Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Grundsätzlich entscheidet der Schulleiter, welcher Unterricht als verbindlich deklariert wird. Hierbei sind nicht nur die klassischen Unterrichtsfächer zu berücksichtigen, sondern die gesamte Entwicklung des Kindes soll gefördert werden. Die Schule soll also auch soziale, persönlichkeitsbildende und interessenfördernde Kurse anbieten (vgl. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 25.05.1973, der immer noch als Auslegungshilfe heranzuziehen ist; RdErl. d. MK v. 1.12.2016 – 26 - 83100 – VORIS 22410). Besonders breit ist der Bildungsauftrag in den Ganztagsschulen, hier muss eine für verbindlich erklärte außerunterrichtliche Aktivität nur irgendwie in das Schulprofil passen ( vgl. RdErl. d. MK v. 1.8.2014 - 34-81005 – VORIS 22410 , Siehe Nr. 1.1 und 2.1)
Dies ist im Zusammenhang mit § 58 des Schulgesetzes Niedersachsen zu sehen, nach dem Schüler verpflichtet sind, am Unterricht und außerschulischen Veranstaltungen mitzuwirken. Sobald ein "Fach" (eine Veranstaltung) also von der Schulleitung für verbindlich erklärt wird, besteht hier die Teilnahmepflicht. Was für verbindlich erklärt wird, steht im Ermessen der Schulleitung. Dieses muss pflichtgemäß, unter Interessenabwägung der Schüler und Lehrer und der Schule sowie ohne sachfremde Erwägungen ausgeübt werden.
Ermessensfehler im Hinblick auf die Einstudierung eines Musicals sind nicht erkennbar.
Die Schulleitung entscheidet also selbständig was verbindlich ist, die Zustimmung der Eltern ist hierfür nicht notwendig, obwohl natürlich wünschenswert.
Zudem hat das Kultusministerium Niedersachsen sich als Ziel gesetzt in den Schulen der Musik einen höheren Stellenwert bei zu messen. Dies läuft unter dem Stichwort Hauptsache Musik. Hier gibt es die Kategorie Klasse mit Musik, wofür man beim Kultusministerium eine extra Förderung erhalten kann. Ich gehe davon aus, dass aufgrund der Förderung der Unterricht seinen Namen erhalten hat. Auf Talent kommt es hier nicht an, sondern vielmehr ist das Dabei sein alles. "Der Landesmusikrat und das Nds. Kultusministerium fördert zum dritten Mal Schulen, die ein neues Klassenmusizierprojekt beginnen."(vgl. http://www.hauptsache-musik.org/index.php/klasse-mit-musik). Ich gehe davon aus, dass vor diesem Hintergrund das neue "Fach" entstanden ist.
Die Befreiung vom Unterricht kann wie immer bei wichtigen Gründen, wie z.B.Krankheit, von den Eltern beantragt werden. Ein Widerspruch über die reguläre Teilnahme ist indes nicht möglich, das dem § 58 Landesschulgesetz Niedersachsen entgegensteht ( Teilnahmepflicht an verbindlichen Schulveranstaltungen auch im außerschulischen Bereich).
Natürlich kann man hier widersprechen, allerdings sehe ich in Anbetracht der Ermessensentscheidung der Schulleitung keinerlei Erfolgsaussichten. Angriffspunkt wäre nur, dass ein Ermessensfehler bei der Verbindlicherklärung aufgetreten ist, also es sich gerade nicht um erzieherische Förderung der Schüler, die Aneignung und Übung von Fertigkeiten und sozialen Kompetenzen handelt. Dies sehe ich nicht.
Auch der Ausschluss von den Proben kann ermessensfehlerfrei und organisatorisch bedingt sein, frei nach dem Motto mit kleineren Gruppen lässt sich besser arbeiten. Allerdings ist die Schule, da sie die Veranstaltung in der 6. Stunde für verbindlich erklärt hat, hier in der Pflicht für eine Aufsicht zu sorgen, z.B. in dem sie den nicht probenden Kindern andere Tätigkeiten anbietet.
Die Schulbegleitung bei Inklusion richtet sich nach § § 54 SGB XII
bzw. § 35 a SGB VIII
. Hier besteht die Verpflichtung auch die zusätzlich für verbindlich erklärten Schulstunden zu begleiten. Soweit ein Kostenträger der Übernahme zugestimmt hat, sollte hier von den betroffenen Eltern schleunigst ein neuer Antrag eingereicht werden, bei dem die Unterrichtsstunden entsprechend angepasst werden. Hierfür brauchen sie in der Regel einen Beleg, z.B. eine Bescheinigung der Schule, dass nun auch Freitag in der 6. Stunde eine verbindliche Veranstaltung stattfindet. Da eine Teilnahmepflicht nach § 58 Landesschulgesetz Niedersachsen besteht, ist auch der Kostenträger zur weiteren Kostenübernahme verpflichtet.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 7. März 2017 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Doreen Prochnow
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O.k., vielen Dank. Ist denn Förder- und Forderunterricht allgemein verpflichtend ? Denn hier ist es komischer Weise so, dass sich die Schule normalerweise immer die Zustimmung der Eltern einholt (schriftlich).Dies wird nun als Forderunterricht deklariert, aber keine Zustimmungseinholung. Es stand plötzlich einfach auf dem Stundenplan (obwohl es nicht zuverlässig für Alle statt findet bzw. immer wieder, auch kurzfristig, Kinder ausgeschlossen werden). Eine alternative Betreuung während der Zeit gibt es nicht.
Liebe Fragestellerin, gerne beantworte ich ihre Nachfrage.
Ob eine Veranstaltung verbindlich ist hängt immer maßgeblich vom Ermessen der Schulleitung ab. So kann Anti-Aggressionskurs für eine ganze Klasse verbindlich sein, weil dies der Mehrheit der Klasse betrifft, dagegen der Matheförderunterricht eben nicht. Ob hier Förderbedarf und/ oder Wunsch besteht wird meist mit den Eltern abgesprochen, da dies nur einzelne Schüler betrifft.
Maßgebliches Kriterium ist also auch bei der Wahl des Kommunikationsweges das Ermessen der Lehrerin, wobei insbesondere auch eine Rolle Spielt, ob nur einzelne betroffen sind oder alle.
Bei der Einführung eines neuen Faches, wie hier vermutlich das Musical, erfolgt meist eine Elterninformation, da der Unterricht aber zu mindest die Mehrheit der Schüler der 3. Klassen anbelangt , ist eine Einzelabsprache mit den Eltern nicht nötig.
Bezüglich der nicht eingebundenen Schüler sollte die Schule (freundlich) an die Verbindlichkeit des Schulfaches ( § 58 NSchG) erinnert werden und an ihre Aufsichtspflicht (§ 62 NSchG). Zumindest eine rechtzeitige Information kann wohl erwartet werden, oder eben einen Hortangebot zum Malen und Basteln. Sprechen sie hierüber mit der Lehrerin und/oder der Schulleiterin, da dies gerade bei Inklsusionsschülern absolut notwendig ist.
mit freundlichen Grüßen
Doreen Prochnow