Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworte.
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.
Dies vorausgeschickt wird das Folgende ausgeführt:
Nach § 626 Abs. 1 BGB
ist ein Arbeitsverhältnis außerordentlich kündbar, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Das Beschäftigen eines Arbeitnehmers unter grobem Verstoß gegen Arbeitszeitbestimmungen, hier § 4
Arbeitszeitgesetz, kann eine fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer rechtfertigen.
Danach ist die Arbeit durch im voraus feststehende Ruhepausen von mindestens 30 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs bis zu neun Stunden und 45 Minuten bei einer Arbeitszeit von mehr als neun Stunden insgesamt zu unterbrechen.
Die Anweisung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer, den Praxismüll zu durchsuchen, in welchem sich gebrauchte Kanülen, Blut, Speichel, Eiterrückstände etc. befinden, ist jedenfalls rechtswidrig und ist unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu befolgen. Hier liegt eine Vertragsverletzung von Seiten des Arbeitgebers vor.
Die Aussage des Arbeitgebers, "sie sei faul und würde ständig früher gehen, wäre dauernd krank und wegen Ihr wäre der Geburtstag seiner Tochter versaut", ist als Beleidigung durch den Arbeitgeber einzustufen.
Die vorgenannten Umstände rechtfertigen nach meiner Rechtsauffassung eine fristlose Kündigung.
Ich empfehle Ihrer Freundin, sich in dieser Angelegenheit durch einen Kollegen vertreten zu lassen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte.
Für eine kostenlose Rückfrage stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Die moderne Kommunikation ermöglicht insoweit auch die Überbrückung größerer Entfernungen.
Diese Antwort ist vom 19.11.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Karlheinz Roth
Hauptstraße 16 a
25488 Holm
Tel: 04103/9236623
Web: http://www.kanzlei-roth.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Karlheinz Roth
Sehr geehrter Herr Roth,
erstmal vielen Dank für Ihre Hilfe. Zum o.g. Fall haben wir aber noch ein paar fragen.
Meine Freundin hat zum 31.12.09 ja schon fristgerecht gekündigt. Könnte Sie trotzdem jetzt nonch fristlos kündigen?
Falls der AG die Kündigung nicht akzeptiert müsste er ja vor dem Arbeitsgericht klagen oder? Könnten eventuell Schadensersatzansprüche durch die fristlose Kündigung entstehen?
Meine Freundin will jetzt mit Ihrem zukünftigen AG klären, ob Sie dort eventuell schon zum 01.12.09 anfangen könnte.
Kann Ihr hierdurch ein Nachteil entstehen, falls Sie zum 01.12.09 die neue Arbeit aufnimmt?
Kann Ihrem neuen AG dadurch ein Nachteil entstehen?
Vorab schonmal vielen Dank für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihren Nachtrag.
Eine fristlose Kündigung ist jedenfalls noch möglich, wenn die Voraussetzungen hierfür gegeben sind.
Der Arbeitgeber könnte insoweit Feststellungsklage erheben.
Sollte die fristlose Kündigung unwirksam sein, käme für den Arbeitgeber Ihrer Freundin auch grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch in Betracht, dies allerdings nur dann, wenn ein Schaden dargelegt und bewiesen wird.
Ihre weitergehenden Fragen sind leider von der ursprünglichen Fragestellung nicht mehr umfasst, sondern stellen neue Fragestellungen dar. Bitte haben Sie hierfür Verständnis, dass hierauf in der Nachfrage nicht mehr eingegangen werden kann.
Es sollte vielleicht in Erwägung gezogen werden - insbesondere vor dem Hintergrund, dass bereits ein Anschlussjob besteht - ob zwischen Ihrer Freundin und deren Arbeitgeber nicht ein Aufhebungsvertrag geschlossen werden kann. Dies wäre sicherlich die eleganteste Lösung für alle Beteiligten.
Mit freundlichen Grüßen
RA K. Roth
Sehr geehrter Ratsuchender,
zu beachten wäre noch § 626 Abs. 2 BGB
.
Danach kann die fristlose Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen, wobei die Frist mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
Die Beleidigung durch den Arbeitgeber wurde nach Ihrem Vortrag am 19.11.2009 gesetzt.
Der regelmäßige Verstoß gegen § 4
Arbeitszeitgesetz sowie die tägliche Anweisung, den Praxismüll zu durchsuchen, stellen sog. Dauergründe dar.
Bei einem Dauergrund treten fortlaufend neue Tatsachen ein, die für die Kündigung maßgeblich sind (vgl. BAG vom 22.01.1998 - 2 ABR 19/97
) oder es liegt ein noch nicht abgeschlossener, länger andauernder Zustand vor.
Bei Pflichtverletzungen, die zu einem Gesamtverhalten zusammengefasst werden können, beginnt die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB
mit dem letzten Vorfall, der ein weiteres und letztes Glied in der Kette der Ereignisse bildet, die zum Anlass für eine Kündigung genommen werden (vgl. BAG v. 17.08.1972, 2 AZR 359/71
).
Mit freundlichen Grüßen
RA K. Roth