Sehr geehrte Rechtsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne wie folgt beantworte:
Ich unterstelle bei meiner Einschätzung die Richtigkeit der Ihnen erteilten Auskunft, dass es sich um ein allgemeines Wohngebiet im Sinne des öffentlichen Baurechts handelt und ein Bebauungsplan vorliegt.
Für die Beurteilung der Zulässigkeit maßgeblich sind § 30 BauGB
in Verbindung mit der Baunutzungsverordnung.
In allgemeinen Wohngebieten dienen vorwiegen (aber nicht ausschließlich) dem Wohnen, § 4 Abs. 1
Baunutzungsverordnung (BauNVO).
In solchen Gebieten sind gem. § 4 Abs. 2 zulässig Wohngebäude, die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe und Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.
Leider lässt sich Ihr Bauvorhaben unter keine dieser zulässigen Nutzungen fassen. Zwar könnte man an einen der Versorgung des Gebietes dienenden Laden denken. Diese Nutzungsform stellt aber auf Läden ab, die den täglichen Bedarf eines allgemeinen Wohngebiets decken, also z. B. ein Bäcker, Metzger oder kleiner „Supermarkt". Ein Secondhand-Laden für Kinderbekleidung geht meines Erachtens über die Deckung des täglichen Bedarfs Ihres Wohngebietes voraus. Zum Einen wird Kleidung in der Regel nicht (annähernd) täglich nach akutem Bedarf gekauft, zum anderen dürfte ein Laden wie der von Ihnen geplante vom Einzugsgebiet her über das betreffende Wohngebiet hinausreichen.
§ 4 Abs. 3 BauNVO
bestimmt schließlich, welche Nutzungen ausnahmsweise zugelassen werden können. In Nr. 2 dieses Absatz werden schließlich auch nicht störende Gewerbebetriebe aufgeführt.
Ein Betrieb ist nicht störend, wenn seine Auswirkungen das gebietsadäquate Maß akzeptabler Störungen nicht übersteigen. Als Störungen in Betracht kommen z. B. Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht und ähnliche Erscheinungen sowie die Beeinträchtigung des Erscheinungsbilds des Wohngebietes. In einem allgemeinen Wohngebiet dürften Lärm und Verkehrsbelästigungen durch Beschäftigte, Kunden und Lieferanten besonders im Vordergrund stehen.
Bei der Prognose des Störpotenzials wird dann zunächst von einer typisierenden Betrachtungsweise auszugehen sein. Ausgangspunkt ist dann die Frage, ob der konkrete Betrieb seiner Art nach erfahrungsgemäß geeignet ist, das Ruhebedürfnis des betreffenden Gebiets wesentlich zu stören.
Basierend hierauf sind dann in einer individuellen Prüfung des konkreten Betriebs dessen Eigenheiten zu bewerten und das Ergebnis der typisierenden Betrachtung anzupassen.
Wie diese Abwägung in Ihrem konkreten Fall vorzunehmen ist, lässt sich von hier aus leider nicht beurteilen, da zu viele Faktoren eine Rolle spielen, insbesondere jedoch die Eigenheiten Ihres geplanten Betrieben und diejenigen Ihres Wohngebiets.
Schließlich ist noch § 15 Abs. 1 BauNVO
zu berücksichtigen. Danach ist ein an sich zulässiges Vorhaben dann nicht zulässig, wenn es mit der Eigenart des Gebiets schlechthin nicht zu vereinbaren ist.
Wenn Ihnen der Mitarbeiter allerdings mitteilt, dass Ihr Laden – da er nicht das Gebiet versorgt – schon aus diesem Grund unzulässig sei, so ist dies – meiner Ansicht nach – nicht richtig. Die Ausnahmevorschrift des § 4 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO
knüpft allein ein einen nicht störenden Gewerbebetrieb an, nicht jedoch an dessen Gebietsversorgungscharakter (so auch Stock in: König/Roeser/Stock, BauNVO 2. Auflage 2003, § 4 Rn. 73; wohl auch OVG Münster, wenn es meint, ein Bestattungsbetrieb mit Feierhalle könne in einem allg. Wohngebiet zulässig Beschl. v. 03.06.1997, 10 B 941/97
). Diese Sichtweise ist jedoch nicht unumstritten.
