Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Fragen beantworte ich wie folgt:
1.
Die Angabe, dass es sich um ein Bastlerfahrzeug handelt, rechtfertigt nicht in jedem Fall den Gewährleistungsausschluss durch den Verkäufer und ist keinesfalls wasserdicht. Das AG Marsberg (Az.: 1 C 143/02
) und das OLG Oldenburg (Az.: 9 W 30/03
) haben vergleichbare Klauseln zum Schutz des Käufers als nicht wirksam bewertet.
Werden Beschreibungen wie "Bastlerfahrzeug" ohne sachlich zwingenden Grund gewählt, liegt die Vermutung nahe, dass der Verkäufer seinen vertraglichen Gestaltungsspielraum missbraucht. Indiz dafür ist, wenn ein Fahrzeug in fahrbereitem Zustand und zum marktüblichen Preis verkauft wird. Das OLG Oldenburg hat zudem entscheidend darauf abgestellt, ob es dem Käufer ersichtlich darauf angekommen ist, das Auto zum Fahren oder zum Basteln zu nutzen.
Die Übergabe der Vorführbefreiung, mit der der Wagen zugelassen werden konnte, und die Tatsache, dass Sie den Wagen offensichtlich mehrere Monate genutzt haben, spricht meines Erachtens gegen den Zustand als Bastlerfahrzeug. Sie sollten diese Umstände noch einmal mit Ihrem Anwalt erörtern und den marktüblichen Preis für einen vergleichbaren mangelfreien Gebrauchtwagen ermitteln, um ggf. auch das weitere genannte Indiz für einen Missbrauch der Gebrauchtwagen-Klausel aufführen zu können.
2.
Erfolgsversprechende Möglichkeiten, sich sonst vom Vertrag lösen zu können, sehe ich leider nicht.
Rücktrittsrechte bestehen hier außerhalb der Mängelansprüche nicht. Eine Anfechtung käme allenfalls wegen arglistiger Täuschung in Betracht, weil Teile des Untersuchungsberichtes nicht zutreffend waren. Dann müssten die entsprechenden Angaben aber ausschlaggebend für Ihre Kaufentscheidung gewesen sein, wovon ich nicht ausgehe, da es sich um zusätzliche Defekte gehandelt hat. Es war aber gerade nicht Ihr Anliegen, ein besonders defektes Auto zu kaufen, weshalb kein Anfechtungsgrund besteht.
3.
Die weiteren Erfolgsaussichten kann sicherlich Ihr Anwalt besser beurteilen, der an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat.
Die Einschätzung der Richterin zur Frage der Gewährleistung lässt nach Ihrer Schilderung darauf schliessen, dass es kein Urteil geben wird, bei dem eine Partei zu 100 % gewinnt. Sollte der Sachverständige feststellen, dass das Auto einen geringen Wert hatte, ist in der ersten Instanz wohl nur mit einem teilweisen Obsiegen für Sie zu rechnen. Dann werden Sie voraussichtlich einen entsprechenden Teil der Verfahrenskosten zu tragen haben, die die Sachverständigenkosten beinhalten. Daraus kann sich je nach Ausgang der Begutachtung ein wirtschaftlicher Nachteil ergeben, wenn keine Rechtsschutzversicherung für die Kosten aufkommt.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Matthes
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 01.01.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Herrn Rechtsanwalt
Guido Matthes
www.frag-einen-anwalt.de , Gewährleistung bei Gebrauchtwagen , 01.01.2007
Sehr geehrter Herr Matthes,
vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort in o.a. Sache !
Da ich ja bereits anwaltlich vertreten bin und mich selbst inzwischen auch möglichst umfassend kundig gemacht habe, konnten Sie mir naturgemäß zwar nichts entscheidend Neues mitteilen, mir jedoch insofern durchaus den Rücken stärken, als ich nun sicher bin, von meinem Anwalt gut vertreten zu sein.
Wie die Sache ausgeht, entscheidet ja aber natürlich nicht der Anwalt, sondern das Gericht, und da muss man eben abwägen und dann sehen.
Trotzdem könnten Sie mir bei einer Nachfrage in der Sache doch noch einmal helfen, da mir nicht ganz klar ist, wie ein Sachverständiger bei der KFZ- Beurteilung verfahren wird und ich in Eigenrecherche nur Anhaltspunkte aus dem Unfallbereich fand ( Wiederbeschaffungswert- Reparaturkosten+ Restwert), was aber bei mir nicht zu trifft.
Die Formulierung im Beweisbeschluss des Gerichts lautet: „Es soll Beweis erhoben werden durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens eines Sachverständigen über folgende Frage: Hatte der vom Kläger erworbene ...Kia Pride... am 28.01.2006 einen Marktwert von 90 Euro oder darunter?. Zum Sachverständigen wird ... ernannt... „
Meine Frage also:
Nach welchen Kriterien wird ein derart beauftragter Sachverständiger vermutlich den Wert bestimmen?
Mit freundlichen Grüßen
H.W.
Als maßgebliches Kriterium wird der Sachverständige die Marktüblichkeit prüfen. Er muss feststellen, in welchem Zustand sich das Fahrzeug befindet und wird dann vergleichen, was üblicherweise für ein Fahrzeug gleichen Typs im vergleichbaren Zustand auf dem Gebrauchtwagenmarkt gezahlt wird.
Mit freundlichen Grüßen