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Diese Antwort ist vom 04.09.2016 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1.
Wenn sich ein Mieter bei der Meldebehörde anmeldet, könnte es der Behörde auffallen und sie könnte die Bauaufsichtsbehörde informieren. Zwar ist nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass die Meldebehörde sich die Mühe macht den Sachverhalt der Bauaufsichtsbehörde anzuzeigen, das Risiko besteht aber durchaus.
2.
Gemäß § 83 Absatz 1 Satz 1 Nr. 7 Berliner Bauordnung stellt das Nutzen eines Gewerbegebäudes als Wohnraum ohne die erforderliche Nutzungsänderung eine Ordnungswidrigkeit dar. Diese kann gemäß § 83 Absatz 3 Bauordnung Berlin mit einem Bußgeld bis zu 500.000 € geahndet werden. Die Höhe des Bußgeldes bemisst sich im Einzelfall an mehreren Faktoren, wie z. B. ob die Ordnungswidrigkeit vorsätzlich begangen wurde, wie hoch der Schaden ist und wie die wirtschaftliche Situation desjenigen ist, der die Ordnungswidrigkeit begangen hat. Eine genaue Zahl lässt sich dehalb nicht festlegen, ich gehe aber davon aus, dass die Bauaufsichtsbehörde in Ihrem Fall kein allzu hohes Bußgeld verhängen würde, wenn sie überhaupt eines verhängen würde. Ich schätze, es wären zwischen 500 und 5000 €.
3.
Da der Untermieter bei der Meldebehörde einen Mietvertrag über Wohnraum vorlegen muss, sollte der Wohnzweck auch in dem Untermietvertrag stehen. Um das Ganze abzuschwächen könnte man einen "Mischvertrag" aufsetzen, also einen Gewerberaummietvertrag, der aber auch das Wohnen in einem Teil des vermieteten Ateliers erlaubt.
Rechtlich bestünde kein Unterschied, da ja die Räume faktisch sowieso als Wohnräume vermietet werden, also Wohnraummietrecht zur Anwendung kommt. In Bezug auf das Bürgeramt sehe ich aber keine Möglichkeit, sich ohne Wohnraummietvertrag anzumelden. Schlussendlich bleibt also immer das Risiko, dass die Bauaufsichtsbehörde etwas mitbekommt und tätig wird.
Das Beste wäre natürlich, zu prüfen, ob eine Nutzngsänderungsgenehmigung überhaupt notwendig ist und wenn ja, ob diese ohne Probleme erteilt werden kann. Sie sollten sich mit Ihrem Vermieter zusammen setzen und klären, ob er bereit wäre, die Nutzungsänderung in die Wege zu leiten und die Kosten dafür zu tragen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Da ich bundesweit tätig bin, können Sie mich auch gerne direkt mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragen. Meine Kontaktdaten finden Sie in meinem Profil.
Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller
05.09.2016 | 12:59
Sehr geehrter Herr Hoffmann,
vielen Dank für Ihre schnelle und sehr präzise Antwort. Das hat mir sehr geholfen.
Zwei Rückfragen hätte ich jedoch noch:
1. Wäre es rechtlich möglich mit allen Untermietern einen Vertrag zu schließen, in dem diese bestätigen, das sie über die Zweckentfremdung informiert sind, und im Falle eines Bußgeldes zu gleichen Teilen an diesem Bußgeld beteiligt werden? Das quasi als Grundlage für die Entstehung eines Untermietvertrages mit den Untermietern?
2. Ich bin am überlegen, ob ich allen Untermietern nun doch einen Mietvertrag für ein Atelier/Gewerberaum gebe und jeden darum bitte, sich selbst mit einer anderen Wohnung beim Bürgeramt anzumelden. Hier in Berlin ist es nämlich anscheinend nicht nötig, einen Mietvertrag vorzulegen, sondern nur eine Bestätigung des Vermieters, das der jeweilige Untermieter eingezogen ist (Formular: Einzugsbestätigung des Vermieters).
