang in Ihre Sachverhaltsschilderung finden konnten. Aus der Ferne können daher Ihre Fragen allenfalls im Rahmen einer Ersteinschätzung kursorisch beantwortet werden. Wenn es aber bei der rechtlichen Einschätzung sozusagen ans "Eingemachte" geht, ist die Prüfung vor Ort unumgänglich, was Sie ja auch schon mit Ihrer Frage nach einer Empfehlung erkannt haben. Wie Sie einen fachkundigen Rechtsbeistand vor Ort finden, würde ich Ihnen gerne per E-Mail mitteilen. Wenn Sie damit einverstanden sind, senden Sie mir doch einfach eine E-Mail, ich antworte dann darauf (siehe Ihre Frage 6).
Zur Sache:
Verfahren vor dem Amtsgericht
Hier ist wichtig , dass Sie keine Fristen versäumen. Häufig müssen Sie als Beklagter Ihre Verteidigungsbereitschaft binnen 2 Wochen anzeigen. Das ist eine Notfrist, die nicht verlängert werden kann. Bitte prüfen Sie das genau. Ungeschickt ist es, einen Prozess wegen Fristversäumnis zu verlieren. Aber ich unterstelle einmal, dass Sie das im Blick haben.
Nach § 9 Absatz 1 BauGB
können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:
"11. die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;"
zu Frage 1:
Ich denke, die Frage ist entscheidend, ob der betreffende Weg durch die Festsetzung im B-Plan gewidmet wurde. Eine Eintragung im Grundbuch als Wegerecht oder eine Baulast ist, soweit ich das derzeit sehe, nicht erforderlich, aber natürlich im Rahmen z.B. eines straßenrechtlichen Gestattungsvertrages möglich. Die Festsetzung des Wegerechts ist Bestandteil des B-Planes und daher auch vom Hoteleigentümer zu beachten. Es könnte sein, dass die Gemeinde mit dem Hotelgrundstückseigentümer einen Gestattungsvertrag abschließen wollte, da es sich um eine private Verkehrsfläche handelt, dies aber offensichtlich nicht getan hat. M.E. kann der Weg für die Öffentlichkeit nur durch die Widmung als Weg im Sinne des Straßengesetzes SH offengehalten werden.
Das BVerwG hat im Urteil vom 7. 6. 2001, Az. 4 CN 1/01
, ausgeführt:
"Eine Gemeinde ist gem. § 1 III i.V. mit § 9 Absatz I Nr. 11 BauGB
regelmäßig befugt, durch bauplanerische Festsetzungen im Rahmen der Selbstverwaltung eine gemeindliche "Verkehrspolitik" zu betreiben."
Der Hotelgrundstückseigentümer kann sich daher grundsätzlich nicht auf fehlende Eintragungen im Grundbuch etc. berufen. Es geht hier vielmehr um die öffentlich-rechtliche Qualität des Weges.
zu Frage 2:
Diese Frage ist ohne Kenntnis des B-Planes und etwaiger Vertragsverhältnisse mit dem Hotelgrundstückseigentümer nicht zu beantworten. Wenn einklagbar, dann wäre das Verwaltungsgericht zuständig. Lohnen kann aber auch ein vorheriger Kontakt zur Fachaufsicht über die Gemeinde. Es deutet einiges darauf hin, dass die Gemeinde Festsetzungen nicht vollständig umgesetzt hat.
zu Frage 3:
Das kann durchaus sein. Das OLG Schleswig hat im Urteil vom 10.10.2006, Az. 3 U 41/06
, ausgeführt:
"Es ist sowohl im privaten als auch im öffentlichen Wegerecht anerkannt, dass Überwegungsrechte auch historisch, mithin durch Gewohnheitsrecht, begründet sein können. Ein Gewohnheitsrecht ist dann anzunehmen, wenn innerhalb eines autonomen Verbandes, nämlich innerhalb eines engeren Kreises von Betroffenen eine langdauernde, gleichmäßige, tatsächliche Übung besteht, die von der Überzeugung getragen wird, zu dem Verhalten rechtlich verpflichtet zu sein (RGZ 76, 113
; Rinke in Kodal/Krämer, Straßenrecht, 6. Aufl. 1999, S. 104). Wird ein bestimmter Weg über ein Privatgrundstück mithin seit langer Zeit als Zuwegung zwischen der öffentlichen Straße und einem Hinterliegergrundstück benutzt, dann kann das zur Bildung eines örtlich geltenden Gewohnheitsrechts führen, das objektives Recht darstellt und an das die Anwohner gebunden sind, wie dies zutreffend in dem Urteil des AG Norderstedt vom 27. 8. 1993, 44 C 210/92, Bl. 6 ausgeführt wird."