Die Unzulässigkeit ergibt also bei weitem nicht zwingend. Vielmehr müsste die Behörde hier im Falle eines Antrages das Ihr zustehende Ermessen erkennen und in zulässiger Weise ausüben. Eine so pauschale Begründung, wie Sie Ihnen gegeben wurde, entspricht dem nicht, da sie eine Ausübung des Ermessens nicht erkennen lässt.
Da Sie ein nicht nur flüchtiges Interesse an dem Bauvorhaben haben, sollten Sie sich unbedingt persönlich beraten lassen. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Sachverhalt im notwendigen Umfang aufgeklärt und bewertet wird.
Sollte kein Bebauungsplan vorliegen, wird es sogar noch komplizierter, da sich die vorhandene, historisch gewachsene Gebietsstruktur dann häufig nicht mit den Gebieten der BauNVO deckt. Dann wird umso mehr auf die Eigenheiten der Nachbarschaft abzustellen sein, wobei das sich Einfügen des Vorhabens in die Nachbarschaft dann grundsätzlich nach denselben Kriterien richten dürfte.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen und Ihnen eine Entscheidung für Ihr weiteres Vorgehen ermöglichen.
Bitte beachten Sie, dass es sich bei den vorstehenden Ausführungen um eine erste Einschätzung aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhalts handelt, die eine persönliche Beratung durch einen Rechtsanwalt nach umfassender Sachverhaltsaufklärung nicht ersetzen kann. Durch Auslassen oder Hinzufügen von Tatsachen Ihrerseits kann sich die rechtliche Bewertung ändern.
Bei Unklarheiten können Sie gerne von Ihrem Nachfragerecht Gebrauch machen.
Mit freundlichen Grüßen aus Bochum
Chris Koppenhöfer
(Rechtsanwalt)
Diese Antwort ist vom 18.11.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Würden Sie uns in diesem Fall ausführlich beraten? Welche Kosten kommen da auf uns zu?
Ist eine weiterführende Beratung auch erstmal am Telefon möglich, man könnte Ihnen ja Bebauungsplan usw. faxen.
Weiterhin ist noch zu erwähnen, das in ca. 60m Entfernung eine Straßenbahn fährt. Diese ist auch nicht gerade leise.
Bilder könnten wir Ihnen auch mailen.
Vielen Dank
Sehr geehrte Fragestellerin,
selbstverständlich würde ich Sie in dieser Angelegenheit auch ausführlich beraten. Die Abwicklung der Beratung per Telefon, Fax oder E-Mail ist in dieser Angelegenheit auch problemlos möglich.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich Ihnen im Rahmen dieser Nachfrage keinen verbindlichen Preis nennen kann. Für Beratungsleistungen gibt es keine festen Gebühren nach dem RVG und sind von Mandant und Anwalt "auszuhandeln". Maßgeblich sind u.a. wirtschaftliche Bedeutung, Haftungsrisiko, rechtliche und tatsächliche Schwierigkeit aber vor allem auch der Arbeitsaufwand.
Um mir einen Überblick verschaffen zu können würde ich Sie bitten, mir die Unterlagen und Fotos zukommen zu lassen. Nach (für Sie kostenloser) Durchsicht der Unterlagen - bereits hier ist die anwaltliche Vertraulichkeit garantiert - würde ich Ihnen dann ein kostenloses und unverbindliches Angebot unterbreiten.
Überdies gebe ich Ihnen hinsichtlich der Straßenbahn recht - diese spricht je bereits für einige Belebtheit Ihrer Nachbarschaft.
Ich würde mich freuen, von Ihnen zu hören und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend!
Mit freundlichen Grüßen
Chris Koppenhöfer
(Rechtsanwalt)