Die Untermieter könnten sich quasi einfach bei einer anderen, selbstgesuchten Wohnung dieses Formular ausfüllen lassen (ich zum Beispiel bei meinem Bruder/Schwester, beide wohnhaft in meiner Nähe). Nun die Frage.
Wäre es denn im Fall einer Prüfung meine Aufgabe dafür zu sorgen, dass niemand in seinem Atelier wohnt, oder könnte mir aufgrund der Tatsache, das ich ja selber auch hier "arbeite" ein "Strick daraus gedreht werden", dass ich ja wissen müsste, dass die Untermieter hier wohnen?
Durch diese gesamte Situation ergibt sich nämlich auch das Problem, das wir momentan keine Versicherung abschließen können, weil ja im Schadensfall entweder durch die Untermietverträge rauskommt, das der Gewerberaum als Wohnung genutzt wird, oder, wenn es eine Wohnraum-Versicherung (Hausrat etc) ist, durch den Mietvertrag mit dem Vermieter nachvollziehbar wäre, das es ein Gewerbe ist. Versichern ist also bei uns gerade eigentlich unmöglich, oder zumindest nicht lohnenswert, weil die Versicherung, wenn wir Pech haben auf Grund der Zweckentfremdung nicht zahlt. Aus diesem Grunde und auch einem eventuellen Bußgeld würde ich gerne eine legale Lösung finden.
Vielen Dank für Ihre Hilfe.
Hochachtungsvoll,
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
07.09.2016 | 22:37
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage verbindlich wie folgt:
1.
Eine solche Vertragsabrede wäre möglich. Allerdings sagt § 83 Absatz 3 Bauordnung Berlin: "Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig ohne die erforderliche Baugenehmigung (§ 60 Abs.1), (...) bauliche Anlagen (...) benutzt." Das bedeutet, dass die Bauaufsichtsbehörde theoretisch gegen jeden, der die Räumlichkeiten als Wohnung nutzt, ein Bußgeld verhängen kann. Deshalb würde es vielleicht auch Sinn machen, zu vereinbaren, dass alle für jedes verhängte Bußgeld (egal gegen wen) gemeinsam einstehen. Tatsächlich wird die Bauaufsichtsbehörde Schwierigkeiten haben, Bußgelder zu verhängen, da sie beweisen muss, dass die Räumlichkeiten als Wohnung genutzt werden. Wenn die Untermieter nicht dort ihre Wohnung anmelden, ist das Risiko der Verhängung eines Bußgeldes sehr gering.
2.
Wenn Sie die Räume als Gewerberäume untervermieten, müsste die Behörde Ihnen nachweisen, dass Sie davon gewusst haben, dass die Untermieter auch dort wohnen. Ob das gelingt, hängt von vielen Faktoren ab. Sie können sich aber natürlich im Ernstfall darauf berufen, dass Sie davon nichts gewusst haben. Ob Sie etwas gewusst haben, könnte aber auch nur im Rahmen der Bestimmung der Höhe des Bußgeldes berücksichtigt werden. Da Sie die Räume wissentlich zu Wohnzwecken untervermieten, haben Sie außer der bloßen Benutzung auch noch einen Geldwerten Vorteil davon erlangt, was ein höheres Bußgeld rechtfertigen könnte. Ansonsten kann Ihnen kein Strick aus der Untervermietung als Wohnraum gedreht werden.
Wichtig auch noch: Wenn die Untermieter sich unter einer anderen Adresse anmelden, die ihnen jemand "zur Verfügung stellt", dann begehen beide eine Ordnungswidrigkeit gem. § 54 Absatz 1 Nr. 1 und Absatz 2 Nr. 1 Bundesmeldegesetz. Dies könnte wiederum zur Verhängung eines Bußgeldes führen, wenn die Meldebehörde Wind davon bekommt. Aus meiner Sicht ist fraglich, ob esSinn macht dieses Risiko einzugehen.
Ich hoffe Ihre Frage abschließend beantwortet zu haben. Ansonsten können Sie die Nachfragefunktion benutzen oder sich direkt an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Ruben Hoffmann