In dem o.g. Fall wurde vorgetragen, dass das Wegerecht seit den 1920er Jahren bestand, was unwidersprochen blieb.
Im konkreten Fall kommt es dann wieder auf die genauen Einzelheiten an, die einer weiteren Prüfung vorbehalten bleiben müssen.
zu Frage 4:
Für eine Schikane spricht sehr viel, zumal wenn der Zusammenhang zwischen Betretungsverbot und Ihrer Intervention wegen der Lärmbelästigung ausführlich dargelegt werden kann. Isoliert damit würde ich der Unterlassungsklage aber nicht entgegentreten wollen, da diese Einschätzung immer stark auf einer Wertung beruht, die mal so, mal so ausgehen kann.
zu Frage 5:
Hand aufs Herz: Eine solche Klage (Verpflichtungsklage vor dem Verwaltungsgericht) sollten Sie nicht in Eigenregie anstreben, sondern einen im Verwaltungsrecht kundigen Rechtsbeistand damit beauftragen, der aber zuvor den - wohl schnelleren - Verhandlungsweg beschreiten würde. Eine Klage am Verwaltungsgericht kann ziemlich lange dauern. Daneben könnte aber auch ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen den Hotelgrundstückseigentümer in Betracht kommen, der sich ja nicht an die Festsetzungen des B-Planes hält und damit Ihr Eigentum beeinträchtigt. Ggf. auch Amtshaftungsansprüche gegen die Gemeinde, wenn sie bei der Umsetzung des B-Planes zu Ihren Lasten etwas falsch gemacht haben sollte.
Grundsätzlich ist in einer solchen Situation ein Gespräch der Beteiligten nicht verkehrt. Der Bürgermeister wird allerdings auch schon wissen, warum er es vorgeschlagen hat (was ich einfach mal vermute). Das sollten Sie sich in einem ersten Gespräch zunutze machen. Letztlich bin ich aber auch der Meinung, dass Sie ohne Rechtsbeistand die Sache auf Dauer nicht rechtlich verbindlich festgezurrt bekommen. Auf irgendwelche Wischiwaschi-Absichtserklärungen sollten Sie sich nicht einlassen. Dafür halte ich Ihre Rechtsposition - bei allem nötigen Vorbehalt - für zu aussichtsreich.
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Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen zumindest als Ersteinschätzung weitergeholfen. Dann freue ich mich über eine positive Bewertung.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 14.08.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für Ihre erste rechtliche Bewertung des umfangreichen
Sachverhalts; daß hat mir sehr geholfen. Nun zur Nachfrage:
Die Gegenseite behauptet,die Festsetzungen des B-Plans ( Wegerecht ) würden uns kein subjektives Recht gegenüber der Klägerin geben,
sodaß sich das Haus und Betretungsverbot als wirksam erweist. Sie
hatten dagegen ausgeführt, daß die Festsetzung des Wegerechts
Bestandteil des B-Plans ist und damit vom Hoteleigentümer zu
beachten ist. Für eine Bewertung der Behauptung der Gegenseite wäre ich dankbar.
> die Festsetzungen des B-Plans ( Wegerecht)
> würden uns kein subjektives Recht gegenüber der
> Klägerin geben,
Ist der Weg gewidmet gilt:
§ 20 Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein
"Gemeingebrauch
(1) Der Gebrauch der öffentlichen Straßen ist jedermann im Rahmen der Widmung und der Straßenverkehrsvorschriften zum Verkehr gestattet (Gemeingebrauch)."
Im Kommentar "Praxis der Kommunalverwaltung" wird zu dieser Vorschrift ausgeführt:
"Gesichert erscheint, daß der Gemeingebrauch die jedermann zustehende Befugnis ist, eine dem öffentlichen Verkehr gewidmete Fläche ohne Erlaubnis zum Verkehr zu benutzen, und zwar in dem Umfang wie dieser auf Grund des Widmungsinhalts und der Verkehrsvorschriften im Einzelfall zulässig ist."
Die Gemeinde hat es festgesetzt. Wurde es auch richtig umgesetzt?
Was sagt die Fachaufsicht?
In § 120 Satz 2 Gemeindeordnung SH,
"(1) Das Land übt die Aufsicht darüber aus, dass die Gemeinden die Selbstverwaltungsaufgaben rechtmäßig erfüllen. (2) Die Kommunalaufsichtsbehörden sollen die Gemeinden vor allem beraten und unterstützen.",
ist die Beratungspflicht gegenüber den Gemeinden sogar kodifiziert.
Ich wünsche alles Gute.
sigra
Mit freundlichen Grüßen
Michael Hilpüsch
-Rechtsanwalt -
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