Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage.
Wenn der GF für die GmbH bereits die EV abgegeben hat und aus dem Vermögensverzeichnis kein pfändbares Habe ersichtlich ist, dann hat eine Kontopfändung keinen Sinn und würde nur unnötig Kosten verursachen. Falls die Angaben im Vermögensverzeichnis nicht zutreffen und die GmbH doch noch über Vermögen bzw. Gelder verfügt, dann hat sich der GF strafbar gemacht wegen Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung.
Das Stammkapital ist keine Sicherungseinlage, es kann längst verbraucht sein.
Sie haben letztlich nur eine Chance an ihr Geld zu kommen und zwar müssen Sie erreichen, dass der GF persönlich für die Verbindlichkeiten der GmbH in Anspruch
genommen werden kann. Und zwar über § 823 BGB
i.V.m. § 263 StGB
( Lohnbetrug) und § 15a InsO
( Insolvenzverschleppung).
Insofern müssen Sie Strafanzeige wegen Betrug und Insolvenzverschleppung
stellen. Die Staatsanwaltschaft wird ein Ermittlungsverfahren gegen die Verantwortlichen der GmbH einleiten, im Rahmen dessen geprüft wird, inwieweit Straftaten vorliegen. Wobei in Ihrem Fall sehr vieles für Betrug und Insolvenzverschleppung spricht.
Der Insolvenzgeld. Zeitraum umfasst die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor Insolvenzverschleppung ( § 165 SGB III
). Da Sie bereits vor sechs Monaten aus dem Betrieb ausgeschieden sind, hätten Sie keinen Anspruch auf Insolvenzgeld.
Mit freundlichem Gruss
Peter Dratwa
Rechtsanwalt
Antwort
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Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Inzwischen konnte ich mit mehreren anderen Geschädigten sprechen. Allen Mitarbeitern wurde nur das Nettogehalt ohne Zulagen und zuletzt gar kein Gehalt mehr ausbezahlt, obwohl die Firma keine Forderungsausfälle hatte. Es wurden also in betrügerischer Absicht AN-SV-Beiträge, AG-SV-Beiträge, Steuerabzug und Zulagen einbehalten.
Es wurde ausgenutzt, dass die Mitarbeiter den Firmengründer/GF schon jahrelang kannten. Deshalb blieben die Mitarbeiter bis zu 1 Jahr in der neuen Firma.
Die Mitarbeiter und auch Firmen wurden (nach meiner Schätzung) um insgesamt 70.000-100.000 EUR betrogen. Deshalb werde ich den Punkt "gewerbsmäßiger Betrug" in die Strafanzeige mit aufnehmen.
Wie erfahre ich vom Ausgang des Verfahrens bzw. ob der GF persönlich für die Verbindlichkeiten der GmbH haftet?
Und wie setzte ich dann meinen Anspruch gegen den GF durch? Wieder mit Briefen, Mahnverfahren, Gerichtsvollzieher? Oder geht das nach einem Gerichtsurteil einfacher?
Und was ist, wenn das Geld aus der Firma (und vermutlich auch das Privatvermögen des GF) ins Ausland verschoben wurde? Bliebe dann nur noch eine Lohnpfändung?
Da nicht klar ist, ob ich vom Ausgang des Verfahrens etwas erfahre, interessiert mich noch die Frage des Strafmaßes für den Geschäftsführer. Muss der Geschäftsführer bei dieser Schadensumme tatsächlich nur eine Geld- oder Bewährungsstrafe befürchten? Warum sonst würde er einen Betrug in dieser Höhe wagen? Welches Strafmaß würden Sie schätzen?
Sehr geehrte Fragesteller,
den Ausgang des Ermittlungsgverfahrens erfahren Sie nur durch Einsicht in die Strafakte. Die Akteneinsicht erhält allerdings nur ein Anwalt. Ob und inwieweit der Geschäftsführer alsdann in persönliche Haftung genommen werden kann, wird sich aus der Ermittlungsakte ergeben. Insofern eine persönliche Haftung in Frage kommt, wovon bei der Schilderung Ihres Sachverhalts auszugehen ist, muss Ihr Anspruch über § 823 BGB
i.V.m. § 263 StGB
gerichtlich durch Urteil tituliert werden. Denn ohne Titulierung Ihres Anspruches werden Sie sicherlich keine Zahlung erhalten, denn dies wird nur im Wege der Zwangsvollstreckung mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers möglich sein, Mahnungen etc. werden nichts einbringen. Ihr Anspruch muss gerichtlich tituliert werden.
Zu dem Strafmaß kann ich wenig sagen, eine Geldstrafe halte ich allerdings für ausgeschlossen, vielmehr kommt eine Bewährungsstrafe in Betracht. Falls bereits Vorstrafen vorliegen, ist unter Umständen sogar eine Haftstrafe möglich.
Soweit möglicherweise Geldbeträge ins Ausland verschoben worden sind, werden Sie, wenn überhaupt, nur durch Einsichtnahme in die Ermittlungsakte erfahren.