Gerne zu Ihren Fragen:
1) Der Verkäufer hat sicherlich nach meiner Eigenschaft als Freiberufler gefragt, um die Sachmängelhaftung auszuschließen, dies ist jedoch in der Rechnung nicht erwähnt. Wie ist in dem Fall die Rechtslage beim Kauf vom Händler durch einen Freiberufler für betriebliche Zwecke?
Antwort:
Hier gibt es zahlreiche Grenzfälle, unter die ich auch Ihre Angaben einordne. Etwa ist es ein Unterschied, ob Sie als Freiberufler Elektroingenieur sind oder Kfz-Sachverständiger. Mit andere Worten: Bei der Frage. ob B2B oder B2C kommt es im weitesten Sinne auf die Augenhöhe der Vertragschließenden an, wobei ich einräume, dass hier ein gewisses Prozessrisiko besteht.
Wenn aber der Schaden wie vorliegend „nach einer geringen Anzahl durch Sie gefahrener Kilometer und nur drei Monaten nach dem Kauf" aufgetreten ist, spricht ein Anscheinsbeweis zu Ihren Gunsten.
Sehen Sie dazu auch unten zur Frage 3.
2) Ist die Aussage in der Rechnung: "Kilometerstand: 231.xxx km" eine verbindliche Zusicherung einer Eigenschaft, oder lediglich Informationsweitergabe?
Antwort: Üblich ist hier „abgelesener "Kilometerstand: 231.xxx km" so dass Sie hier auf eine verbindliche Zusicherung einer Eigenschaft ( = Beschaffenheitsvereinbarung) bestehen sollten. Erst recht, weil der Händler ein B2B Geschäft für sich beansprucht, was zu Ihrer Frage (3) überleitet.
3) Falls eine Sachmängelhaftung in Bezug auf den Motorschaden greift, aber der falsche Kilometerstand von mir nicht belegt werden könnte, müsste ich das Bestehen der Ursache des Motorschadens bereits beim Kauf nachweisen, oder greift angesichts der geringen Anzahl durch mich gefahrener Kilometer und nur drei Monaten nach dem Kauf eine (ggf. widerlegbare?) Vermutung zu meinen Gunsten?
Antwort: Zunächst einmal ist es so, dass die Bezeichnung im Vordruck "Kaufvertrag zwischen Unternehmer" oder sonstige Umgehungstatbestände in der Kopfzeile oder in einem Vertrag KEINEN Einfluss auf das Vertragsverhältnis hat. Wenn Sie Privatperson sind, richten sich Ihre Recht an dem Verbraucherrecht aus.
Danach gilt, dass Ihnen die Gewährleistungsrechte des Verbrauchers ggü. dem gewerblichen Verkäufer uneingeschränkt zustehen. Und zwar mit der sog. Beweislastumkehr für den Verkäufer nach § 476 BGB
, was der BGH im sog. Zylinderkopffall mit Urteil vom 18.07.2007 – VIII ZR 259/06
klargestellt hat.
Daran ändert auch nichts der Zusatz "Fahrzeug weist Mängel auf" und handschriftlich "Bastlerauto - Unternehmervertrag ohne Gewährleistung und Sachmängelhaftung oder eben "freiberufliche Tätigkeit."
Im Ergebnis kommt es immer auf den Inhalt an, nicht auf plakative Überschriften oder Anerkenntnisse. Außer natürlich, Sie hätten verbindlich auf Gewährleistungsrechte verzichtet, was aber etwas anderes ist.
Antwort: Wenn – wie Sie berichten – es „an Kaufdokumenten nur eine Quittung für die Anzahlung gibt, sowie eine Rechnung, die ich bezahlt habe. An Fahrzeugdaten ist wörtlich erwähnt FID: WBANJ.......Erstzulassung: xx.yy.2005 Kilometerstand: 231.xxx km etc." dann hat der Händler den ihm ans ich möglichen Ausschluss der Gewährleistung für Sachmängel NICHT ausgeschlossen.
Sie können daher die Rechte aus § 437 BGB
wahrnehmen: Nacherfüllung nach § 439 BGB
; Rücktritt nach § 440 BGB
nach Fristsetzung zur Nacherfüllung; oder schließlich Minderung nach § 441 BGB
.
4) Würde ein nachgewiesener falscher Kilometerstand etwas an der Sachlage ändern?
Antwort: Ja, dann haftet der Händler wg. Sachmangels (Beschaffenheitsvereinbarung), schlimmstenfalls sogar wegen arglistiger Täuschung, wenn ihm das bekannt war.
5) Kann man HU-Berichte von noch weiter zurückliegenden Jahren, oder Servicedaten irgendwo bekommen, um den Kilometerstand besser nachvollziehen zu können?
Antwort: Hier bietet sich eine schriftliche Anfrage bei der jeweiligen HU-Stelle unter Darlegung des berechtigten Interessen (ZU-Bescheinigung Teil I und II, ggf. Kaufvertrag)
6) Welche Optionen habe ich? Gibt es praktische Fallstricke wie z.B. dass der Händler Gelegenheit bekommen muss das Fahrzeug zunächst zu sehen (nicht fahrbereit, Händler 350 km entfernt)? Gibt es eine Frist, die ich einhalten muss (morgen sind es 3 Monate seit dem Kauf)?
Antwort: Ja, die Nacherfüllung hat gem. § 439 BGB
Vorrang, wobei der Verkäufer die zum Zwecke der Nacherfüllung erforderlichen Aufwendungen, insbesondere Transport-, Wege-, Arbeits- und Materialkosten zu tragen hat. Sie müssen dem Verkäufer eine angemessene Frist (ca 14 Tage") zur Nacherfüllung setzen, sonst verlieren Sie Ihre sonstigen Gewährleistungsrechte. Erst nach erfolglosem zweiten Versuch gilt die Nachbesserung als fehlgeschlagen und Sie könnte vom Vertrag zurücktreten. Melden Sie die Mängel unverzüglich schriftlich (Einwurfeinschreiben, Zeugen vom Inhalt/Postaufgabe) mit o.g. Fristsetzung an. Eine Verjährung der Mängelansprüche droht aktuell nicht.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen