Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes als ERST-Beratung gerne wie folgt beantworte:
Habe ich hier irgendeine Möglichkeit, den Kaufpreis im Nachhinein zu mindern (es geht hier um ca. 10.000 €), oder gar das Fahrzeug wieder zurück zu geben?
1. Grundsätzlich haben Sie im Rahmen der Gewährleistung ein Rücktrittsrecht nach §§ 437 ff. BGB, das zur Rückzahlung des Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Rückgabe des PKW´s führen würde, sofern der PKW nicht die vereinbarte Beschaffenheit (hier: Unfallfreiheit) aufweist (sog. Sachmangel).
Sie können daher vom Kaufvertrag zurücktreten gemäß §§ 437 Nr. 2 Alt. 1, 434 BGB (Wandlung gibt es seit der Schuldrechtsrefom 2002 nicht mehr), da ein Mangel liegt vor und eine eigentlich erforderliche Nacherfüllung unmöglich ist: Der Mangel kann nicht behoben werden, weil es unmöglich ist, aus einem Unfallwagen einen Nicht-Unfallwagen sondern nur ein reparierten Wagen zu machen.
Der BGH hat sich in einem vergleichbaren Fall mit Urteil vom 7. 6. 2006, AZ: VIII ZR 209/05, wie folgt geäußert:
Gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1 BGB kann der Käufer einer mangelhaften Sache nach § 326 V BGB von dem Vertrag zurücktreten. Das vom Kl. gekaufte Fahrzeug war mangelhaft, weil es entgegen der vereinbarten Beschaffenheit nicht unfallfrei war (§ 434 I BGB). Der Rücktritt nach §§ 437 Nr. 2, 326 V BGB setzt weiter voraus, dass der Verkäufer nach § 275 I bis III BGB nicht zu leisten braucht. Auch diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Bei einem Sachmangel hat der Käufer zwar einen vorrangigen Anspruch auf Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels oder Lieferung einer mangelfreien Sache (Ersatzlieferung) nach §§ 437 Nr. 1, 439 I BGB. Ein solcher Nacherfüllungsanspruch des Kl. ist jedoch gem. § 275 I BGB ausgeschlossen, weil dem Bekl. beide Arten der Nacherfüllung unmöglich sind. Eine Nacherfüllung durch Beseitigung des Mangels (§ 439 I, Alt. 1 BGB) kommt nicht in Betracht, weil sich der Charakter des Fahrzeugs als Unfallwagen nicht durch Nachbesserung korrigieren lässt (vgl. auch BT-Dr 14/6040, S. 209; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rdnr. 1425). Auch die andere Art der Nacherfüllung, die Ersatzlieferung (§ 439 I Alt. 2 BGB), ist nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen des BerGer. bei dem hier vorliegenden Gebrauchtwagenkauf unmöglich.
Der Rücktritt muss gegenüber dem Vertragspartner erklärt werden. Danach sind gegenseitigen Leistungen zurück zu gewähren.
2. Wenn Unfallfreiheit zugesichert worden ist und wenn das Fahrzeug entgegen dieser Zusicherung einen Unfall hatte, hat der Verkäufer Sie getäuscht. Damit haben Sie gemäß § 123 BGB zudem das Recht, den Kaufvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten.
Die Anfechtung ist dem Verkäufer gegenüber schriftlich zu erklären, am besten mit Einschreiben und Rückschein.
Die Anfechtung bewirkt, dass Sie so zu stellen sind, als wäre der Kaufvertrag nie geschlossen worden. D. h., Sie geben das Fahrzeug zurück und der Verkäufer hat den Kaufpreis zu erstatten.
Kommt eine außergerichtliche Einigung nicht zustande, können Sie Ihre Rechte auch im Klageweg geltend machen.
Ich hoffe, meine Antwort hat Ihnen als rechtliche Orientierung im Rahmen der Erstberatung weitergeholfen.
Bitte beachten Sie, dass meine Ausführungen nur eine erste rechtliche Einschätzung auf der Grundlage Ihrer Angaben darstellen können. Der Umfang meiner Beratung ist dabei durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG begrenzt. Die Beantwortung Ihrer Frage erfolgt ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung. Die Antwort dient lediglich einer ersten überschlägigen rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben kann möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Natürlich können Sie mich in dieser weitergehenden Angelegenheit auch beauftragen. Ich bin gerne bereit, Ihre Interessen im Rahmen eines ordentlichen Mandatsverhältnisses zu vertreten. Dank Email, Fax und Telefon stellt auch die Vertretung über größere Entfernung kein Problem dar. Bitte kontaktieren Sie mich dazu über die unten genannte Rufnummer bzw. E-Mail-Adresse.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias F. Schell
Rechtsanwalt