Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
unter Berücksichtigung der von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen möchte ich nachfolgend gerne die von Ihnen gestellte Anfrage beantworten.
Beachten Sie jedoch bitte, dass im Einzelfall weitergehende Informationen für eine fundiertere Einschätzung der Rechtslage erforderlich sein können und dass das Fehlen relevanter Informationen dazu führen kann, dass die Einschätzung unter Berücksichtigung solcher Informationen eine andere sein könnte. Auch kann diese Einschätzung in vielen Fällen ein persönliches Beratungsgespräch nicht ersetzen.
Die Rechtslage stellt sich hier wie folgt dar:
Im Ausgangspunkt muss klargestellt werden, dass sämtliche Rechte und Pflichten, damit auch sämtliches Aktivvermögen des Erblassers zur Erbmasse gehört, § 1922 Abs. 1 BGB. Sofern Sie und Ihr Bruder nun die einzigen Erben sind (was ohne Kenntnis des Testaments nicht zu beurteilen ist) gilt Folgendes:
Der Pkw ist Bestandteil des Nachlasses. Gleichzeitig ist der Nachlass mit einem Vermächtnis zugunsten der Lebensgefährtin in gleicher Höhe beschwert. Der Nachlasswert für sich besteht in den Beispielen dann im Ergebnis nur im Wert des Kontoguthabens.
Zudem ist sodann danach zu unterscheiden, ob Sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen.
Für die Berechnung gälte bei Ausschlagung der Erbschaft in den beiden Beispielen folgendes:
1.)
Nachlasswert (das Vermächtnis ist hier nicht abzuziehen): 50 TEUR
Pflichtteilsanspruch jeweils 12.500 EUR, insgesamt 25 TEUR
Wegen § 2318 Abs. 1 BGB darf der Erbe (das sind dann nicht mehr Sie) das Vermächtnis aber um 15 TEUR kürzen, d.h. der Vermächtnisnehmer müsste diesen Betrag zahlen, um das Kfz zu bekommen.
2.)
Nachlasswert (das Vermächtnis ist hier nicht abzuziehen): 80 TEUR
Pflichtteilsanspruch jeweils 20 TEUR EUR, insgesamt 40 TEUR
Auch hier kann gekürzt werden.
Für die Berechnung gälte bei Annahme der Erbschaft durch beide Erben in den beiden Beispielen folgendes:
1.)
Nachlasswert (das Vermächtnis ist hier nicht abzuziehen): 50 TEUR
Kein Pflichtteilsanspruch, da die Erbschaft angenommen wurde
Daher ist das Vermächtnis vollständig zu erfüllen und es verbleibt beiden Erben nur das Kontoguthaben iHv. jeweils 10 TEUR.
In Fall 1 ist die Ausschlagung also wirtschaftlicher günstiger.
2.)
Nachlasswert (das Vermächtnis ist hier nicht abzuziehen): 80 TEUR
Kein Pflichtteilsanspruch, da die Erbschaft angenommen wurde
Daher ist das Vermächtnis vollständig zu erfüllen und es verbleibt beiden Erben nur das Kontoguthaben iHv. jeweils 25 TEUR.
Da dies mehr als der Pflichtteilsanspruch ist, ist hier die Annahme der Erbschaft wirtschaftlich günstiger.
Bei Ausschlagung der Erbschaft nur durch einen der beiden Erben ist die Berechnung komplexer.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Informationen bestmöglich geholfen zu haben und wünsche Ihnen alles Gute.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Lenz
-Rechtsanwalt-
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Lenz
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E-Mail:
Rechtsanwalt Christian Lenz
Sehr geehrter Herr Lenz,
ich verstehe Ihre Argumentation nicht ganz, dass wir als Erben, wenn wir das Testament anerkennen, unseren Pflichtteilsanspruch verlieren würden. Haben Sie da eine Quelle? Oder habe ich Sie falsch verstanden? Laut Testament sind wir nicht explizit enterbt worden. Der PKW geht an die Lebensgefährtin (keine Erbin), die Söhne bekommen die Konten (ohne zu wissen, was drauf ist)
Unter diesem Link
https://www.pflichtteilrechner.de/pflichtteil-fragen/0790-vermaechtnisse-in-der-berechnung-des-pflichtteils/
steht, dass Vermächtnisse an Personen (in unserem Fall die Lebensgefährtin), die nicht selbst Erben oder pflichtteilsberechtigt sind, den pflichtteilsrelevanten Nachlass nicht schmälern. Das heißt doch, das der PKW - sollte auf den Konten nichts mehr sein - zur Pflichtteilsberechnung herangezogen wird.
Vielen Dank
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Erbe und Pflichtteil schließen einander aus. Nur wer nicht Erbe wird, kann einen Pflichtteil erhalten. Da man die freie Wahl hat auszuschlagen, muss man bei Annahme mit den Belastungen des Nachlasses leben, auch wenn dann weniger als der Pflichtteil verbleibt.
Die Aussage, dass Vermächtnisse an Dritte, den pflichtteilsrelevanten Nachlass nicht schmälern, ist korrekt und genau das, was ich geschrieben hatte. Für die Berechnung des Pflichtteils bleibt die Belastung mit dem Vermächtnis (eigentlich Verbindlichkeit: - 30 TEUR) außer Betracht. Wenn auf den Konten nichts mehr ist und nur der Pkw vorhanden, dann beträgt der Nachlass 30 TEUR (und nicht 0 EUR). Dann sind Sie aber idR auch enterbt und die Vermächtnisnehmerin Erbin, es sei denn, es steht zweifelsfrei anders im Testament. In diesem Fall müssten Sie ausschlagen, um den Pflichtteil zu bekommen. Dieser läge jeweils bei 7.500 EUR (1/2 des gesetzlichen Erbteils (1/2 jeweils)). Schlagen Sie nicht aus, so verbleibt Ihnen nichts, da das Vermächtnis erfüllt werden muss.
Ich hoffe, ich konnte die Unklarheiten beseitigen.
Freundliche Grüße